Africa Renewable Energy Initiative (AREI)

Die AREI muss einen Gang zulegen, um die Unterstützung für eine Energiewende in Afrika zu sichern

Der Noor 1 solarthermische Komplex in Marokko ist eines der Projekte, die Deutschland unter der AREI registriert hat. Quelle: Boris Schinke

In Afrika ist die Energieversorgung noch immer in einem alarmierenden Zustand: Etwa zwei Drittel der Bevölkerung des Kontinents hat keinerlei Zugang zu Elektrizität. Die Hälfte der Bevölkerung ist zum Kochen noch immer auf Biomasse wie Holzkohle und Feuerholz angewiesen. Diese Energieträger sind nicht nur ineffizient, sondern verursachen durch die Raumluftverunreinigung auch ernsthafte Gesundheitsprobleme. Die Einführung zuverlässiger, sauberer und erschwinglicher Energielösungen ist dringender vonnöten als je zuvor, da der Energiebedarf und die Ansprüche im Energiebereich in ganz Afrika kontinuierlich steigen. Bis jetzt dominieren fossile Brennstoffe in der Stromerzeugung und im Verkehrssektor. Die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien konzentriert sich häufig auf große Wasserkraftwerke; dabei bleibt ein Großteil des Energiepotenzials aus Sonne, Wind und Kleinwasserkraft ungenutzt.

Seit ihrer Gründung 2015 ist sich die African Renewable Energy Initiative (AREI) dieser Potenziale bewusst und setzt ein politisches Signal zur Förderung einer Energiewende in Afrika (durch regionale Zusammenarbeit im Energiebereich). Die AREI ist eine von Afrikaner*innen gegründete und geleitete Initiative mit einem am Menschen orientierten Ansatz und dem Ziel, den Einsatz erneuerbarer Energien auf dem Kontinent zu erhöhen. Die Initiative strebt an, dass bis 2020 mindestens 10 und bis 2030 mindestens 300 Gigawatt neuer und zusätzlicher Elektrizität aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Internationale Partner (allen voran die Europäische Union, Frankreich und Deutschland) haben der Initiative für den Zeitraum 2015 bis 2020 finanzielle Hilfe in Höhe von 10 Mrd. USD zugesagt. Deutschland ist mit 1,2 Mrd. Euro das größte bilaterale Geberland. Durch die Einbindung vieler verschiedener Beteiligter und Betroffener will die AREI alle relevanten Akteure für eine gerechte Energiewende ins Boot holen. Die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft, der Privatsektor und sowohl nationale als auch lokale Behörden sollen durch die Koordinationsarbeit der AREI im Energiebereich an einen Tisch gebracht werden.

Wie die AREI das Engagement der Zivilgesellschaft außer Acht lässt

Das Jahr 2019 ist von entscheidender Bedeutung für die Initiative: Es ist das letzte Jahr, bevor die erste Umsetzungsphase der AREI zu Ende geht (2020). In dieser Phase sollten konkrete nationale energiepolitische Maßnahmen und Projekte mit erneuerbaren Energien in ganz Afrika in die Wege geleitet werden. Seit der Einrichtung der Independent Delivery Unit (IDU) im Sommer 2018 verfügt die AREI über eine effektive Durchführungsabteilung. Die IDU organisierte mehrere Sitzungen des Leitungsgremiums und fünf regionale Konferenzen. Damit sind zwar innerhalb der AREI deutliche Fortschritte erkennbar, aber mit der Umsetzung von Maßnahmen hapert es bisher noch. Das Leitungsgremium der AREI bewilligte 24 Projekte, Informationen über deren Stand der Umsetzung sind jedoch nur schwer zu bekommen. Akteure im Energiebereich wie die Zivilgesellschaft warten immer noch auf den Beginn dieser Projekte in ihren Ländern. Laut der aktuellen AREI-Webseite wird über einige andere Projekte noch diskutiert; sie müssen auf den nächsten Sitzungen des Leitungsgremiums noch bewertet und bewilligt werden.

Des Weiteren stellt sich die Einbeziehung von verschiedenen Stakeholdern noch als problematisch dar. Zwar ermöglichten die Konferenzen auf regionaler Ebene 2018 und Anfang 2019 mehr lokale und konkrete Debatten über Umsetzungsmaßnahmen, aber viele Länder waren nicht vertreten und die Teilnahme verschiedener Akteure (wie der Zivilgesellschaft) war außer in Ostafrika nirgends erlaubt. Zudem wurde die Zivilgesellschaft nicht einmal über die letzten Sitzungen des Leitungsgremiums (eine im Februar 2019 und eine Sondersitzung am 10. Juni 2019) informiert, bei denen ebenfalls keine externen Teilnehmer zugelassen waren. Derzeit erfolgt die Einbindung von verschiedenen Beteiligten und Betroffenen in die AREI nicht einheitlich, obwohl das ein wichtiger Bestandteil des menschenzentrierten Energiekonzepts sein sollte.

Um auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die Zivilgesellschaft in die afrikanischen Energiedebatten und die Prozesse der AREI miteinzubeziehen, schrieb die von der ACSEA vertretene Zivilgesellschaft am 10. Juni einen offenen Brief an die IDU. In dem Brief wurden die verschiedenen Gelegenheiten herausgestellt, bei denen es die AREI versäumte, eine substanzielle Mitwirkung der afrikanischen Zivilgesellschaft zu ermöglichen und ihr Zugang zu wichtigen Dokumenten und Sitzungen zu gewähren.

Eine stärkere Einbindung von verschiedenen Beteiligten und Betroffenen ist der Schlüssel für den Erfolg der AREI

Der AREI hat also bis nächstes Jahr noch viel zu tun, um die erste Arbeitsphase erfolgreich abzuschließen und die Mitwirkung von vielen Beteiligten und Betroffenen zu sichern – ein Konzept, dass sowohl vom Leitungsgremium, von der IDU, von Beobachtern als auch von Geberländern wie Deutschland akzeptiert werden sollte, die eine stärkere Beteiligung mehrerer Stakeholder auf den Sitzungen der AREI und dem Leitungsgremium fordern können.

Damit die AREI ein effektives Instrument sein kann, um den Zugang zur Stromversorgung zu beschleunigen und die Nutzung erneuerbarer Energien in Afrika zu erhöhen, müssen die Probleme der Mitwirkung und Transparenz gelöst werden. Das ist vor allem deshalb von entscheidender Bedeutung, weil die derzeit langsame und intransparente Projektumsetzung die jetzigen Geberländer veranlassen könnte, sich nach anderen Kooperationsmöglichkeiten in Afrika umzusehen. Dazu darf es nicht kommen, denn die AREI ist derzeit die einzige von Afrikaner*innen gegründete und geleitete Energieinitiative und damit eine vielversprechende Chance für eine regionale Energiezusammenarbeit auf dem Kontinent.

Gastbeitrag von Ursula Hagen und Marine Pouget / Germanwatch