REDD+ / Transparenz / Umsetzung der Klimafinanzierung
Deutsche Unterstützung für REDD+: Viel Geld, wenig Informationen und noch weniger kritische Begleitung
„Insgesamt zählt die Bundesregierung bei REDD+ zu den wichtigsten Gebern weltweit und hat dafür bisher bereits eine halbe Milliarde Euro investiert,“ schreibt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf seiner Webseite. Zusätzlich zu den REDD+ Maßnahmen finanzierte die Bundesregierung seit 2010 „Projekte mit einem Gesamtvolumen von 1,524 Milliarden Euro, deren Hauptziel der Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern ist.“ Auf der 9. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention 2008 sagte die Bundeskanzlerin des Weiteren ab 2013 jährlich 500 Millionen Euro für den Wald- und Biodiversitätsschutz zu.
Es geht also um viel Geld.
In welchem Umfang einer interessierten Öffentlichkeit Infomationen über Inhalte, Zielsetzungen und Wirksamkeit der geförderten Massnahmen zur Verfügung stehen, wollte die Initiative ‚Deutsche Klimafinanzierung‘ genauer wissen. Sie ließ im Rahmen einer Literaturrecherche Informationen zu einer Auswahl von 32 REDD+ & Waldschutzprojekten (aus 345 Projekten für den Sektor in der Datenbank) auswerten. Hierbei ging es nicht um eine qualitative Bewertung der Maßnahmen, sondern vielmehr um die Frage, welche Informationen über Titel, Finanzierungsvolumen, -zeitraum und Träger der Maßnahme sowie eine knappe allgemeine Kurzzusammenfassung der Programme hinaus vorliegen. Diese Basisinformationen sind für die von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesumweltministeriums (BMUB) und von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) durchgeführten Maßnahmen verfügbar, für die REDD+ & Waldschutzmaßnahmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nur teilweise. Die Datenbank der IKI enthält für einige Projekte auch Angaben zum Stand der Umsetzung und zu den Ergebnissen.
Die Recherche zeigte, daß über solche allgemeinen Projektbeschreibungen hinaus kaum Informationen über die geförderten Maßnahmen öffentlich verfügbar sind. Detaillierte Bewertungen von BMUB, BMZ, GIZ oder KfW zu Erfahrungen in der Umsetzung, etwaigen Zielkonflikten oder Wirksamkeit der geförderten Massnahmen lagen nur für sehr wenige der untersuchten Projekte vor.
Bei Ex-post Projektevaluierungen ergab sich ein ähnliches Bild: Die GIZ untersuchte Projekte im Waldbereich zuletzt 2006 (Schwerpunkt: Management Natürliche Ressourcen; 2013 wurde außerdem ein Projekt im brasilianischen Amazonas untersucht). Die KfW Entwicklungsbank führte im Zeitraum 2007 bis 2014 Ex-post Evaluierungen bei immerhin 42 Projekten mit Waldbezug durch, darunter 18 Aufforstungsprojekte und 4 Waldschutzprojekte, die auch in der Datenbank Deutsche Klimafinanzierung eingetragen sind, aber ein Ex-post Evaluierungskurzbericht ist nicht für alle verfügbar. Inwieweit die Ergebnisse der Evaluierungen mit den Zielgruppen vor Ort erarbeitet wurden oder von diesen geteilt werden, geht jedoch aus den Evaluierungs-kurzberichten nicht hervor. Die KfW zitiert in ihrem Zweijahres-Bericht 2011-2012 zur Projektevaluierung aus einer vom BMZ in Auftrag gegebenen Untersuchung zum Thema Naturschutz und Entwicklung lokaler Bevölkerung: „Das Resultat ist ernüchternd. Keines der untersuchten Beispiele weist darauf hin, dass Naturschutzförderung einerseits und bessere Lebensbedingungen für die Anrainer andererseits reibungslos Hand in Hand gehen. Wahrscheinlicher sind vielmehr Zielkonflikte, die bei der Programmplanung vorab bedacht sein wollen.“ Die Studie ist jedoch nicht öffentlich, der KfW Bericht enthält lediglich eine einseitige Zusammenfassung. Ob und inwieweit hierbei auch Waldschutz- oder REDD+ Maßnahmen untersucht wurden, bleibt somit unklar.
Eine Erweiterung der Projektbeschreibungen auf den Webseiten der IKI, GIZ und KfW um Verweise auf solche Untersuchungen im Auftrag der Ministerien, auf Evaluierungen oder Berichte externer Quellen zu den Waldschutz- & REDD+ Maßnahmen wäre wünschenswert und erscheint auf den entsprechenden Webseiten auch möglich.
Aus den Veröffentlichungen und Webauftritten vom BMZ ist nicht ersichtlich, ob es seitens des Ministeriums eine systematische (wissenschaftliche oder externe) Begleitung der REDD+ Finanzierung gibt, die Aufschlüsse über die Wirksamkeit und mögliche Risiken des neuen Ansatzes im Waldschutz erlauben würde. Dies ist umso erstaunlicher, als REDD+ als potentiell paradigmatischer Wechsel in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) angesehen wird, denn gezahlt werden soll bei REDD+ nur nach erfolgtem Nachweis, dass Emissionen reduziert wurden. Das BMUB hingegen gab bereits 2010 eine externe Bewertung der IKI über das UBA in Auftrag, eine Kurzfassung der Studie findet sich auf der Webseite der IKI. Die Ergebniss der Studie legen nahe, dass ein kontinuierliches Monitoring und kritische Diskussion wichtig wäre: „Zu bemerken ist, dass bei den in diesem Cluster [Biodiversität und Kohlenstoffsenken] ausschließlich vorhandenen bilateralen oder internationalen Durchführungsorganisationen deren ansonsten gut etablierte Verfahren des Projektzyklus-Managements einschließlich des Monitorings bei den Projekten der IKI häufig nicht zur Anwendung kamen. […].Im Schnitt haben die Projekte in diesem Cluster deutliche Defizite in Bezug auf die Einbeziehung der Projektpartner. Die Partner waren häufig sowohl in inhaltlicher als auch administrativer Hinsicht in die Projektdurchführung nicht ausreichend eingebunden, sodass sich manchmal nicht genügend „ownership“ entwickeln konnte.“
Dass eine solche kontinuierliche Begleitung insbesondere der vom BMZ finanzierten Maßnahmen scheinbar fehlt, ist aus zwei Gründen umso besorgniserregender. Zum einen zeigen zahlreiche Berichte, wie hoch das Potential für Konflikte und negative Folgen für Waldvölker und Kleinbauern bei REDD+ ist (siehe unter anderem Klima der Gerechtigkeit Blogbeitrag ‚Konflikte, Widersprüche und Lügen rund um REDD‘ vom 23. März 2015). Eine fundierte Evaluierung könnte vor diesem Hintergrund auch untersuchen, inwieweit solche Konflikte auf Umsetzungsfehler in einzelnen Projekten zurückzuführen sind oder die Ursachen vielmehr struktureller Natur sind. Zum zweiten wird REDD+ auch innerhalb der deutschen Entwicklungszusammenarbeit als Ausdruck eines paradigmatischen Wandels in der EZ angesehen, wie das folgende Zitat zeigt. „Deutsche Zusammenarbeit hat nachhaltige Waldbewirtschaftung und Entwicklung seit 30 Jahren unterstützt, mit begrenztem Erfolg. Es besteht nun die Hoffnung, dass REDD+ einen Paradgimenwechsel symbolisiert aufgrund des Prinzips von Zahlungen für Resultate.“ Auf welcher Basis diese Einschätzung getroffen wurde, inwieweit sie von lokalen Akteuren in den Waldländern oder Unterstützergruppen in Deutschland geteilt wird, oder inwieweit sich ein solcher Paradigmenwechsel mit anderen Zielen der Entwicklungszusammenarbeit in Bezug auf Menschenrechte und Armutsbekämpfung vereinbaren lässt, oder wo Zielkonflikte auftreten, sind dabei zentrale, aber bisher in der öffentlichen Debatte um die deutsche Finanzierung von REDD+ und Waldschutzmaßnahmen kaum diskutierte Fragen. Dies unterstrich auch die Literaturrecherche für die Initiative ‚Deutsche Klimafinanzierung‘: Finanzierung von REDD+ und Waldschutzmaßnahmen bedeutet in Deutschland heute ‚viel Geld, wenig Informationen und noch weniger kritische Begleitung‘.
Jutta Kill
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