Deutsche Klimafinanzierung / Bundeshaushalt / Zusagen

Neue Daten zur Klimafinanzierung 2021 – eine kurze Analyse

Dieser Tage hat die Bundesregierung ihre offiziellen Zahlen zur Klimafinanzierung 2021 vorgestellt. Demnach sind die Gelder im Jahr 2021 gewachsen. Was ist davon zu halten? Wir haben uns die Zahlen genauer angeschaut.

Der Meldung aus dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zufolge summierten sich die Haushaltsmittel (plus Zuschussäquivalente) für die finanzielle Unterstützung bei Klimaschutz und Anpassung an die klimatischen Veränderungen in den ärmeren Ländern im Jahr 2021 auf insgesamt knapp 5,34 Milliarden Euro. Hinzu kommen von der KfW auf dem Kapitalmarkt mobilisierte Mittel vor allem für öffentliche Kredite in Höhe von rund 2,59 Mrd. €. Die öffentliche Klimafinanzierung aus Deutschland ergab damit 7,93 Mrd. € für 2021. (Hinzu kommen noch knapp 170 Mio. € an mobilisierten privaten Investitionen.) Eine genaue Aufschlüsselung der öffentlichen Gelder findet sich in Abb. 1.

Abb 1.: Aufschlüsselung der Klimafinanzierung 2021

Abb. 1: Deutsche Klimafinanzierung 2021

Die Darstellung zeigt die öffentliche Klimafinanzierung des Jahres 2021, aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Verwendungsbereichen. Die grünen oder grünlichen Felder zeigen öffentliche Mittel aus dem Bundeshaushalt. Das orangene Feld zeigt auf dem Kapitalmarkt mobilisierte Mittel v.a. für Kredite von KfW und DEG.

Dass es 2021 zu einem Wachstum (wenig gegenüber 2020, erheblich gegenüber 2019) kam, ist für sich genommen eine positive Botschaft. Damit setzt sich ein Trend der vergagenen Jahre fort, auf dem es sich allerdings nicht ausruhen lässt. Denn: Die erreichten rund 5,34 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln (plus Zuschussäquivalenten) lagen knapp eine Milliarde Euro über den 2021er Planzahlen (4,28 Milliarden Euro). Ähnlich sah es schon 2020 aus (5,09 Milliarden Euro gegenüber 4,12 Milliarden Euro), und auch 2019 lag das erreichte Niveau deutlich über den vorherigen Planzahlen.

Dem nun erreichten Niveau für 2021 stehen die Planzahlen von 2022 und 2023 gegenüber, die jeweils in etwa der ehemaligen Planzahl von 2021 entsprechen – bleibt die Bundesregierung bei diesen Planzahlen (Stand Juli 2022), soll die Klimafinanzierung 2022 und 2023 ein deutlich niedrigeres Niveau einnehmen (vgl. Abb. 2), trotz der deutschen Zusage, die Mittel bis 2025 auf mindestens sechs Milliarden Euro pro Jahr anzuheben – so hatte es Bundeskanzler Olaf Scholz auch beim diesjährigen G7-Gipfel noch einmal bestätigt. Das derzeit nicht vorgesehene Wachstum für 2022 und 2023 dürfte die Vertrauensbasis zu den ärmeren Ländern nicht gerade befördern, sondern eher ein ärgerliches Signal der Bundesregierung kurz vor der kommenden UN-Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Sharm El Sheikh abgeben.

Abb. 2: Klimafinanzierung aus Deutschland 2017-2025

Abb. 2: Klimafinanzierung aus Deutschland 2017-2025

Bleibt die Bundesregierung bei ihren bisherigen Planzahlen (Stand Juli 2022), würden 2022 und 2023 für die Klimafinanzierung weniger Mittel bereitgestellt, als 2021 (entgegen niedrigerer Planzahlen) erreicht wurden. Hier ist dringend Klärung erforderlich. In jedem Falle aber befindet sich die Bundesregierung nicht auf einem Wachstumspfad zur 6-Milliarden-Zusage. Dargestellt sind auch ein für 2025 angemesseres Ziel von acht Milliarden Euro an Haushaltsmitteln für die Klimafinanzierung.

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Die Diskrepanz zwischen den Planzahlen und den realisierten Werten der verganegenen Jahre verwundert etwas. Womöglich sind die Prognosewerkzeuge zur Erstellung der Planzahlen zu konservativ, womöglich die ex-post-Berichtssysteme zu lax angelegt – es ist kein Geheimnis, dass in der Berichterstattung oftmals der Klimabezug der finanzierten Projekte und Programme zu großzügig angerechnet wird. Die augenfällige Überschreitung über die Planzahlen könnte aber auch bedeuten, dass das Wachstum bei den Klima-Hilfen zumindest teilweise auf Kosten anderer entwicklungspolitischer Prioritäten stattgefunden hat. Zwar lassen sich oft verschiedene Ziele miteinander koppeln – wenn beispielsweise der Ausbau der Energieversorgung von vorneherein auf Basis der erneuerbaren Energien stattfindet. Immer aber gelingt das nicht: Sollen zum Beispiel in der Landwirtschaft bestehende Erträge durch Anpassungsmaßnahmen gesichert werden, wird unter Umständen mit dem eingesetzten Geld für die Menschen und ihre Lebensgrundlagen lediglich der Status quo trotz Klimakrise erhalten, ohne dass eine zusätzliche Entwicklungsdividende zustande kommt.

Abb. 3: Thematische Fokussierung 2021

Abb. 3: Klimafinanzierung 2021: Thematische Fokussierung

Die Aussage des BMZ, eine Ausgewogenheit bei der Verteilung der Mittel erreicht zu haben, bezieht sich auf die im linken Diagramm dargestellten Haushaltsmittel (plus Zuschussäquivalente), die nur einen Teilbereich der Klimafinanzierung aus Deutschland ausmachen. Richtig ist: Knapp über 26 Prozent der Klimafinanzierung gehen dezidiert in den Bereich Anpassung, in welchem Umfang der Bereich „Cross-cutting“ auch zur Anpassung beiträgt, ist nicht bemessen.

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Anpassung: Genau hinsehen!

Zurück zu den 2021er Zahlen: Das BMZ führt in seiner Meldung auf, 49% der Haushaltsmittel seien für den Bereich Anpassung vorgesehen gewesen und deswegen eine ausgewogene Verteilung zwischen den beiden Kernbereichen Anpassung und Emissionsminderung erreicht. Dazu muss man wissen, dass sich die Angabe erstens nur auf die 2021er Haushaltsmittel bezieht (d.h. die 5,34 Milliarden Euro), nicht aber auf die gesamte Klimafinanzierung aus Deutschland (d.h. die 7,93 Milliarden Euro) und auch nur unter der Annahme erreicht wird, dass bei den geleisteten Beiträgen, deren thematische Fokussierung mit „Cross-cutting“ (d.h. „übergreifend“) angegeben wurde, die Hälfte der Gelder der Anpassung dienten. Ein genaueres Bild ergibt die Abb. 3. Demnach standen 2021 lediglich rund 26 Prozent der gesamten Klimafinanzierung aus Deutschland speziell für den Bereich Anpassung zur Verfügung. Von einer echten Ausgewogenheit ist die Bundesregierung in der Umsetzung der Klimafinanzierung also noch ein gutes Stück entfernt.

Weniger als die Hälfte über Zuschüsse

Bei den Umsetzungsinstrumenten zeigt sich für 2021 ein gegenüber den Vorjahren leicht verbessertes Bild: Immerhin 47 Prozent der bilateralen Mittel kamen in Form von Zuschüssen bei den Empfängerländern an (2020 und 2019 waren es 43 und 41 Prozent). Ob das eine gewollte oder eher zufällige Veränderung ist, lässt sich nicht sagen. In jedem Fall stellt die Bundesregierung weiter rund die Hälfte ihrer bilateralen Klimafinanzierung in Form von Klima-Krediten und ähnlichen Instrumenten bereit (vgl. Abb. 4).

Abb. 4: Bilaterale Klimafinanzierung nach Instrumenten

Abb. 4: Klimafinanzierung 2021: Bilaterale Instrumente

Dargestellt sind nur die bilateralen Mittel. Beiträge an mutlilaterale Klimafonds und an die multilateralen Entwicklungsbanken leistet Deutschland üblicherweise (wenn auch mit Ausnahmen) in Form von Zuschüssen. Diese Institutionen (insbesondere die Entwicklungsbanken) geben aber oft auch Kredite aus. In der Darstellung auch die multilateralen Beiträge Deutschlands einfach als Zuschüsse zu berücksichtigen, würde also das Bild verzerren.

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Empfängerländer, die vielleicht kaum oder gar nicht zur Klimakrise beigetragen haben, bezahlen also die finanzierten Programme und Projekte letztlich zum erheblichen Teil also selbst, nämlich wenn sie die Kredite zurückzahlen. Das steht eklatant im Widerspruch zu den Prinzipien der Klimagerechtigkeit und erhöht die Schuldenlast für Länder, deren finanzieller Spielraum auch wegen anderer Krisen (z.B. den Folgen der Corona-Pandemie) stark beeinträchtigt ist, eine Situation, die in Zukunft auch die Auswirkungen der Klimakrise weiter verschärfen dürften.

Keine Angaben zu Klimafolgeschäden

In der Berichterstattung finden sich keine Angaben der Bundesregierung zur Unterstützung bei der Bewältigung bzw. für den Ausgleich von unvermeidlichen Verlusten und Schäden infolge der Klimakrise – wenn die Grenzen der Anpassung erreicht sind und Lebensgrundlagen verschwinden oder nach extremen Unwettern der Wiederaufbau finanziert werden muss. Solche Unterstützung gibt es, etwa über die (in der Regel völlig unzureichende) Humanitäre Hilfe nach schweren Katastrophen oder in Beiträgen zum Aufbau und Betrieb von Klimaversicherungen (die allerdings eine Reihe von Gerechtigkeitsproblemen mit sich bringen können und ohnehin nur einen Teil künftiger Klimafolgeschäden abdecken können). Gesondert erfasst wird diese Unterstützung in der Berichterstattung nicht.

Wie geht es nun weiter?

Aus den jetzt veröffentlichten Zahlen und ihrem weiteren Kontext lassen sich einige Schlussfolgerungen ableiten, wie die Bundesregierung nun echte Fortschritte realisieren könnte:

Die Bundesregierung darf sich nicht auf den gerade veröffentlichten Zahlen ausruhen, sondern sollte, wenn schon nicht 2022, wenigstens 2023 und 2024 die jährlichen Mittel für die Klimafinanzierung spürbar anheben, um sich der eigenen Zusage eines Wachstums auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro bis 2025 anzunähern.

Darüber hinaus sollte sie die Zusage selbst aufstocken – auf jährlich mindestens acht Milliarden Euro an Haushaltsmitteln für die Klimafinanzierung. Das wäre angesichts der zunehmenden Belastungen durch die Klimakrise in den ärmeren Ländern und auch hinsichtlich der Wirtschaftskraft Deutschlands ein angemesseneres Ziel.

Die Bundesregierung sollte unbedingt den Anteil der Mittel für die Anpassung an die klimatischen Veränderungen erhöhen. Echte Ausgewogenheit (die international immerhin als Prinzip vereinbart ist) ist erst mit einer hälftigen Aufteilung der gesamten Mittel (d.h. nicht nur der Haushaltsmittel) zwischen Emissionsminderung und Anpassung erreicht, von der die Bundesregierung noch weit entfernt ist.

Künftige Steigerungen der Klimafinanzierung aus Deutschland sollten sich vor allem auf die Bereitstellung von Zuschüssen konzentrieren, um die Schuldenlast in den ärmeren Ländern nicht weiter zu verschärfen. Das erfordert entsprechend mehr Haushaltsmittel in den kommenden Jahren und weniger Verlass auf Marktmittel der KfW.

Die Bundesregierung sollte dem Beispiel Dänemark folgen und eine substanzielle Zusage zur finanziellen Unterstützung für die Bewältigung von unvermeidlichen Klimafolgeschäden (Loss and Damage) leisten. Auch wenn der Weg zu einer internationalen Vereinbarung über die Einrichtung geeigneter Mechanismen oder Fonds für dieses Feld noch vor uns liegt, wäre eine deutsche Zusage ein wichtiges Signal – an die vulnerablen Länder wie auch andere Industrieländer.

Jan Kowalzig, Oxfam

Die den Betrachtungen zugrundeliegenden Daten finden sich in der regelmäßigen Berichterstattung der Bundesregierung nach Brüssel – zuletzt für das Jahr 2021, eingereicht am 30. September 2022. Die Daten sind hier öffentlich zugänglich.