Internationale Klimafinanzierung / Private Klimafinanzierung

Reform der internationalen Finanzarchitektur und Klimafinanzierung: Was bringt das Jahr 2024?

Die aktuellen Reformprozesse für die internationale Finanzarchitektur können wichtige Bausteine für die Klimafinanzierung liefern. Photo: Arek Socha from Pixabay

Noch vor Ende des Jahres soll ein neues Ziel für die internationale Klimafinanzierung vereinbart werden. Wenn es den Herausforderungen des Klimawandels gerecht werden soll, muss es deutlich über dem bisherigen 100-Milliarden-Ziel liegen. Auf dem Politikkalender für 2024 stehen mehrere relevante Prozesse, die sich damit befassen, wie mehr Mittel mobilisiert und effektivere Institutionen für die Klimafinanzierung geschaffen werden können. Besondere Relevanz dürften 2024 der G20-Prozess, die fortlaufenden Prozesse zur Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, sowie der Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen im September haben.

G20 in Brasilien

Der G20-Prozess steht 2024 unter brasilianischem Vorsitz. Der eigentliche Gipfel der Staats- und Regierungschef:innen findet erst am 18. und 19. November in Rio de Janeiro statt, doch arbeiten das ganze Jahr über hochrangige Fachgruppen und Treffen der Fachminister:innen an zentralen Fragen der internationalen Politik. Klimafinanzierung wird groß auf der Agenda stehen. Bereits Ende Februar, vor dem offiziellen Treffen der G20-Finanzminister:innen, soll es eine erste Abstimmung der Mitgliedstaaten dazu geben.

Der so genannte „Finance Track“ ist traditionell der wichtigste Arbeitsbereich der G20. Die brasilianische Präsidentschaft hat ihn in drei Arbeitsstränge aufgeteilt. Klimafinanzierung im engeren Sinne gehört zum ersten Strang zur ökologischen Transformation (ecologic transition). Beim zweiten Strang zur Reform der internationalen Finanzarchitektur geht es darum, Institutionen wie die Weltbank oder den Internationalen Währungsfonds (IWF) besser für die Herausforderungen des Klimawandels aufzustellen. Auch der dritte Strang zur Staatschuldenproblematik wird die Klimathematik aufnehmen. Hier sollen vor allem debt-to-climate swaps vorangetrieben werden, also Schuldenumwandlungen, bei denen Ländern des globalen Südens Auslandsschulden erlassen werden, damit sie frei gewordene Mittel für klimarelevante Aufgaben einsetzen können.

Die G20 können als exklusiver Club von nur 19 Staaten, sowie der Europäischen und dieses Jahr erstmals auch der Afrikanischen Union, keine Entscheidungen von globaler Reichweite treffen. Da es sich dabei um die bedeutendsten Wirtschaftsmächte handelt, sind die Ergebnisse der G20-Gipfel jedoch wichtige Weichenstellungen für viele globale Prozesse.

IWF und Weltbank

Der IWF und die Weltbank übernehmen zunehmend bedeutendere Rollen in der Klimafinanzierung. Die Weltbank ist bereits jetzt der bedeutendste Einzelfinanzier in diesem Bereich, mit einem Volumen von offiziell 31,7 Milliarden US-Dollar in 2022. Im Herbst 2023 wurden zwei zentrale Beschlüsse gefällt, die ihre Rolle noch stärken sollten und die 2024 schrittweise umgesetzt werden. Auf der Weltbank-Jahrestagung in Marrakesch wurde das Mandat der Weltbank auf drei Säulen erweitert. Ging es zuvor lediglich um Armutsbekämpfung (Ending Poverty) und die Reduktion von Ungleichheit (Shared Prosperity), wurde nun unter dem Label „Ending Poverty on a Livable Planet“ ein explizites Mandat zur Sicherung der globalen öffentlichen Güter hinzugefügt, und damit ist primär der Kampf gegen den Klimawandel gemeint.  Die Bundesregierung war und ist eine der treibenden Kräfte hinter dieser Reform. Deutschland hat auch als erstes Land Gelder für das neue Hybridkapitalinstrument der Weltbank zugesagt, das die neue Agenda finanzieren soll.

Darüber hinaus ist die Weltbank auf dem letzten UN-Klimagipfel COP28 in Dubai auch – zumindest vorübergehend – als Hostorganisation für den neuen Fonds für Schäden und Verluste (Loss-and-Damage Funds) bestimmt worden. Dies hat zu Missfallen vieler NGOs und Aktivist:innen geführt, für die die Weltbank entweder als Klimasünder gilt, wegen ihrer Finanzierung fossiler Rohstoffe, und/oder als undemokratisch, wegen der Dominanz reicher Länder in ihren Entscheidungsgremien. Der neue Fonds muss 2024 operationalisiert werden, um funktionsfähig zu werden. Wichtiger noch, er muss gefüllt werden. Bislang ist er nicht viel mehr als eine leere Hülle, denn der Klimagipfel konnte sich jenseits von „freiwilligen Beiträgen“ nicht auf einen Finanzierungsmechanismus einigen. Die freiwilligen Beiträge von bislang 792 Millionen US-Dollar decken nur einen Bruchteil des Bedarfs. Deutschland hat in Dubai 100 Millionen US-Dollar zugesagt.

Der IWF ist erst seit Dezember 2022 in der Klimafinanzierung aktiv, mittels seiner neuen Resilience and Sustainability Facility (RSF). Bis dato wurden über 40 Milliarden US-Dollar für den Trust zugesagt, der die RSF finanziert, der größte Beitragszahler ist China. Das Kreditvolumen ist bislang noch bescheiden. Zwar wurden bis Januar 2024 Abkommen mit 16 Ländern im Gesamtvolumen von über 5 Milliarden Sonderziehungsrechten geschlossen, aber erst knapp über1 Milliarde ausgezahlt. Auch der Einstieg des IWF in die Klimafinanzierung war nicht unumstritten. Einerseits hat der IWF in dem Bereich bisher wenig Kompetenz aufgebaut, anderseits finanziert er ausschließlich über Kredite, weshalb die Empfänger zwangsläufig tiefer in die Verschuldung getrieben werden. Der IWF selbst will sein Engagement überprüfen, in 2024 steht die erste offizielle Evaluation der RST an.

Meilensteine auf dem Kalender von IWF und Weltbank sind traditionell die gemeinsame Frühjahrstagung im April, sowie die Jahrestagung im Oktober. Da allerdings die grundlegenden politischen Beschlüsse bereits gefasst sind, werden sich die jeweiligen Vorstände (Executive Boards) über das gesamte Jahr hinweg mit ihrer Umsetzung befassen.

UN-Zukunftsgipfel und vierte Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung

Auf UN-Ebene werden auch 2024 die bedeutendsten Verhandlungen zur Klimafinanzierung in den verschiedenen Formaten der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) stattfinden. Mindestens zwei weitere Prozesse sind jedoch relevant. Im September findet in New York der Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen statt. Das ambitionierte Ziel ist, das UN-System grundlegend zu reformieren, um es fast 80 Jahre nach Gründung der Vereinten Nationen fit für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu machen. Davon ist der Klimawandel offensichtlich eine zentrale. Auf der Agenda stehen explizit sowohl Entwicklungsfinanzierung als auch die Reform der internationalen Finanzarchitektur. Der erste Verhandlungsentwurf des geplanten Zukunftspaktes wurde schon Ende Januar veröffentlicht.

Darüber hinaus beginnt 2024 der Vorbereitungsprozess für die Vierte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4). Seit der FfD3 Konferenz in Addis Abeba in 2015 gilt die Klimafinanzierung als eine der Säulen des Prozesses. Die eigentliche FfD4-Konferenz wird erst 2025 in Spanien stattfinden, doch bereits dieses Jahr werden die grundlegenden Weichen gestellt. Hierzu finden drei über das Jahr verteilten Verhandlungssitzungen im Vollformat der Vereinten Nationen statt, von denen nach vorläufiger Planung die erste im Juni in Addis Abeba stattfinden soll, die zweite im September im UN-Hauptquartier in New York und die dritte im Dezember in Mexiko.

Die Relevanz dieser parallel zur UNFCCC laufenden UN-Prozesse sollte nicht unterschätzt werden. Denn die Erfahrungen mit dem nie erreichten 100-Milliarden-Ziel, und jüngst mit dem als nahezu leere Hülle errichteten Loss-and-Damage Fund, haben gezeigt: Während die UNFCCC gut darin ist, Finanzierungsziele festzulegen, und das auch 2024 mit dem New Collective Quantified Goal wieder tun will, ist sie bei der Sicherung der entsprechenden Finanzierungswege eklatant gescheitert. Wenn die Mobilisierung der notwendigen Mittel gesichert werden soll, muss die Klimabewegung also auch an den anderen Schaltstellen internationaler Politik aktiv werden.

Gastbeitrag von Bodo Ellmers, Global Policy Forum, und Ute Straub, Brot für die Welt