Vor dem Kontext der aktuellen Bemühungen, die Umwelt- und Entwicklungsagenden im Kontext der Sustainable Development Goals (SDG) zusammenzubringen sowie der Diskussion und Initiativen zur Förderung von transformativem Wandel in der Klimafinanzierung, hat die Website www.deutscheklimafinanzierung.de eine Analyse dazu durchgeführt, welchen Beitrag die deutsche Klimafinanzierung zur langfristigem Einhaltung des 2°-Ziels für die globale Klimaerwärmung und zur Armutsbekämpfung in Entwicklungsländernleistet.
Die Analyse hat die in der Datenbank enthaltenen Projekte des BMZ (allgemeine finanzielle und technische Zusammenarbeit und der Initiative Klima und Umwelt – IKLU) und des BMUB (Internationale Klimaschutzinitiative – IKI) für die Jahre 2010-2012 auf folgende Kriterien geprüft:
- Klimaschutz: Das Projekt hat einen Rio-Marker von 2 für Minderung oder einen Rio-Marker von jeweils 1 für Minderung und Anpassung (d.h. Klima wird als Hauptziel des Projekts angegeben)
und in seiner Zielsetzung und/oder Maßnahmen fördert das Projekt:
– die Einführung neuer Klimatechnologien oder soziale / technologische Innovation, und/oder
– die Verbesserung der rechtlichen, politischen, institutionellen oder sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen für Klimaschutz im Energiebereich. - Armutsbekämpfung: Armutsreduzierung ist in den Zielsetzungen des Projekts erwähnt und es werden konkrete Maßnahmen zur Armutsreduzierung durchgeführt
und/oder das Projekt arbeitet mit besonders verletzlichen Gruppen zusammen mit dem Ziel, ihre soziale und wirtschaftliche Lage zu verbessern.
Datenverfügbarkeit
Insgesamt wurden 211 Projekte in die Analyse einbezogen, die von den Ministerien auf den Sektor Emissionsminderung angerechnet werden. Hiervon waren für insgesamt 60 Prozent öffentliche Projektbeschreibungen verfügbar. Hierbei lässt sich wie schon in der vorherigen Analyse bei der IKI eine deutlich höhere Transparenz als beim BMZ feststellen.
Umgekehrt sieht es bei der Verfügbarkeit der Rio-Marker aus. Das BMZ veröffentlicht seit 2011 die Rio-Marker aller Projekte in den Projektlisten, sodass die 19 Prozent der Projekte, für die kein Rio-Marker vorlag, in das Jahr 2010 fallen. Bei der IKI hingegen können die Rio-Marker lediglich anhand der OECD-Dateien nachvollzogen werden, woraus sich Schwierigkeiten bei der Zuordnung ergeben und somit für 10 Prozent der Projekte kein Rio-Marker ermittelt werden konnte.
Der Beitrag der Klimaschutzprojekte zur langfristigen Dekarbonisierung und Armutsbekämpfung
Eine Analyse der Rio-Marker für die Projekte zeigt, dass insgesamt 52 Prozent aller Projekte einen Rio-Marker für Minderung (RM) von 2 haben. Für diese Projekte kann also angenommen werden, dass sie auf eine langfristige klimafreundliche Entwicklung über die Projektdauer hinaus hinarbeiten. Bei der IKI gilt dies bei über 80 Prozent der Projekte, während beim BMZ der Anteil weniger als die Hälfte beträgt. Dafür gibt es beim BMZ deutlich mehr Projekte, die Minderung und Anpassung als gleichberechtigte Ziele haben. Immerhin 21 Prozent der BMZ-Projekte sehen Klimaschutz als Nebenziel und haben damit einen Rio-Marker für Minderung von 1. Damit verfolgen sie nicht explizit das Ziel, mit den Projektaktivitäten zu einer langfristigen Dekarbonisierung beizutragen.
Auch die Analyse der Projekte anhand der öffentlich verfügbaren Projektbeschreibungen verdeutlicht, dass die Projekte der deutschen Klimafinanzierung deutlich stärker auf Emissionsminderung ausgerichtet sind als auf armutsmindernde und nachhaltige Entwicklungspfade (siehe Schaubild 4).
- Klima: Bei der IKI (BMUB) sind 94 Prozent der Projekte explizit darauf ausgerichtet, einen nachhaltigen Beitrag zur langfristigen Dekarbonisierung bzw. die klimafreundliche Entwicklung der Länder auch über die Projektdauer hinaus zu unterstützen. Bei den Projekten der allgemeinen FZ/TZ und IKLU (BMZ) lässt sich dies nur für zwei Drittel (65 Prozent) der Projekte bestätigen.
- Armut: Armutsbekämpfung findet sich bei nur 4 Prozent der IKI-Projekte als eine explizite Zielsetzung neben den klimabezogenen Zielen. Dahingegen ist bei einem Drittel (34 Prozent) der BMZ-Projekte Armutsbekämpfung in Zielen und Maßnahmen verankert oder die Projekte arbeiten mit besonders verletzlichen Bevölkerungsgruppen.
Bei 6 Prozent der Projekte weicht das Ergebnis der Analyse der Projektbeschreibung von der Einstufung bei den Rio-Markern ab. Kritische Bereiche waren bei der Analyse v.a.:
- Projekte, bei denen die technischen Maßnahmen nicht in einen Emissionsminderungskontext gesetzt werden, wie z.B. Energieeffizienzmaßnahmen in energieintensiven Industriesektoren oder der Bau von Übertragungsleitungen ohne Bezug zur Förderung von erneuerbaren Energien,
- Technologien, wie z.B. große Wasserkraft und Geothermie, die mit massiven sozialen Problemen oder technischen Riskien belastet sind und daher nicht gefördert werden sollten,
- Projekte, die zwar einen Rio-Marker für Minderung erhalten haben, aber von den Projektbeschreibungen her Anpassungsprojekte sind, und
- schwache Projektbeschreibungen, aus denen weder bei Ziel noch Maßnahmen ein expliziter Klimafokus erkennbar ist.
Diese Probleme bewegen sich auf sehr unterschiedlichen Ebenen, aber vor allem für die Technologiefragen braucht es eine vertiefte Auseinandersetzung um ihre Rolle in der deutschen Klimafinanzierung.
Klimabezogene Schwerpunktsetzungen in den Projekten
Die Analyse zeigt ein ähnliches Bild zeichnet in den klimabezogenen Schwerpunktsetzungen der Projekte beim BMZ und BMUB:
- 86 Prozent legen den Schwerpunkt auf die Verbesserung der rechtlichen, politischen, institutionellen oder sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen im Energiebereich. Dabei handelt es sich um ein breites Maßnahmenspektrum, u.a. die Verbesserung von Gesetzen und Regularien, Kapazitätsaufbau bei nationalen und/oder lokalen Akteuren, öffentlichkeitswirksame Kampagnen, die Verbesserung von Planungsprozessen, den Aufbau von Monitoringsystemen etc. Bei der IKI lässt sich zusätzlich ein stärkerer Fokus auf aktuelle Prozesse der UNFCCC feststellen, wie u.a. NAMA und Niedrigemissionsstrategien.
- 26 Prozent fördern die Einführung von Klimatechnologien oder technischer Innovation. Hier gibt es allerdings einen Unterschied zwischen den Ministerien. Während bei der IKI damit in der Regel die Förderung von Pilotanlagen, technischer Innovation im Bereich der erneuerbaren Energien oder Energieeffizienz gefördert wird, handelt es sich beim BMZ überwiegend um Projekte der KfW, in denen es um die Errichtung von Großanlagen im Bereich der Solarenergie, Geothermie oder aber um die Verbesserung der Stromnetze geht.
- 16 Prozent haben sowohl Klimaschutz als auch Armutsbekämpfung als einen expliziten Projektschwerpunkt. Diese Projekte verfolgen somit den Ansatz, Armutsbekämpfung und Klimaschutz zu verbinden, entweder indem sie Klimaschutzprojekte armutsorientiert gestalten oder indem Entwicklungsprojekte mit einem starken Klimfokus arbeiten.
Viele Projekte enthalten Elemente von beiden Schwerpunkten, auch wenn sie den Fokus auf eine Komponente legen. 10 Prozent der Projekte fördern gleichberechtigt sowohl technische Innovation als auch die Veränderung der Rahmenbedingungen.
Die Partizipation der Zivilgesellschaft stellt ein zentrales Element für den Aufbau von Koalitionen und die Förderung von Akzeptanz für Veränderungen im Energiebereich in der breiteren Gesellschaft, die nach einem Forschungsprojekt des Wuppertal Instituts zentrale Elemente für die Förderung von transformativen Prozessen sind. Bei der deutschen Klimafinanzierung haben jedoch nur 29 Prozent der Projekte mit einem Klimaschwerpunkt auch gleichzeitig explizit die Partizipation der Zivilgesellschaft in der Projektplanung bzw. -umsetzung verankert. Diese Projekte legen alle den Schwerpunkt auf die Veränderung der Rahmenbedingungen. Mit 30 Prozent beim BMZ und 28 Prozent bei der IKI lässt sich auch kein Unterschied zwischen den Ministerien feststellen.
Schlussfolgerungen
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die deutsche Klimafinanzierung vor allem in den Bereichen den aktuellen Stand der Debatte reflektiert, die dem Profil der bisherigen Förderung der Ministerien entspricht. Eine systematische Verankerung neuer Entwicklungen und Debatten um armutsmindernde und transformative Entwicklungspfade und eine kohärente Ausrichtung darauf lässt sich aber bisher nicht erkennen.
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