G20/G7 / 100 Milliarden / Deutsche Klimafinanzierung / Zusagen
G7-Gipfel: Deutschland sagt Steigerung der Klimafinanzierung zu
Überraschung zum Schluss: Kurz vor dem Ende des G7-Gipfels hat die Bundesregierung zugesagt, die jährlichen Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Klimafinanzierung von derzeit rund vier Milliarden Euro bis spätestens 2025 auf jährlich sechs Milliarden Euro zu steigern. Zwar wäre eine Verdoppelung auf jährlich acht Milliarden Euro für ein Land wie Deutschland angemessener gewesen, aber die jetzt gemachte Zusage ist ein erfreulicher Schritt nach vorne.
Noch zum Petersberger Klimadialog hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz nicht zu einer Zusage durchringen können. In ihrer Rede an die versammelten Minister:innen hatte die Bundeskanzlerin damals noch befunden, Deutschland leiste schon genug, um ärmere Länder bei Klimaschutz und Anpassung an die klimatischen Veränderungen zu unterstützen. Etwaige Lücken, etwa zur Erreichung des zehn Jahre alten Versprechens der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, müssten andere Länder oder der Privatsektor füllen. Dafür hatte Angela Merkel zu Recht einige Kritik einstecken müssen (z.B. hier und hier).
Der G7-Gipel war Merkels letzte Chance, noch einmal auf internationalem Parkett zur Klimapolitik zu glänzen, bevor in Deutschland der politische Betrieb erst in die Sommerpause wechselt und anschließend auf Wahlkampf schaltet. Da ist es schon bemerkenswert, dass das Bundespresseamt die Zusage fast schon als Nebensache in einer Mitteilung an die für den G7-Gipfel akkreditierten Journalist:innen bekannt gab (nebst eines Tweets des Regierungssprechers Steffen Seibert).
Die Details der Zusage sind noch vage. Die Formulierung, „die deutschen Mittel für den internationalen Klimaschutz von vier auf sechs Milliarden Euro zu erhöhen“ schafft insofern Vertrauen, als dass das Ziel von jährlich sechs Milliarden bis 2025 sich auf die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung (plus Schenkungsäquivalente von Darlehen) beziehen dürfte, denn so verhält es sich beim genannten Ausgangsniveau von den derzeit jährlich rund vier Milliarden Euro. Darlehen und andere Mittel, kämen also (wie bisher) noch hinzu. Anders lässt sich die Zusage, wie sie bisher kommuniziert wurde, eigentlich nicht verstehen. Aber: genauere Details zur Zusage gibt es bisher nicht, und auch in der Vergangenheit gönnte sich die Bundesregierung schon einmal die eine oder andere kreative Buchführung bei gemachten Zusagen.
Weitere Zusagen: Japan, Kanada, Frankreich – und ein Ende der Kohlefinanzierung
Deutschland war nicht das einzige Land mit Zusagen zur Klimafinanzierung. Großbritannien und die USA hatten schon vorher versprochen, ihre Klimafinanzierung verdoppeln. Kanada nutzte den G7-Gipfel für eine entsprechende Verdoppelungszusage. Frankreich will lediglich das erreichte Niveau von großenteils Krediten in Höhe von jährlich rund 6 Milliarden Euro bis 2025 beibehalten. Auch Japan versprach lediglich ein Halten der jährlich 1,3 Trillionen Yen – auch hier handelt es sich im Wesentlichen um Kredite, oft zu Marktkonditionen. Aus Italien war bis Ende des G7-Gipfels nichts zu hören gewesen.
Auch die eigentlichen Beschlüsse des G7-Gipfels haben Bezüge zur Klimafinanzierung. Die G7-Länder wollen gemeinsam bis zu zwei Milliarden US-Dollar an die Climate Investment Funds geben (als Teil der obigen Zusagen), um den Übergang von Kohlekraft zu erneuerbaren Energien in den Entwicklungsländern zu beschleunigen. Zudem wollen die G7-Staaten die öffentliche Unterstützung für neue Kohlekraftwerke bis Ende 2021 beenden. Für fossile Energien allgemein ist lediglich ein Ende der Finanzierung „sobald wie möglich“ anvisiert – wegen der fehlenden Zeitschiene ist dies allerdings eine eher hohle Ankündigung.
Nach dem G7 ist vor der COP26
Und nun? Das 100-Milliarden-Ziel gilt für alle Industrieländer, nicht nur die G7-Staaten. Von den meisten dieser Länder fehlen bisher Zusagen über eine Erhöhung ihrer Beiträge. Ob und wann das Versprechen endlich eingelöst wird, bleibt also weiter ungeklärt. Die nächste politische Gelegenheit für neue Zusagen ist die UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow.
Die Bundesregierung sollte nun die Zeit nutzen, mehr Klarheit darüber herzustellen, wie die gemachte Zusage in den kommenden Jahren erfüllt werden soll – sie muss mit einem Wachstum der Etats der zur Klimafinanzierung beitragenden Ministerien einhergehen und hier insbesondere des Entwicklungsministeriums, um nicht etwa die übrige Entwicklungszusammenarbeit zu kannibalisieren. Auch sollte deutlich mehr Geld über multilaterale Kanäle wie etwa den Adaptation Fund umgesetzt werden.
Leider war versäumt worden, neben der Erhöhung der Haushaltsmittel auf sechs Milliarden Euro jährlich auch gleich zu versichern, dass bis 2025 die Hälfte der gesamten Klimafinanzierung die Anpassung an den Klimawandel unterstützen soll, wie es immer wieder von den besonders verwundbaren Ländern eingefordert wird. Derzeit fließt nur knapp ein Fünftel der Klimafinanzierung aus Deutschland in den Bereich Anpassung. Da sich Kredite für die Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen eher weniger eignen, würde da erfordern, einen entsprechend größeren Anteil der Haushaltsmittel (die vor allem für Zuschüsse eingesetzt werden) für die Anpassung einzusetzen.
Und: auch wenn die neue Zusage der Bundesregierung ein erfreulicher Schritt nach vorne ist, sollte nach der Bundestagswahl die neue Bundesregierung die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung noch einmal erhöhen – bis 2025 auf jährlich acht Milliarden Euro. Das wäre für ein reiches Land wie Deutschland und angesichts der wachsenden Bedrohung, die die Klimakrise in den ärmeren Ländern zunehmend darstellt, angemessener.
Jan Kowalzig, Oxfam