Bundeshaushalt / Deutsche Klimafinanzierung

Klimafinanzierung im Bundeshaushalt 2018: Wird das Verdoppelungsversprechen begraben?

Bundestagswahl 2017: Was wollen die Parteien zur Klimafinanzierung?

Bundestagswahl 2017: Was wollen die Parteien zur Klimafinanzierung?

Wird die neue Bundesregierung Deutschlands Verantwortung für die finanzielle Unterstützung von Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen in Entwicklungsländern ernst nehmen? Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD enthielt zwar ein paar positive allgemeine Aussagen zu diesem Thema, blieb aber letztlich viel zu vage, um diese Frage beantworten zu können, wie wir bereits im Februar 2018 kommentiert haben.

Am 2. Mai hat das Bundeskabinett nun den zweiten Regierungsentwurf für den Haushaltsplan 2018, den Eckwertebeschluss für 2019 sowie den Finanzplan beschlossen, der Aussagen für die Haushaltsplanung und Zuweisung zu den Einzeltetats bis 2022 beinhaltet. Damit wird klarer, was die Bundesregierung für die internationale Klimafinanzierung in den nächsten Jahren plant. Und gut sieht es nicht aus. Das Versprechen der Bundeskanzlerin, die Klimafinanzierung bis 2020 zu verdoppeln, würde mit diesen Plänen wohl ebenso verfehlt werden wie ein insgesamt fairer Beitrag der Bundesrepublik zum Erreichen der internationalen Zielmarke von 100 Milliarden US-Dollar jährlicher Klimafinanzierung. Der Bundestag wird in den Haushaltsberatungen deutlich nachbessern müssen.

Auf und Ab im BMZ-Etat, kein Aufwuchs für Klimafinanzierung

Der Gesamtetat des Entwicklungsministeriums (BMZ) soll, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, über die aktuelle Legislaturperiode hinweg erhöht werden. Dieser Gesamtanstieg wird so verteilt, dass in 2018 im Vergleich zu 2017 ein deutliches Wachstum zu erwarten ist. Während 2017 die geplanten Ausgaben bei etwa 8,4 Milliarden Euro lagen, ist nun ein Anstieg auf 9,4 Milliarden Euro für 2018 geplant. Dieser fällt damit noch einmal etwa 741 Millionen Euro höher aus als im ersten Haushaltsentwurf der alten Regierung für 2018.

Allerdings sollen die BMZ-Mittel ab 2019 wieder deutlich zurückgehen und lägen in den Jahren 2021 und 2022 nur noch knapp über dem Niveau von 2017. Für die Klimafinanzierung  scheint gar kein Aufwuchs geplant. Im Haushalt 2017 waren im BMZ-Einzelplan 23 2,3 Mrd. Euro für klimabezogene Maßnahmen (inkl. Zinssubventionsvorhaben) vorgesehen. Genau die gleiche Summe ist im Haushalt 2018 eingeplant.

Worauf die Annahme fußt, dass plötzlich nach 2018 weniger Bedarf für Entwicklungsfinanzierung sein sollte – diese Frage stellt sich durch das geplante Absinken auf das 2017er-Niveau -, ist rätselhaft. Es widerspricht allen politischen und wissenschaftlichen Analysen und allen Erwartungen der internationalen Gemeinschaft für die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) und des Pariser Klimaabkommens, die von reichen Ländern wie Deutschland langfristig unterstützt werden müssen. Dieser Aspekt der Planung ist bereits massiv kritisiert worden. VENRO hat darauf hingewiesen, „dass auf die Schnelle viele Programme aus dem Boden gestampft werden müssen, deren weitere Finanzierung nicht gesichert ist.“ Das ist ein Desaster für die Planung nachhaltiger Entwicklungsvorhaben. Und dass im BMZ-Haushalt, über den der Löwenanteil der deutschen internationalen Klimafinanzierung abgewickelt wird, gar kein Aufwuchs für die Klimafinanzierung vorgesehen ist, ist schlicht blamabel.

Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) des BMU mit Aufwuchs?

Auf den ersten Blick wirkt der Gesamtetat des Umweltministerium (BMU) deutlich geschrumpft, was aber insbesondere daran liegt, dass wesentliche nationale Mittel im Baubereich durch den veränderten Ressortzuschnitt ins Innenministerium abwandern. Laut Aussage des Finanzministeriums (BMF) steigt insgesamt der BMU-Etat um 97 Mio. gegenüber dem ersten Regierungsentwurf der alten Regierung. Im Umweltbereich stellt die „internationale Klimaschutzinitiative weiterhin einen Schwerpunkt dar. Im Jahr 2018 stehen hierfür rund 437 Mio. € zur Verfügung“, so das BMF-Dokument. Somit ist hier ein Aufwuchs von 50 Millionen Euro geplant. Allerdings war dieser Aufwuchs schon in den vergangenen Haushaltsplanungen vorgesehen und soll sich 2019 und 2020 nicht weiter fortsetzen. Der BMU-Etat soll 2019 allerdings noch weiter anwachsen (von 1,9 Milliarden Euro auf etwa 2,2 Milliarden Euro) und dann bis 2022 in etwa auf dem Niveau verbleiben. Ein weiterer Anstieg der IKI-Mittel wäre auf jeden Fall strategisch sinnvoll.

Auch wenn die Einnahmen aus der Versteigerung der CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandel nicht direkt in die IKI fließen, könnte der jüngst deutliche Anstieg der Preise mittelfristig nützlich sein, um die deutsche Klimafinanzierung weiter zu erhöhen. Auch das BMF-Dokument erkennt im Kontext des national orientierten Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ (EKF) an, dass „die zuletzt erfreuliche Entwicklung der Zertifikatspreise“ eine Anpassung der Einnahmeerwartungen gegenüber den Annahmen des ersten Regierungsentwurfs ermöglicht. Wie dauerhaft diese sind, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sollte aber auch die internationale Klimafinanzierung davon profitieren.

Weitere Baustellen: Zusätzlichkeit, Anpassung, zukünftige Bedarfe

Gleichzeitig stehen für die Klimafinanzierung noch weitere unerledigte Hausaufgaben an. Die Zusätzlichkeit deutscher Klimafinanzierung ist nicht ausreichend gegeben, da sie nahezu komplett auf die ODA-Quote angerechnet wird, also auf die offizielle Entwicklungshilfe. Klimafinanzierung soll aber nach internationaler Vereinbarung „neu und zusätzlich“ sein.  Dieses Problem wird dadurch noch verschärft, dass die Erreichung des 0,7%-Ziels, zu dem sich auch die neue Bundesregierung bekannt hat, durch die Finanzplanung in weite Ferne rückt.

Wie mehrere Untersuchungen – beispielweise von Adaptation Watch 2015 oder zuletzt unsere eigene Analyse – zeigen, findet durch die Bundesregierung eine Überbewertung der Anpassungsrelevanz vieler geförderter Projekte statt. Trotzdem liegt der Anteil der Anpassungsfinanzierung Deutschland nach der Berichterstattung an das UN-Klimasekretariat noch deutlich unter 50%. Bei einer angemessen strengeren Anrechnung würde sich der Beitrag vieler als Anpassung deklarierter Projekte deutlich verringern und damit auch die Gesamtsumme der bereitgestellten Finanzierung. Hier muss dringend gegengesteuert werden, um mindestens die Hälfte der Klimafinanzierung für Anpassung bereitzustellen.

Zudem zeichnen sich auch weitere Bedarfe der Klimafinanzierung ab. So ist davon auszugehen, dass der multilaterale Green Climate Fund (GCF), bisher stark von Deutschland unterstützt, Ende 2018 die erste formale Wiederauffüllungsrunde in Gang setzen wird und damit für 2019 und die Folgejahre höhere Mittel einzuplanen sind. In der Erstauffüllung des Fonds hatte Deutschland 2014 750 Millionen Euro zugesagt, wovon im Haushalt 2018 140 Millionen Euro vorgesehen sind. In Anbetracht gestiegener Bedarfe sind für die Wiederauffüllung höhere Beiträge erforderlich. Das Verdopplungsversprechen muss auch für Deutschlands Beitrag zum GCF gelten.

Darüber hinaus ist im Paris-Abkommen vereinbart worden, dass die Klimafinanzierung für die Zeit nach 2020 ein neues Finanzierungsziel bekommen soll, das nicht hinter die 100 Milliarden US-Dollar zurückfallen darf. Deutschlands Beitrag wird in Zukunft also weiter anwachsen müssen. Gerade hängt die Gemeinschaft der Industrieländer insgesamt sogar dem 100-Milliarden-Versprechen noch weit hinterher und das nicht nur wegen der Rückschritte der USA. Dieses Versprechen ist aber ein Kernbestandteil der Vereinbarungen von Paris und eine Nichteinhaltung kann schwerwiegende Konsequenzen für die internationale Klimadiplomatie und die Bereitschaft anderer Länder, sich an ihre Vereinbarungen zu halten, haben. Die Industrieländer und mit ihnen Deutschland müssen also dringend bei der Klimafinanzierung nachlegen.

Verdoppelung bis 2020: Was wird aus dem Versprechen der Bundeskanzlerin?

Im Vorfeld der Pariser Weltklimakonferenz versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Haushaltsmittel zur Unterstützung der armen Länder im Kampf gegen den Klimawandel von zwei Milliarden Euro im Jahr 2014 auf vier Milliarden Euro im Jahr 2020 zu verdoppeln. Auch wenn aus Sicht der Zivilgesellschaft diese Zahl für einen fairen und angemessen Anteil Deutschlands an den insgesamt von den Industrieländern zugesicherten 100 Milliarden noch viel zu niedrig ist, ist die Richtung klar und richtig: Angesichts der massiven Folgen des Klimawandels und der vielfältigen Klimaschutzmaßnahmen, die viele Entwicklungsländer im Rahmen ihrer nationalen Klimapläne angestoßen haben, muss Deutschlands Beitrag weiter anwachsen. Eine Oxfam-Analyse hat allerdings gezeigt, dass die Bundesregierung schon 2017 nicht auf einem Pfad war, der zur Einhaltung des Verdoppelungsversprechens führen würde. 2017 bestand demzufolge bereits eine Finanzierungslücke von etwa 300-500 Millionen Euro.

Es liegt hier in der Natur der Sache, dass Ist-Zahlen von Soll-Zahlen abweichen können. Die vor kurzem von Seiten der Bundesregierung beim UN-Klimasekretariat für 2016 eingereichten Zahlen zeichnen das Bild einer deutlich höheren Klimafinanzierung als ursprünglich geplant. Insgesamt wurden etwas über 3,1 Milliarden Euro gemeldet. , Diese Erhöhung istvor allem auf höhere Anrechnungen der Klimaanteile bilateraler Projekte zurückzuführen. Die fehlende Kohärenz mit den im Haushalt für 2017 und 2018 angesetzten 2,3 Milliarden im BMZ-Etat für klimabezogene Maßnahmen bedarf noch genauerer Untersuchungen, könnte aber auch die Zahlen in den Folgejahren im Nachhinein erhöhen.

In den aktuellen Regierungsentwürfen wird allerdings das Signal gesetzt, dass trotz eines deutlichen Anstiegs des BMZ-Etats für 2018 die Klimafinanzierung aus diesem Topf offenbar mittelfristig nicht weiter anwachsen soll, während im BMU ein Anstieg von 50 Millionen Euro vorgesehen ist. Insgesamt findet damit nahezu kein Aufwuchs statt, was ein fatales klimapolitisches Signal setzen würde. Das heißt, in den aktuellen Haushaltsverhandlungen muss der Bundestag auf einen höheren Aufwuchs der Klimafinanzierung für 2018 und die nächsten Jahre drängen und dies in einemweiterhin anwachsenden BMZ-Etat verankern. Nur so kann Deutschland seiner Verantwortung gerecht weden und seine internationalen Zusagen einhalten.

Sven Harmeling / CARE