Bundeshaushalt / 100 Milliarden / Zusagen

Klimafinanzierung im Bundeshaushalt 2025: 6-Milliarden-Ziel außer Reichweite?

Mit der Aufstellung des Bundeshaushalts 2025 wird sich zeigen, ob die Bundesregierung Wort hält, die Haushaltsmittel für die Unterstützung einkommensschwacher Länder bei Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel bis spätestens 2025 auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro anzuheben. Derzeit sieht es nicht danach aus.

Kaum ist der Bundeshaushalt 2024 verabschiedet, inklusive scharf kritisierter Kürzungen bei der weltweiten Armutsbekämpfung, geht es nun an die Aufstellung des Bundeshaushalts für das Jahr 2025. Es drohen weitere Kürzungen für die Entwicklungszusammenarbeit und damit auch für die Klimafinanzierung, d.h. für die Unterstützung der klimafreundlichen Entwicklung im Globalen Süden und der Anpassung an die klimatischen Veränderungen insbesondere in den stark gefährdeten Ländern. Denn: Die Klimafinanzierung wird im Wesentlichen über die Budgets der Entwicklungszusammenarbeit bestritten.

Finanziert werden damit Projekte wie der Ausbau dezentraler, erneuerbarer Energieversorgung, die Sicherung der Ernten etwa durch neue Anbaumethoden, dürreresiliente Wasserversorgung oder der Schutz vor Unwetterkatastrophen – um den Menschen die Lebensgrundlagen trotz der sich verschlimmernden Klimakrise zu erhalten.

Abb. 1: Klimafinanzierung 20198-2025: Wird 2025 Wort gehalten?
Abb.1: Prognose Klimafinanzierung 2023 und 2024

Dargestellt sind, der Praxis der Bundesregierung folgend, die jeweils bereitgestellten Haushaltsmittel und die Zuschussäquivalente für zinsvergünstigte Kredite. Nicht dargestellt sind die Kredite selbst bzw. die auf dem Kapitalmarkt mobilisierten Mittel, die dann zur Bereitstellung öffentlicher Kredite genutzt werden. Bis 2022 sind die erreichten Summen gezeigt, für 2023 und 2024 die Prognose der Bundesregierung und für 2025 die Zusage der Bundesregierung und das aus Oxfam-Sicht angemessenere Ziel von mindstens acht Milliarden Euro im Jahr 2025.

Immerhin: Für 2022 hatte die Bundesregierung rund 6,4 Mrd. Euro an Haushaltsmitteln (und Schenkungsäquivalenten von Darlehen) für die Klimafinanzierung gemeldet. Die deutsche Zusage, bis spätestens 2025 ein Niveau von jährlich mindestens sechs Milliarden Euro zu erreichen, wäre damit schon 2022 erfüllt worden. Für 2024 hatte die Bundesregierung allerdings zuletzt rund 5,3 Mrd. Euro an Mitteln für die Klimafinanzierung prognostiziert, also deutlich weniger als das 2022 erreichte Niveau, das zumindest in Teilen auch wegen günstiger Einmaleffekte zustande kam. Bisher hieß es dazu: Das 6-Milliarden-Ziel sei dennoch nicht in Gefahr, vielmehr die eigene Prognose zu konservativ. Weil die Erstellung der Prognose nicht transparent dokumentiert ist, lässt sich das schwer beurteilen. Aber: Die entsprechenden Ansätze der relevanten Titel im BMZ-Etat liegen 2024 vielfach unter denen der Vorjahre (z.B. gegenüber 2022 oder 2023). Würde man eine Prognose erstellen, die strikt die Veränderungen bei den Ansätzen der Haushaltstitel extrapoliert, lägen 2024 die Mittel für die Klimafinanzierung mit rund 4,9 Mrd. Euro deutlich unter der offiziellen Regierungsprognose (vgl. Tabelle 1 hier).

Kürzungen 2025: Auch Klimafinanzierung auf der Streichliste?

Und es droht weiteres Ungemach: Für 2025 und danach möchte die Bundesregierung bei der Entwicklungszusammenarbeit weitere Kürzungen in Milliardenhöhe vornehmen. So sieht es die mittelfristige Finanzplanung des Bundes für die kommenden Jahre vor – auf Betreiben von Bundesfinanzminister Christian Lindner, aber mit Zustimmung der übrigen Kabinettsmitglieder. Darüber hinaus besteht für den Gesamthaushalt 2025 offenbar schon jetzt eine zusätzliche Finanzierungslücke von bis zu 30 Milliarden Euro.

Das könnte zu weiteren Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit führen, und davon wäre dann sehr wahrscheinlich auch die Klimafinanzierung betroffen. Die Lage ist insofern ernster als 2024, als dass für 2024 trotz der Kürzungen die Verpflichtungsermächtigungen in den für die Klimafinanzierung relevanten Titeln im Einzelplan 23, dem Etat des Entwicklungsministeriums, verschont geblieben waren. Für die bilaterale Klimafinanzierung sind diese Verpflichtungsermächtigungen besonders relevant, weil über sie die üblicherweise mehrjährigen bilateralen Maßnahmenzusagen (d.h. die konkreten Klimaprojekte in den Empfängerländern) gedeckt sind. Für 2025 drohen nun aber auch Kürzungen bei ebenjenen Verpflichtungsermächtigungen, um die längerfristig geplanten Kürzungen umzusetzen. Damit geht es nun auch für die Klimafinanzierung an die Substanz.

6-Milliarden Ziel in Gefahr: Vertrauensbruch vor COP29?

Die mögliche Höhe der von der Bundesregierung betriebenen Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums und die daraus resultierenden Schäden für die Klimafinanzierung sind noch nicht absehbar. Dass die Bundesregierung ihr 6-Milliarden-Versprechen halten kann, zumal wenn der BMZ-Etat weitere Kürzungen zur Bewältigung der oben beschriebenen Finanzierungslücke verordnet bekommt, ist allerdings gegenwärtig schwer vorstellbar.

Es wäre ein Vertrauensbruch erster Güte, wenn die Bundesregierung zur kommenden UN-Weltklimakonferenz COP29 Ende des Jahres eingestehen müsste, dass sie mit der dann anstehenden Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 ihr 6-Milliarden-Versprechen nicht halten wird. Das brächte die im Pariser Abkommen mühsam errichtete Vertrauensbasis zwischen den reicheren und ärmeren Ländern gehörig ins Wanken. Dabei soll die diesjährige Klimakonferenz ein neues Globalziel für die künftige Klimafinanzierung nach 2025 beschließen – und zu diesem Ziel sollen nach Vorstellungen der Bundesregierung nicht mehr nur die üblichen Geberländer beitragen. Diesem Wunsch dürfte ein Eingeständnis, dass Deutschland seinen bisherigen Verpflichtungen und Zusagen nicht nachkommt, nicht gerade zuträglich sein.

Jenseits der Glaubwürdigkeitsfrage hätte das Verfehlen des Ziels auch ganz konkrete Konsequenzen: Erhebliche Mittel würden nicht bereitgestellt, um die stark gefährdeten, einkommensschwachen Länder darin zu unterstützen, die Lebensgrundlagen ihrer Bevölkerung gegen den Klimawandel abzusichern und die klimafreundliche Entwicklung zu fördern – zur Bewältigung der Klimakrise, zu der diese Länder in der Regel kaum beigetragen haben.

Kürzungen zurücknehmen, Zusagen einhalten

Für Glaubwürdigkeit und Vertrauen und angesichts der Bedarfe in den einkommensschwachen Ländern ist es unabdingbar, dass die deutsche Zusage erfüllt wird. Und zwar ohne Rechentricks. Das muss hier betont werden, weil die Bundesregierung sich schon einmal solch eines Rechentricks bedient hatte, um das damals noch geltende 4-Milliarden-Ziel für 2020 formal zu erreichen. Vielmehr braucht es statt der drohenden Kürzungen eine Aufstockung, insbesondere der Verpflichtungsermächtigungen, der für die Klimafinanzierung relevanten Titel. Dazu gehören insbesondere im BMZ-Etat die allgemeinen Titel der bilateralen Zusammenarbeit im BMZ-Etat, aber auch der Titel für Beiträge an multilaterale Klimafonds und im Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) der Titel für die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI).

Das Geld dafür ließe sich beschaffen. Die Schuldenbremse, wesentlicher Treiber der Kürzungen, steht ohnehin stark in der Kritik, denn sie verhindert wichtige Investitionen in Deutschlands (wirtschaftliche) Zukunft. Längerfristig wäre die Bundesregierung zudem gut beraten, die Einnahmebasis für den Bundeshaushalt fair weiterzuentwickeln – indem sie etwa die Reichen und Superreichen (die wegen ihres extremen Konsums für erhebliche Emissionen verantwortlich sind) über Vermögenssteuern und andere geeignete Instrumente stärker in die Pflicht nimmt, mehr zum Gemeinwohl beizutragen.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz ist in der Pflicht

Wie auch immer: Dass Deutschland seine 6-Milliarden-Zusage einhält, ist schon unter dem Gesichtspunkt der Klimagerechtigkeit geboten – Deutschland ist einer der Hauptverursacher der Klimakrise und hat nicht zuletzt darauf auch seine im globalen Maßstab beeindruckende Wirtschaftskraft aufgebaut. Darüber hinaus braucht es womöglich mehr Aufklärung insbesondere für Bundesfinanzminister Christian Lindner, welch wichtige Zukunftsinvestition die Klimafinanzierung nicht nur für die klimasichere Entwicklung einkommensschwacher Länder, sondern in einer globalisierten Welt letztlich auch für Deutschland und seine wirtschaftliche Entwicklung ist. Gefragt ist hier jetzt das Engagement gegen die Kürzungspläne des Finanzministers insbesondere von Entwicklungsministerin Svenja Schulze, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock. Und Bundeskanzler Olaf Scholz. Denn: Er war es, der das 6-Milliarden-Versprechen, ursprünglich von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel gegeben, auf dem G7-Gipfel in Elmau 2022 kurz nach Übernahme der Amtsgeschäfte noch einmal erneuert hatte. Jemand soll ihn bitte einmal daran erinnern.

Jan Kowalzig, Oxfam