Deutsche Klimafinanzierung / REDD+ / Umsetzung der Klimafinanzierung

DEval-Synthesestudie bestätigt: REDD hat Erwartungen nicht erfüllen können

Proteste in der brasilianischen Stadt Xapuri im Dezember 2018 anläßlich des 30. Jahrestages der Ermordung der Kautschukzapfers Chico Mendes gegen REDD und die Auswirkung von REDD-Programmen im Bundesstaat Acre. Photo: Michael Schmidlehner

Im Oktober 2020 veröffentlichte das Deutschen Evaluierungsinstituts der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) die Ergebnisse einer Synthesestudie zu REDD. Das Kürzel REDD steht für Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation; der Ansatz dominiert seit 15 Jahren die internationale Waldpolitik. Die Studie “Germany’s Contribution to the Forest and Climate Protection Programme REDD+” untersucht die Wirksamkeit von REDD-Maßnahmen, die die Bundesregierung zwischen 2008 und 2018 unterstützte.

Die Website www.deutscheklimafinanzierung.de fordert bereits seit einigen Jahren, dass mehr Informationen über Inhalte, Zielsetzungen und Wirksamkeit der von Deutschland als einem der größten internationalen Geber geförderten REDD-Maßnahmen einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollten. Eine 2015 durchgeführte Recherche der Website zeigte, dass über allgemeine Projektbeschreibungen hinaus kaum Informationen über die geförderten Maßnahmen öffentlich verfügbar waren. Die nun vorliegende DEval-Studie zieht eine erste Bilanz der REDD-Finanzierung der Bundesregierung.

Das ernüchternde Ergebnis der DEval-Studie: REDD hat das ursprüngliche Ziel verfehlt, Emissionen aus Entwaldung schnell und günstig zu reduzieren. Die hochgesteckten Erwartungen in den oft als innovativ gepriesenen Ansatzes blieben bisher unerfüllt. Die Erkenntnis, so die Autoren der Studie, deckt sich mit der Erfahrung anderer Geber.

Ergebnisbasierte Zahlungen sollten einen finanziellen Anreiz für Verursacher von Entwaldung bieten, den Waldverlust und die damit verbundenen Emissionen zu reduzieren. Kritiker*innen von REDD verwiesen früh darauf, dass Entwaldung ein komplexer und dynamischer Prozess ist, in dem finanzielle Erwägungen nur eine Komponente unter vielen sind, die über Erhalt oder Zerstörung von Wald entscheiden. Als Ansatz, der ausschließlich auf finanzielle Anreize setzt, blendet REDD diese politische Ökonomie von Entwaldung aus. Dies bestätigt auch das DEval. Ergebnisbasierte Zahlungen von REDD seien „in vielen Fällen kein hinreichend großer Anreiz, um ein wirksames Gegenwicht gegen die lokalen und internationalen Treiber von Entwaldung zu bilden,“ heißt es in der Pressemitteilung des Instituts. Was fällt auf bei der Lektüre der Studie?

Zusammenfassung spiegelt Erkenntnisse der Gesamtstudie nur bedingt wider

Insbesondere die Zusammenfassung der Synthesestudie in deutscher Sprache hebt die angeblichen Errungenschaften von bisherigen REDD-Maßnahmen stark hervor. Gleichzeitig fehlen zentrale Erkenntnisse aus der Gesamtstudie, die den Umfang des Scheiterns von REDD aufzeigen. So heißt es in der Gesamtstudie etwa, man könnte diese Verschiebung der Grundannahmen von REDD auch als ‚Herunterschrauben von Erwartungen‘ beschreiben. Dadurch liessen sich  scheinbar positive Effekte im Kontext der begrenzten Strahlkraft des Instruments konstruieren, wobei das umfassendere Ziel, Entwaldung zu stoppen, verwässert wurde. Die Zusammenfassung greift diese Anpassung der Grundannahmen und Zielsetzung von REDD nicht klar auf. Ein weiteres Beispiel ist, dass die Erfahrungen mit und Lehren aus REDD+ bisher weder zu mehr Vertrauen in das Instrument, noch zu einem signifikanten Anstieg in gesicherter Finanzierung geführt haben. Auch diese Erkenntnis bleibt in der Zusammenfassung unerwähnt.

Auswahl der untersuchten REDD-Initiativen nur bedingt nachvollziehbar

Für die DEval-Studie wurden 33 REDD-Maßnahmen ausgewählt, welche die Bundesregierung zwischen 2008 und 2018 gefördert hat. Die Forest Carbon Partnership Facility (FCPF) der Weltbank wird zwar im allgemeinen Teil der Studie mehrfach erwähnt, zählt jedoch nicht zu den näher untersuchten Initiativen. Diese Entscheidung überrascht. Zwar obliegt die Umsetzung von Maßnahmen dem Sekretariat der FCPF; die Bundesregierung ist jedoch in Leitungsgremien der Initiative vertreten und zählt mit einer Förderung von rund 384 Millionen Euro (2009-2018) zu den größten Gebern der FCPF. Ergibt sich nicht hieraus ein stärkerer Einfluss auf die Umsetzung als etwa beim REDD Early Movers Programm in Acre, wo die Verwendung der geleisteten ergebnisbasierten Zahlungen weitgehend der Entscheidung der dortigen Regierung unterliegt und die Höhe der Förderung eine Größenordnung niedriger liegt? Zudem steht die FCPF nicht nur bei NROs wegen methodischer Mängel und undurchsichtiger Umsetzung, nicht zuletzt der Maßnahmen, die auf ergebnis-basierte REDD-Zahlungen vorbereiten sollen, besonders in der Kritik. Das Scheitern der ursprünglichen Zielsetzung von REDD hätte sich unter Einbeziehung der Erfahrungen aus der FCPF noch deutlicher darstellen und mit zahlreichen Beispielen belegen lassen.

Beim REDD Early Movers Programms der Bundesregierung, welches von der KfW verwaltet wird, fällt die überschwänglich positive Bewertung der Initiative auf. Die Synthesestudie beurteilt die Errungenschaften von REDD Early Movers im brasilianischen Bundesstaat Acre als durchweg positiv, obwohl dort im Zeitraum der REDD-Finanzierung die Entwaldung rasant anstieg. Die DEval-Studie betrachtete jedoch nur die erste Phase, in der REDD-Maßnahmen in Acre finanziert wurden. Auch fehlen Verweise auf kritische Publikationen, wie zum Beispiel der von mehreren Nichtregierungsorganisationen veröffentlichte Bericht REDD Early Movers. Ergebnisbasierte Zahlungen ohne klimarelevante Ergebnisse? sowie die Berichte REDD+, O Mercado de Carbono e a Cooperação Califórnia-Acre-Chiapas und O ganha-ganha por trás das queimadas da Amazônia. Quanto valem a preservação e as falsas soluções do capitalismo “verde”, e quem compensa as compensações? der brasilianischen Organisation Amigos da Terra Brasil.

Vergabeauswahl für die Studie überrascht

Die Studie wurde an Perspectives Climate Research gGmbH vergeben. Diese ist eng verbunden mit dem Unternehmen Perspectives Climate Group, welches sich mit der Umsetzung von Kompensationsprojekten im Rahmen des Clean Development Mechanisms einen Namen machte, heißt es auf der Webseite von Perspectives. Vielleicht erklärt dies die für eine unabhängige Evaluierung unangemessen wertende Darstellung der Kritik am marktbasierten Ansatz von REDD an einigen Stellen („hyperkritische NROs“, „ideologische“ Ablehnung von REDD).

In der Gesamtschau sind die impliziten Aussagen der DEval Synthesestudie vor diesem Hintergrund dann doch deutlich, auch wenn sich die Studie weitgehend auf eine Untersuchung der vorbereitenden Maßnahmen von ergebnis-basierten Zahlungen beschränkt: Das Experiment REDD ist gescheitert – zumindest, wenn man es an seiner ursprünglichen Zielsetzung misst, Entwaldung in tropischen Wäldern zu stoppen. Was sagen die Ministerien, die die Studie gemeinsam kommentiert haben? „BMZ, BMU und BMEL sehen sich durch die Studie darin bestätigt, REDD+ weiterhin als ein Instrument für die Wald-, Biodiversitäts-und Klimaagenda einzusetzen.“

Gastbeitrag von Jutta Kill

Geändert am 27. Januar 2021: Klarstellung, dass die Evaluierung vom Forschungsinstitut Perspectives Climate Research gGmbH, nicht dem Unternehmen Perspectives Climate Group durchgeführt wurde, auf dessen Webseite der Link im Artikel verweist. Die Studie ist auf der Webseite von Perspecitves Climate Group abrufbar.