Einführung in die Klimafinanzierung

Der Begriff „Klimafinanzierung“ bezeichnet im engeren Sinne die finanzielle Unterstützung der Industrieländer für die Entwicklungsländer bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen und bei der Anpassung an die klimatischen Veränderungen infolge der globalen Erwärmung. Die Klimafinanzierung leitet sich aus der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) von 1992 ab, in der sich die Industrieländer dazu verpflichtet haben, die Entwicklungsländer mit neuen und zusätzlichen finanziellen Mittel im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen. Diese völkerrechtliche Verpflichtung wird auch im Pariser Abkommen von 2015 bestätigt. Sie lässt sich als Teil einer gerechten Lastenverteilung im globalen Klimaschutz ansehen und begründet sich damit aus der unterschiedlichen Verantwortung für das Verursachen des Klimawandels und der (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit der Länder, zu seiner größtmöglichen Begrenzung und an die Anpassung an die unvermeidlichen Folgen beizutragen.

Im weiteren Sinne umfasst der Begriff häufig ganz generell sämtliche öffentliche und private Finanzflüsse, die der Minderung oder Vermeidung von Treibhausgasen, dem Umbau der Energiesysteme, der klimafreundlichen Entwicklung, der Anpassung an die klimatischen Veränderungen und neuerdings auch der Bewältigung unvermeidlicher Schäden und Verluste infolge des Klimawandels dienen, d.h. neben der finanziellen Unterstützung für die Entwicklungsländer auch den Einsatz öffentlicher Mittel im eigenen Land sowie private (oder öffentlich-private) Investitionen.

Das 100-Milliarden-Versprechen der Industrieländer

Erst 2009 wurde die allgemeine Verpflichtung der UNFCCC weiter konkretisiert. Auf dem ansonsten weitgehend gescheiterten UN-Klimagipfel in Kopenhagen versprachen die Industrieländer, im Zeitraum von 2010 bis 2012 insgesamt 30 Mrd. US-Dollar als Fast-Start-Finanzierung (FSF) an neuen und zusätzlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte als deutschen Beitrag zu dieser Summe insgesamt 1,26 Mrd. Euro zu.

Ebenfalls in Kopenhagen versprachen die Industrieländer, die Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr anzuheben und dafür Mittel aus öffentlichen, privaten und alternativen Quellen zu mobilisieren. Die Frage, wie dieses Versprechen erfüllt werden sollte, wurde damals nicht beantwortet und war jahrelang Streitpunkt bei den UN-Verhandlungen um ein neues Klimaschutzabkommen. Es wird wegen der Zyklen bei den Berichtspflichten noch bis 2022 dauern, bis klar ist., ob das Versprechen eingelöst wurde.

Die Geberländer verwenden eine recht großzügige Auslegung des Versprechens, nach dem nicht nur öffentliche Gelder der Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch öffentliche Darlehen, Beteiligungen und teilweise sogar Exportkreditgarantien, angeführt werden. Schließlich rechnen die Geberländer auch von ihnen mobilisierte private Investitionen auf das Ziel an.

2016 legten die Industrieländer einen Fahrplan vor, wie sie ihr Versprechen bis 2020 erfüllen wollen. Dazu ist es aber nicht gekommen – 2020 lag das erreichte Niveau der Klimafinanzierung bei nur rund 83 Mrd. US-Dollar. In einem 2021 veröffentlichten Fahrplan ist nun 2023 als Zieljahr für die 100 Milliarden anvisiert.

Kritik am Stand zum 100-Milliarden-Versprechen gibt es sowohl hinsichtlich der Methodik, mit der die Industrieländer die zur Verfügung gestellten bzw. mobilisierten Mittel großzügig anrechnen und ihre Zahlen schönen (mehr dazu hier), als auch an der Tatsache, dass nur ein relativ geringer Anteil der Gelder für die Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung stand.

Klimafinanzierung unter dem Pariser Abkommen

Auch unter dem Pariser Klimaschutzabkommen bleibt die Klimafinanzierung einer der Schlüssel zur Erreichung der Ziele der internationalen Staatengemeinschaft, die globale Erwärmung auf unter 1,5°C zu begrenzen und insbesondere die ärmsten und vom Klimawandel am stärksten bedrohten Länder bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Artikel 2 des Abkommens verpflichtet alle Staaten zudem dazu, weltweit die Finanzströme in Einklang zu bringen mit einer klimafreundlichen und klimawandelresistenten Entwicklung.

Die schon in der UN-Klimarahmenkonvention verankerte völkerrechtliche Verpflichtung der reichen Staaten, die armen Länder finanziell zu unterstützen, wird im Artikel 9 des Pariser Abkommens fortgeschrieben. Neu ist, dass auch alle übrigen Länder eingeladen sind, freiwillig zur Unterstützung ärmerer Länder beizutragen. In Paris wurde außerdem beschlossen, das für 2020 zugesagte Niveau von jährlich 100 Milliarden US-Dollar bis 2025 zu halten und für die Zeit danach ein neues Finanzierungsziel festzulegen. Das bedeutet, dass die Klimafinanzierung weiter eines der wichtigsten Themen auf den alljährlichen UN-Weltklimakonferenzen bleiben wird.

Kanäle und Instrumente der Klimafinanzierung

Zur Umsetzung der Klimafinanzierung bedienen sich die reichen Länder im Wesentlichen der traditionellen Kanäle und Instrumente der bilaterale und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

Der größte Anteil der Klimafinanzierung (etwas über 31 Mrd. US-Dollar im Jahres 2020) wird dabei in der bilateralen Zusammenarbeit in Form von Zuschüssen oder Darlehen bereitgestellt – oft vermengt mit (oder Teil von) klassischen Projekten und Programmen der Entwicklungszusammenarbeit, in Deutschland vor allem durch die GIZ und die KfW.

Instrumente und Kanäle der Klimafinanzerung aus Deutschland

Schematische Darstellung der Instrumente und Kanäle der Klimafinanzerung aus Deutschland | Quelle: Oxfam

Außerdem stehen den Geberländern eine Reihe von multilateralen (Klima-)Fonds zur Verfügung, darunter insbesondere der Green Climate Fund, der Adaptation Fund, aber auch zahlreiche weitere Spezialfonds. Auch die multilateralen Entwicklungsbanken, zu deren Budgets die Geberländer regelmäßig Beitragszahlungen leisten, finanzieren mittlerweile in großem Umfang Klima-Projekte über eine ganze Reihe von Finanzierungsinstrumenten. Das Niveau der Klimafinanzierung über multilaterale Kanäle lag 2020 bei knapp unter 37 Mrd. US-Dollar.

Einen nicht unerheblichen Teil des 100-Milliarden-Versprechens möchten die Industrieländer über „mobilisierte“ private Investitionen erfüllen. Im Jahr 2020 kamen auf diese Weise 15 Mrd. US-Dollar zusammen. Dabei handelt es sich vor allem um Instrumente, bei denen etwa die KfW oder andere öffentliche Akteure durch Ko-Finanzierungen Anreize für private Investitionen schaffen. Zwar lassen sich private Investitionen wohl kaum als Beitrag zur Erfüllung der völkerrechtlichen Unterstützungsverpflichtung der reichen Länder deklarieren. Für das 100-Milliarden-Versprechen aber haben sich die reichen Länder die Anrechnung mobilisierter privater Mittel gestattet.

Klimafinanzierung aus Deutschland

Auch Deutschland trägt zur Klimafinanzierung bei. Die Mittel dafür werden zum größten Teil über die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bereitgestellt. Einen kleineren (aber wichtigen) Anteil der Klimafinanzierung nimmt die Internationale Klimaschutz-Initiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) ein. Außerdem zahlt Deutschland regelmäßig in multilaterale Klima-Fonds ein, darunter den Green Climate Fund, den Least Developed Countries Fund oder den Adaptation Fund, und trägt auch zu den Budgets der multilateralen Entwicklungsbanken ein, die wiederum Klima-Projekte finanzieren.

In der Kommunikation und auch in der offiziellen Berichterstattung unterscheidet die Bundesregierung zwischen Haushaltsmitteln, die direkt aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden, und mobilisierten öffentlichen Mitteln, die KfW und DEG auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, um damit z.B. Kredite bereitzustellen. Handelt es sich dabei um zinsvergünstigte Entwicklungskredite, lässt sich ein sogenanntes Zuschussäquivalent berechnen, d.h. der finanzielle Vorteil des Kredits gegenüber einem Marktkredit. Dieses Zuschussäquivalent rechnet die Bundesregierung in ihrer Kommunikation zum Thema üblicherweise zu den Haushaltsmitteln.

2015 versprach die Bundeskanzlerin, die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung von den für 2014 geplanten rund 2 Mrd. Euro auf rund 4 Mrd. Euro bis 2020 zu verdoppeln, wobei sich die Bundesregierung einiger Tricks bedient hat, um diese Versprechen auch einzuhalten. Die Zusage wurde bereits 2019 erfüllt. 2021, im Vorfeld der UN-Klimakonferenz COP26, hatte die Bundesregierung auf dem G7-Gipfel verkündet, die Mittel bis 2025 auf mindestens sechs Milliarden Euro anzuheben. Auch hierbei handelt es sich um die Haushaltsmittel (plus Zuschussäquivalente). Die mobilisierten öffentlichen Mittel kommen noch gesondert hinzu. Für 2022 hat nun die Bundesregierung verkündet, das 6-Milliarden-Ziel nun schon drei Jahre früher übererfüllt zu haben. Trotzdem ist mehr als fraglich, ob das Niveau für 2025 gehalten werden kann. Ohnehin wäre ein Niveau von mindestens acht Milliarden Euro im Jahr 2025 angemessener.

Öffentliche Klimafinanzierung aus Deutschland

Abb. 2: Klimafinanzierung 2017-2025

Die grünen Balkenflächen zeigen die Haushaltsmittel, etwa für bilaterale Zuschüsse oder Einzahlungen in multilaterale Fonds. Die orangenen Balkenflächen geben von KfW/DEG auf dem Kapitalmarkt „mobilisierte“ Mittel wieder, aus denen der Großteil der Darlehen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt wird. Für 2023 und 2024 liegen Prognosen nur für die Haushaltsmittel und die Zuschussäquivalente von Entwicklungskrediten vor, nicht aber für die mobilisierten Mittel. Spätestens 2025 sollen die Haushaltsmittel (plus Zuschussäquivalente) für die Klimafinanzierung bei mindestens sechs Milliarden Euro pro Jahr liegen, mobilisierte Mittel sind nicht Teil der Zusage. Das für 2025 versprochene Niveau wurde laut Bundesregierung nun schon 2022 erreicht.

Deutschland ist nach wie vor einer der großen Geber. Die Bundesregierung hat immer wieder bekräftigt, Deutschland werde seinen fairen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung leisten. Zwar gibt es keinen international vereinbarten Verteilungsschlüssel zur Erfüllung des 100-Milliarden-Versprechens, intern ging die Bundesregierung aber vor einigen Jahren noch davon aus, dass der faire deutsche Anteil am 100-Milliarden-Versprechen bei etwa zehn Prozent liegen könnte; öffentlich bekannt hat sich die Bundesregierung dazu aber nicht.

In jedem Fall werden die bereitgestellten Mittel aus Deutschland weiter ansteigen müssen. Wie auch die übrigen Industrieländer beabsichtigt die Bundesregierung, den deutschen Beitrag nicht allein aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten, sondern auch private Investitionen anzurechnen. Diese Pläne sind äußerst problematisch. Sie bedeuten weniger öffentliche Mittel und damit auch weniger Möglichkeiten, zusätzlich private Investitionen zu mobilisieren, damit in letzter Konsequenz weniger Klimaschutz und außerdem weniger direkte Unterstützung für die Anpassung an den Klimawandel.

Umsetzung der Klimafinanzierung

Eine kohärente Strategie zur Unterstützung der armen Länder bei Klimaschutz und Anpassung hat die Bundesregierung bisher nicht vorgelegt. Qualität und Wirkung stehen dabei natürlich im Vordergrund, aber auch die Erfüllung quantitativer Zusagen bleibt wichtig.

Grundvoraussetzung ist Transparenz in der Klimafinanzierung, denn ohne Informationen darüber, was Deutschland finanziert, wer an der Umsetzung beteiligt ist und welche Wirkungen erzielt werden, kann eine kritische Begleitung kaum stattfinden.

Klimafinanzierung soll die armen Länder nachhaltig darin unterstützen, auf einen Entwicklungspfad im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu gelangen und sich an die klimatischen Veränderungen anzupassen. Insbesondere dürfen etwa Mittel im Klimaschutz nicht dazu führen, dass langfristig Emissionspfade festgelegt werden, die zwar insgesamt niedrigere, aber immer noch zu hohe Emissionsniveaus für die kommenden Jahrzehnte festlegen. Investitionen, die etwa eine Energieversorgung auf Basis fossiler Energien direkt oder indirekt unterstützen, anstatt sie zügig durch Systeme auf Basis der erneuerbaren Energien zu ersetzen, stehen im krassen Widerspruch zum Pariser Abkommen. Gleichzeitig sollten die finanzierten Maßnahmen auch zur allgemeinen, nachhaltigen Entwicklung eines Landes sowie zur Bekämpfung der Armut beitragen, die Klimafinanzierung also in Strategien für nachhaltige Entwicklung eingebettet und mir ihnen kohärent sein. Gute Klimafinanzierung orientiert sich außerdem an weiteren Aspekten wie Gender-Sensitivität, die Förderung der Menschenrechte und insbesondere ausreichende Partizipation von lokaler Bevölkerung und Zivilgesellschaft, die eine wichtige Voraussetzung für die Ausrichtung von Klimaprojekten an den Bedürfnissen der Menschen und der langfristigen Verankerung vor Ort ist.

Warum diese Seite?
Diese Website soll dazu beitragen, die finanzielle Unterstützung Deutschlands für die Entwicklungsländer bei Klimaschutz und Anpassung an klimatische Veränderungen transparenter zu machen und kritisch zu bewerten.
Wir geben einen Überblick über zugesagte und geleistete Summen, die verwendeten Instrumente und Kanäle und zeigen auf, nach welchen Kriterien die Wirkung klimarelevanter Projekte beurteilt werden kann.
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