Deutsche Klimafinanzierung / Transparenz

Keine Transparenz bei der DEG in Sicht

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Foto: sciondriver, veröffentlicht unter CC Lizenz BY-NC 2.0 auf flickr.com

Seit 2015 rechnet die deutsche Bundesregierung neben der Klimafinanzierung über den Bundeshaushalt auch Kredite der deutschen Entwicklungsbank DEG als mobilisierte öffentliche Klimafinanzierung an – also Mittel, die entweder über Haushalts- oder Eigenmittel der DEG aus dem Privatsektor gehebelt werden. So sind 2015 knapp 195 Millionen Euro in Energieprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika und im Jahr 2016 knapp 136 Millionen Euro in Energieprojekte in Afrika geflossen. Diese werden auch in den Projektlisten aufgeführt, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zur Klimafinanzierung veröffentlicht. Anders als bei den Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) lässt sich aber bei der DEG nicht nachvollziehen, welche DEG- Projekte auf die deutsche Klimafinanzierung damit auf den Beitrag zur Erreichung des 100 Milliarden Versprechens angerechnet werden. Daher veröffentlicht die Website www.deutscheklimafinanzierung.de eine aktuelle Analyse von FIAN Deutschland, in der die mangelnde Transparenz der DEG kritisiert wird:

FIAN krisiert fehlende Transparenz bei der DEG

2013 hatte die Menschenrechtsorganisation FIAN zusammen mit 25 weiteren Nichtregierungsorganisationen eine Petition im Bundestag eingereicht, die „Transparenz für Menschenrechte“  bei der deutschen Entwicklungsbank DEG einforderte. FIAN kritisiert, dass entgegen der Versprechen des Entwicklungsministeriums die Begründung im Petitionstext bis heute hoch aktuell ist: Es ist „praktisch unmöglich, sich ein Bild der menschenrechtlichen Praxis der DEG in ihren Projekten zu machen, da keine systematische Information der Öffentlichkeit stattfindet.“

Die Petition wurde unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass in der Zwischenzeit bei der DEG „Maßnahmen der Transparenz in sehr guter Weise realisiert“ seien, so der damalige Staatssekretär im BMZ und Aufsichtsratsvorsitzende der DEG, Hans-Joachim Fuchtel. Er bezog sich dabei auf die seit 2015 eingeführte Veröffentlichung von Basisdaten zu Finanzierungen der DEG. Auch in ihrem aktuellen Jahresabschluss erklärt die staatseigene Entwicklungsbank: „Seit dem 01.01.2015 veröffentlicht die DEG auf ihrer Internetseite Informationen über die von ihr finanzierten Projekte und Unternehmen.“ Unterschlagen wird dabei jedoch, dass dies nur geschieht, wenn der Kredit-Empfänger einer Veröffentlichung zustimmt.

Versprechen des BMZ entpuppen sich als Beruhigungspille

FIAN-Recherchen zeigen nun, dass seit 2015 immer weniger dieser Minimal-Informationen veröffentlicht werden: so wurden 2017 von 111 Zusagen gerade einmal 61 veröffentlicht. Damit fließen von 1,551 Milliarden Euro Zusagen aus 2017 rund 680 Millionen Euro in Unternehmen und Projekte, die der Öffentlichkeit und dem Parlament unbekannt sind, obwohl die Bank ein entwicklungspolitisches Mandat hat und als gemeinnützige Organisation steuerbefreit ist.

Roman Herre, Agrarreferent bei FIAN Deutschland erklärt dazu: „Bei der aktuellen Informationspraxis müssen wir davon ausgehen, dass gerade bei menschenrechtlich problematischen Finanzierungen die Unternehmen eine Veröffentlichung ablehnen. Dabei würde eine einfache Klausel in allen Verträgen die Veröffentlichung aller DEG-Finanzierungen sicherstellen.“ Verschärft wird die Intransparenz dadurch, dass 54% der DEG-Gelder in Banken oder Fonds angelegt sind – nicht selten über hoch intransparente Firmengeflechte in Finanzparadiesen. So fehlen selbst im Falle einer Veröffentlichung von Basisdaten jegliche Informationen über etwaige Empfänger weitergereichter Kredite oder reale Vor-Ort-Effekte.

„Bis heute bleibt die DEG ein schwarzes Loch der deutschen Entwicklungshilfe“, so Herre weiter. Trotz öffentlichem Mandat legt sie gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit keine angemessene Rechenschaft über ihre Finanzierungen ab. Menschenrechtliche und ökologische Auswirkungen der Projekte bleiben so trotz Ratings und Kennzahlen weitgehend im Dunkeln. Für FIAN bleibt die Forderung der Petition aus 2013 bestehen, dass jene Dokumente veröffentlicht werden müssen, die eine Bewertung des Umgangs mit menschenrechtlichen Problemen in Projekten ermöglichen, darunter die vollständigen Umwelt- und Sozialpläne. FIAN hofft, dass sich auch der neue Aufsichtsrat der DEG diesem Thema annimmt.

Reaktion und Kritik von der DEG – FIAN veröffentlicht Klarstellung

Am 20. Juli veröffentlichte FIAN nach Kritik der DEG eine Klarstellung zu dieser Analyse, die wir ebenfalls veröffentlichen:

Am 5. Juli 2018 wandte sich die DEG an FIAN und erklärte, dass die veröffentlichten Zahlen nicht stimmen würden. Die DEG bat uns, unsere Angaben zur Zahl der von der DEG veröffentlichten Projekte öffentlich klarzustellen. Daraufhin hat FIAN die Zahlen nochmals überprüft und diese Überprüfung der DEG vor Veröffentlichung zur Kommentierung gegeben. Das Ergebnis stellen wir hiermit öffentlich:

1. Untersucht wurden die von der DEG „neu zugesagten Investitionsvorhaben“ der Jahre 2015 bis 2017. FIAN hatte seine Recherche für die Jahre 2015 und 2016 im Sommer 2017 durchgeführt. Die Recherche für 2017 wurde in den ersten April-Wochen 2018 durchgeführt.

2. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die von FIAN am 15. Juni 2018 veröffentlichten Zahlen die Zahl der DEG-Veröffentlichungen zum Zeitpunkt der jeweiligen Recherche (siehe Punkt 1) wiedergeben.

3. Die aktuell veröffentlichten DEG-Projekte dieser drei Jahre liegen nach unseren Recherchen bei 241 von 280 (Stand 10. Juli 2018). Damit wären nun 39 Finanzierungen nicht veröffentlicht, also deutlich weniger als die 98 fehlenden Finanzierungen, die FIAN am 15. Juni 2018 gemeldet hatten. Laut DEG ist diese Zahl noch geringer, da bei einigen Finanzierungszusagen zwei verschiedene Finanzierungsinstrumente eingesetzt würden, die technisch als zwei Zusagen gelten, jedoch durch die DEG durch eine Veröffentlichung abgebildet würden. Die Anzahl solcher Zusagen wurde uns nicht genannt.

4. Die in Punkt 3 genannte Diskrepanz ergibt sich nach unseren nochmaligen Recherchen vor allem daraus, dass Finanzierungen regelmäßig erst viele Monate nach Finanzierungszusage veröffentlicht werden. Dazu muss folgendes festgehalten werden: Der Zeitpunkt einer Veröffentlichung einer Zusage ist anhand des jeweiligen pdf-Erstelldatums direkt nachvollziehbar. Dies hat die DEG gegenüber FIAN bestätigt und ist Grundlage der folgenden Datenerhebung:

4.1. Nimmt man alle 78 pdf-Dokumente der am 10. Juli aufgeführten DEG-Veröffentlichungen, die laut pdf-Erstelldatum im Jahr 2018 erstellt wurden, kommt man durchschnittlich auf eine Veröffentlichung von über 7 Monaten nach Vertragsabschluss. Von einem solch großen – und aus unserer Sicht problematischen – zeitlichen Abstand sind wir nicht ausgegangen. Bei unserer Recherche jeweils einige Monate nach Ende des Kalenderjahres sind wir davon ausgegangen, dass alle Finanzierungen des jeweiligen Vorjahres, bei denen eine Veröffentlichung vereinbart wurde, bereits veröffentlicht sind. Nach Durchsicht der pdf-Erstelldaten gehen wir nun davon aus, dass 29 Zusagen für das Jahr 2017 (23% der Zusagen) zum Zeitpunkt unserer Recherche Anfang bis Mitte April noch nicht veröffentlicht waren.
Für das Jahr 2016 wurden 7 Zusagen nach dem Juli 2017 veröffentlicht, weitere 4 erst in 2018 (zusammen 12% der Zusagen).

4.2. Am 23. April hatte FIAN die DEG erstmals (nicht-öffentlich) auf die große Diskrepanz bei unseren Recherchen hingewiesen. 26 Finanzierungen wurden laut pdf-Erstelldatum direkt im Anschluss – vom 25.-27. April – veröffentlicht. Der Großteil der in diesem Zeitraum veröffentlichten Finanzierungszusagen datiert von Oktober bis Dezember 2017. Damit wurden sie etwa 4-5 Monate nach Zusage veröffentlicht. 4 dieser Veröffentlichungen wurden im Dezember 2016 zugesagt und demnach etwa 16 Monate später veröffentlicht. Für uns stellt es sich somit so dar, dass in Folge unseres Austausches zusätzliche Anstrengungen unternommen wurden, um Veröffentlichungen auf die Webseite zu stellen. Die DEG bestreitet dies.

Unser Fazit fällt wie folgt aus: Die beschriebenen Punkte legen den Schluss nahe, dass die kritisch-konstruktive FIAN-Arbeit dazu beiträgt, dass die DEG mehr Anstrengungen unternimmt, Daten zu Finanzierungszusagen zu veröffentlichen. Jedoch sind auch bis zu 39 bis heute nicht veröffentlichte Finanzierungen eine relevante Zahl. FIAN geht davon aus, dass gerade menschenrechtlich und ökologisch problematische Unternehmen eine Veröffentlichung ablehnen.

Zusätzlich bleibt das substantielle Problem bestehen, dass über die Hälfte der DEG-Gelder in Finanzinstitute / Fonds/ Finanzintermediäre vergeben wird und damit möglichen Betroffenen vor Ort, der hiesigen Öffentlichkeit und dem Bundestag keine Informationen über die tatsächlichen Finanzierungsempfänger vorliegen.

FIAN setzt sich seit Jahren dafür ein, dass relevante Finanzierungsinformationen der DEG bereits vor Vertragsabschluss veröffentlicht werden. Eine derart verzögerte Veröffentlichung von Informationen wurde von der DEG nie kommuniziert. Sie widerspricht dem Transparenzgedanken und reduziert noch weiter die Möglichkeit – wenn schon nicht im Vorfeld – so doch wenigstens in der entscheidenden Frühphase von Finanzierungen (menschenrechtliche) Probleme bei der DEG durch lokale Betroffene, die Zivilgesellschaft und das Parlament anzusprechen. Wir fordern die DEG daher auf, die Minimalinformationen zu den Projekten am Tag ihrer Zusage zu veröffentlichen und nicht erst viele Wochen oder Monate später.

Weitere Informationen zur ursprünglichen Analyse:
• 
Tabelle der Veröffentlichungen seit 2015
• 
Petitionstext aus dem Jahr 2013
• 
Redebeitrag von Staatssekretär Fuchtel am 16. März 2016

Gastbeitrag: Roman Herre / FIAN Deutschland

Der Artikel erschien zuerst bei FIAN Deutschland.