Deutsche Klimafinanzierung / Umsetzung der Klimafinanzierung

Direkter Zugang zu deutscher Klimafinanzierung: Pionierarbeit ausbauen

Bildnachweis: Andrii Yalanskyi

Das Konzept von direktem Zugang zu internationaler Klimafinanzierung hat in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung gewonnen. Auf den Weltklimakonferenzen fordern immer mehr Länder des Globalen Südens einen verbesserten und vereinfachten direkten Zugang zu Klimafinanzierungsgeldern. Auch das darauf aufbauende Konzept von erweitertem direktem Zugang findet immer mehr Beachtung. Die Länder des Globalen Südens setzen sich vermehrt für einen signifikanten Anstieg von solchen Geldern ein. Internationalen Klimafonds wie der Anpassungsfonds (AF) und der Grüne Klimafonds (GCF) haben hierzu bereits Pionierarbeit geleistet. Neben der Pionierarbeit der multilateralen Klimafonds gibt es auch in der bilateralen Klimafinanzierung erste kleinere Initiativen, welche Ansätze des Konzepts von direktem und erweitertem direktem Zugang aufgreifen. Dieser Blog beleuchtet solch eine Initiative im Rahmen der deutschen bilateralen Klimafinanzierung und formuliert Empfehlungen dafür, wie die deutsche Bundesregierung das Konzept von direktem und erweitertem direktem Zugang zu Klimafinanzierung zukünftig stärken kann.

Direkter Zugang (direct acess) zu Klimafinanzierung
Länder des Globalen Südens haben über ihre nationalen Institutionen eigenständigen Zugang zu Klimafinanzierung und setzten Projekte selbst um. Die Klimafinanzierungsgelder fließen nicht, wie sonst üblich, über regionale oder multilaterale Entwicklungsorganisationen in die Länder. Der AF war einer der ersten Akteure in der internationalen Klimafinanzierungslandschaft, der das Konzept von „direct access“ aufgegriffen und umgesetzt hat und sogar etwa die Hälfte seiner Gelder dafür reserviert. Auch der GCF bietet die Möglichkeit für direkten Zugang zu seinen Ressourcen. Direkter Zugang zu Klimafinanzierung hat mehrere Vorteile: Nationale Institutionen in Ländern des Globalen Südens werden gestärkt und bekommen mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Zudem bleiben nicht so viele Gelder für Verwaltungskosten in den multilateralen Institutionen hängen, sondern gehen ohne Umwege direkt in die Länder.
Erweiterter direkter Zugang (enhanced direct access) zu Klimafinanzierung
„Enhanced direct access“ bedeutet, dass Klimafonds (wie z.B. der AF oder GCF) Finanzmittel auf der Grundlage eines vereinbarten programmatischen Ansatzes direkt an nationale Institutionen aus Ländern des Globalen Südens zur Verfügung stellen. Die Entscheidungskompetenz über z.B. die Finanzierung einzelner Teilprojekte liegt bei „enhanced direct access“ bei den entsprechenden nationalen Institutionen. Erweiterter Direktzugang zu Klimafinanzierung bietet somit die Möglichkeit, dass nationale Institutionen in Ländern des Globalen Südens zuschussbasierte Programme für Kleinprojekte aufsetzen. Auf diese Weise können internationale Klimafinanzierungsgelder auf lokale Ebene an kleinere subnationale zivilgesellschaftliche und öffentliche Institutionen kanalisiert werden, damit diese eigene Klimaprojekte umsetzen. Eines der ersten Beispielprojekte für „enhanced direct access“ ist die vom AF finanzierte Small Grants Facility in Südafrika.

Direkter und erweiterter direkter Zugang zu Geldern der bilateralen deutschen Klimafinanzierung

Der Löwenanteil der deutschen Klimafinanzierung macht die bilaterale Zusammenarbeit aus und kommt aus dem Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Projekte werden im Wesentlichen über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) implementiert. Diese Klimafinanzierungsgelder fließen also nicht „direkt“ in die entsprechenden Partnerländer, sondern über die GIZ und die KfW.

Daneben ist die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI), welche im Fokus dieses Blogbeitrags steht, ein weiterer wichtiger Akteur der deutschen bilateralen Klimafinanzierung. Die IKI wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und dem Auswärtigen Amt (AA) umgesetzt und finanziert. Grundsätzlich fördert die IKI Projekte zur Minderung von Treibhausgasen, zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise, zum Waldschutz und zum Biodiversitätsschutz. Gefördert werden diese Projekte über vier Modalitäten: Themencalls, Ländercalls, Medium Grants und Small Grants. Während Themen- und Ländercalls in der Regel an größere multilaterale Entwicklungsorganisationen gehen, die in einem Konsortium mit anderen Organisationen zusammenarbeiten, können Medium Grants nur von Organisationen mit Sitz in Deutschland, die mit einer Organisation in einem Land im Globalen Süden kooperieren, beantragt werden. Diese drei genannten Modalitäten, die auch den weitaus größten Teil der IKI Finanzierung ausmachen, bieten somit keine Möglichkeit für den direkten sowie erweiterten Direktzugang zu Klimafinanzierung. Dagegen bietet die IKI Small Grants Modalität mit den beiden Förderkomponenten International Calls und Förderinstitutionen ausschließlich entsprechend direkten und erweiterten direkten Zugang für nationale Institutionen im Globalen Süden.  Ein kurzer Überblick über die beiden Förderkomponenten der IKI Small Grants Modalität:

IKI Small Grants – International Calls: Durch die direkte Bereitstellung von Projektmitteln an regionale, nationale und lokale Organisationen im Globalen Süden zielt diese Förderkomponente darauf ab über einen Zeitraum von fünf Jahren rund 11 Millionen € für etwa 100 ausgewählte Klimaprojekte bereitzustellen. Die IKI will dadurch gezielt kleineren nationalen Akteuren die Teilhabe an Klimafinanzierung für ihre vorwiegend lokalen Lösungen ermöglichen. Die Gelder fließen also über jährliche Projektausschreibungen direkt an nationale Institutionen im Globalen Süden, ohne den Umweg über deutsche oder internationale Entwicklungsorganisationen zu gehen. Die IKI Small Grants International Calls Förderlinie ähnelt somit sehr den Direktzugangsmodalitäten im AF und GCF.

IKI Small Grants – Förderinstitutionen: Diese Förderkomponente verstärkt die Kapazitäten größerer nationaler und regionaler Institutionen zur Umsetzung eigener Förderprogramme. Sechs nationale und regionale Institutionen erhalten fachliche und finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung von eigenen Förderprogrammen oder bei der Bereitstellung von Mitteln auf lokaler Ebene. Für jede der sechs nationalen bzw. regionalen Institution steht ein Betrag von bis zu 850.000 Euro zur Verfügung, der die Finanzierung des Förderprogramms, Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten und fachliche Unterstützung beinhaltet. Die Förderkomponente ähnelt somit sehr dem Konzept von erweitertem Direktzugang zu Klimafinanzierung im AF und GCF. Allerdings ist die Höhe der individuellen Projektfinanzierung der IKI Förderinstitutionen Modalität wesentlich geringer ist als im AF und GCF.

Benin: Ein Beispiel für erweitertem direktem Zugang zu Klimafinanzierung

Der Nationale Fonds für Umwelt und Klima in Benin (FNEC) ist eine nationale Institution, die  Direktzugang zu Geldern der internationalen Klimafinanzierung sowohl über bilaterale als auch multilaterale Kanäle hat. Die IKI hat FNEC Ende 2021 als erste nationale Institution ausgewählt, die über die Förderlinie Förderinstitutionen gefördert wird und seit 2022 erste Klimaprojekte von nationalen Institutionen finanziert. FNEC ist ebenfalls bei den beiden multilateralen Klimafonds AF (seit 2011) und GCF (seit 2019) als Durchführungsorganisation akkreditiert. Das heißt FNEC hat auch die Möglichkeit Direktzugang sowie erweiterten Direktzugang zu internationaler Klimafinanzierung über diese beiden multilateralen Kanäle (AF und GCF) zu bekommen. FNEC hat ebenso Zugang zu den sogenannten „Readiness“ Programmen der Fonds, durch welches nationale Institutionen im Globalen Süden in ihren Bemühungen nach Direktzugang zu Klimafinanzierung unterstützt werden. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Blogbeitrags hat FNEC bisher noch kein bewilligtes Projekt im AF und im GCF. FNEC hat aber für beide Klimafonds Projektkonzepte und -anträge entwickelt und eingereicht, die wahrscheinlich in naher Zukunft vom AF und GCF bewilligt werden. Über den AF hat FNEC zudem bisher finanzielle Unterstützung im Rahmen des AF „Readiness“ Programms bekommen, um die institutionseigenen Kapazitäten im Hinblick auf Genderfragen und die Einhaltung der Umwelt- und Sozialstandards des Anpassungsfonds zu stärken.

Kohärenz und Komplementarität zu anderen „Enhanced Direct Access“ Förderungen sicherstellen

Die IKI Förderlinie sollte die schon jetzt sehr verflochtene und unübersichtliche internationale Klimafinanzierungslandschaft nicht noch komplexer machen. Dies betrifft zwei Aspekte:

  • Die IKI sollte Kohärenz zu anderen Fonds sicherstellen. Bei der Finanzierung von nationalen Institutionen, die bereits bei den internationalen Fonds akkreditiert sind, sollte die Zusätzlichkeit deutlich erkennbar sein. Während FNEC über die IKI Small Grants Förderinstitutionen Modalität nur bis zu 850.000 € bekommen kann, kann FNEC beim AF und GCF theoretisch bis zu 10 Millionen US Dollar zur Umsetzung von „Direct Access“ und „Enhanced Direct Access“ Projekten bekommen.
  • Zudem stellt sich die Frage, welchen Mehrwert die IKI-Gelder haben. Die IKI sollte die Komplementarität zu anderen Fonds sicherstellen. Über die Finanzierung der IKI können weitere nationale Institutionen gestärkt werden, die dann eine Akkreditierung bei den internationalen Fonds wie dem AF und GCF für den Direktzugang anstreben können. Hier kann die IKI mit ihrer Small Grants Förderlinie eine zusätzliche Nische abdecken und andere Initiativen wie die vom AF und GCF sinnvoll ergänzen.

Das oben genannte Beispiel von FNEC zeigt deutlich die Wichtigkeit, dass die IKI Small Grants Förderinstitutionen Modalität Kohärenz und Komplementarität zu anderen „Direct Access“ und „Enhanced Direct Access“ Förderprogrammen wie die im AF und GCF und deren begleitenden Unterstützungsprogrammen (Readiness Programm) sicherstellen muss.

Interessenskonflikt der GIZ offen kommunizieren und gegenwirkende Maßnahmen entwickeln

Das IKI Small Grants Programm wird von der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) abgewickelt. Die GIZ ist auch verantwortlich für den Aufbau von Kapazitäten und die fachliche Unterstützung innerhalb der IKI Small Grants Komponente Förderinstitutionen. Darüber hinaus bekommt die GIZ auch Finanzierung über den GCF um dessen Readiness Programm zu implementieren. Gleichzeitig konkurriert die GIZ aber auch mit diesen nationalen Institutionen um Klimafinanzierungsgelder im GCF und der IKI. Denn die GIZ setzt sowohl mit IKI Themen- und Ländercall Geldern als auch mit GCF Geldern konkrete Klimaprojekte in ihren Partnerländern um. Zudem kann der Selbsterhaltungstrieb von Entwicklungsorganisationen wie der GIZ im Konflikt zu einer Entwicklung hin zu mehr direktem und erweitertem direktem Zugang zu Klimafinanzierung stehen. Dieser potentielle Interessenskonflikt sollte von der Bundesregierung und der GIZ offen kommuniziert werden und eine Strategie mit entsprechenden Maßnahmen entwickelt werden um dieses Risiko zu reduzieren.

Nur ein Bruchteil der insgesamt bereitgestellten bilateralen deutschen Klimafinanzierung steht über Direktzugang zur Verfügung

Das IKI Small Grants Programm inklusive seiner Komponente Förderinstitutionen ist ein erster wichtiger Schritt um direkten und erweiterten direkten Zugang zu internationaler Klimafinanzierung für Institutionen des globalen Südens auch über bilaterale Kanäle zu fördern. Es wird jedoch deutlich, dass diese Initiative nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.  Die für den Zeitraum 2019-2025 insgesamt bereitgestellten 11 und 5 Millionen Euro für die Förderfenster International Calls und Förderinstitutionen des IKI Small Grant Programms entsprechen nur einen Bruchteil der insgesamt bereitgestellten bilateralen Klimafinanzierung Deutschlands für diesen Zeitraum. Zum Vergleich:

1.) Allein im Jahr 2020 hat die IKI insgesamt 567 Millionen Euro an Geldern bewilligt.

2.) Allein für das Haushaltsjahr 2021 hat die Bundesregierung bilaterale Klimafinanzierungsgelder in Summe von 3,27 Milliarden Euro bereitgestellt von denen aber nur rund 47% in Form von Zuschüssen bei den Empfängerländern ankamen. (Siehe Tabelle)

Deutsche bilateral Klimafinanzierung 2021Davon zuschussbasiertBewilligte Haushaltsmittel der IKI in 2020IKI Small Grants
International Call 2019-2025
IKI Small Grants
Förderinstitutionen 2019-2025
3,27 Milliarden €47%567 Millionen €11 Millionen €5 Millionen €

Quelle: Eigene Zusammenstellung basierend auf den Angaben der Bundesregierung

Bundesregierung muss direkten und erweiterten direkten Zugang zu ihrer Klimafinanzierung weiter stärken

Die deutsche Bundesregierung sollte Direktzugang sowie erweiterten Direktzugang zu internationaler Klimafinanzierung für Institutionen in Ländern des Globalen Südens sowohl über multilaterale Finanzierungskanäle als auch über bilaterale Kanäle weiter ausbauen. Konkret bedeutet das, dass die Bundesregierung in den kommenden Haushaltsjahren ihre Beiträge sowohl für bilaterale als auch für multilaterale Initiativen stärken muss, die direkten Zugang sowie erweiterten direkten Zugang zu Klimafinanzierung fördern. Dies sollte sich neben deutlich erhöhten Beiträgen für den AF und den GCF auch in der Ausweitung von Initiativen wie dem IKI Small Grants Programm inklusive seiner Komponente Förderinstitutionen zeigen.

Druck auf andere Geberländer für mehr Direktzugang erhöhen

Die deutsche Bundesregierung sollte sich über eigene Bemühungen hinaus gemeinsam mit anderen Vorreiterländern im Bereich Direktzugang dafür einsetzen, dass Geberländer zunehmend Direktzugang und erweiterten Direktzugang sowohl über bilaterale als auch multilaterale Finanzierungskanäle erhöhen und die Möglichkeiten für direkten Zugang verbessern und vereinfachen.  Zu diesem Zweck könnte Deutschland zum Beispiel einen Austausch zwischen Geberländern initiieren um Erfahrungen, bewährte Praxisbeispiele und Herausforderungen von direktem und erweitertem direktem Zugang zu Klimafinanzierung über bilaterale Initiativen zu teilen und weiter voranzutreiben. Die Partnerländer im Globalen Süden sollten selbstverständlich eng in so einen Austausch mit einbezogen werden.

Darüber hinaus sollten Deutschland und andere Geberländer als Teil ihrer jährlichen Klimafinanzierungsberichterstattung auch freiwillig Aussagen über den Anteil ihrer Klimafinanzierung treffen, zu denen nationale Institutionen im Globalen Süden direkten oder erweiterten direkten Zugang haben.

Die Empfehlungen für die deutsche Bundesregierung noch einmal zusammengefasst:

  1. Kohärenz und Komplementarität von bilateralen „Direct Access“ und „Enhanced Direct Access“ Förderprogrammen zu anderen Förderungen (von z.B. AF und GCF) sicherstellen.
  2. Potentieller Interessenskonflikt der GIZ hinsichtlich der Unterstützung von „Direct Access“ und „Enhanced Direct Access“ offen kommunizieren und gegenwirkende Maßnahmen entwickeln.
  3. Direktzugang und erweiterten Direktzugang zu Klimafinanzierung in der deutschen Klimafinanzierung deutlich ausbauen über 1.) signifikant wachsende Beiträge an den AF und den GCF und über 2.) weitere finanzielle Stärkung und Ausbau des IKI Small Grants Förderfenster mit seinen beiden Förderlinien International Calls und Förderinstitutionen.
  4. Erfahrungsaustausch mit anderen Ländern zur Umsetzung von „Direct Access“ und „Enhanced Direct Access“ in der bilateralen Klimafinanzierung
  5. Aussagen über den Anteil der jährlichen Klimafinanzierung mit direktem und erweitertem Direktzugang als Teil der jährlichen Berichterstattung.

Julia Grimm, Germanwatch