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Bundeshaushalt 2020: Merkel-Versprechen zur Klimafinanzierung wackelt
Um das Versprechen der Bundeskanzlerin zur Verdoppelung der Klimafinanzierung bis 2020 zu erfüllen, fehlen im Entwurf für den Bundeshaushalt 2020 nun mindestens 500 Millionen Euro. Eine weitere Lücke wird durch Taschenspielertricks kleingerechnet. Werden die laufenden Haushaltsverhandlungen im Bundestag Abhilfe bringen?
2015 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel verspochen, die finanzielle Unterstützung für arme Länder im Kampf gegen den Klimawandel zwischen 2014 und 2020 auf rund vier Milliarden Euro zu verdoppeln. Deutschland bekam damals viel Zuspruch – und setzte andere Geberländer unter Druck. Immerhin: Bis 2016 waren die Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Klimafinanzierung stetig angestiegen. Seit 2017 aber sinken die Klima-Hilfen wieder – erst 2017 gegenüber 2016, und auch für 2018 gibt es erste Anzeichen, dass die Klima-Hilfen weiter gesunken sind (die endgültigen Zahlen sind noch nicht veröffentlicht). Auch 2019 soll nach den Planzahlen das Niveau von 2016 nicht erreicht werden.
Abb. 1: Entwicklung der Klimafinanzierung 2014-2020
2020: 500 Millionen Euro fehlen
Für 2020 geht nun offenbar zumindest das Entwicklungsministerium davon aus, dass für die Erfüllung des Versprechens der Bundeskanzlerin mindestens 500 Millionen Euro fehlen. Direkt aus dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2020 ablesen lassen sich die Zahlen nicht, weil sich die Mittel der Klimafinanzierung über zahlreiche Einzelposten verteilen, die zumeist auch andere Zwecke der Entwicklungszusammenarbeit verfolgen. Entwicklungsminister Gerd Müller hatte diese 500 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln bereits gefordert – aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ (EKF). Das wäre naheliegend, denn der EKF wird von den Versteigerungserlösen aus dem Emissionshandel gespeist, für die die europäische Gesetzgebung vorsieht, dass sie auch für die internationale Klimafinanzierung eingesetzt werden sollen. Dennoch ist die Idee inzwischen offenbar wieder kassiert worden – vielleicht, weil die Bundesregierung inzwischen mehr Ehrgeiz im Klimaschutz zeigen möchte und deswegen den EKF für die nationale Energiewende braucht.
Die 500-Millionen-Lücke bleibt vorerst also bestehen – und das kurz vor dem UN-Klimagipfel in New York am 23. September. Bundeskanzlerin Angela Merkel fliegt für den Gipfel nach New York, sicherlich auch, um mit den Ergebnissen aufzuwarten, die drei Tage vorher das Klimakabinett in Berlin beschlossen hat. Sie müsste dann aber auch sagen: Mein Versprechen zur Klimafinanzierung kann ich vielleicht nicht halten.
Damit es nicht soweit kommt, müsste sie ihren Finanzminister überzeugen, wenn schon nicht den EKF, dann aber die Etats der beteiligten Ministerien entsprechend aufzustocken. Ein Teil der zusätzlichen Gelder sollte ins BMZ gehen, weil ohnehin der Löwenanteil der Klima-Hilfen über den Entwicklungsetat bereitgestellt wird. Ein anderer Teil aber sollte dazu dienen, die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) des BMU besser auszustatten, mit der das BMU über einen wichtigen strategischen Fördertopf für Allianzen mit klimapolitischen Vorreitern unter den Entwicklungsländern verfügt.
Verdoppelung nur im Taschenrechner?
In Wahrheit ist die Lücke noch viel größer. Um zur Erfüllung des Versprechens weniger Geld bereitstellen zu müssen, ist die Bundesregierung darauf verfallen, auf das Zielniveau von rund vier Milliarden Euro auch die Zuschussäquivalente von konzessionären Darlehen (d.h. die rechnerischen finanziellen Vorteile von zinsvergünstigten Darlehen gegenüber Darlehen zu Marktkonditionen) und anteilig Mittel für die multilateralen Entwicklungsbanken anzurechnen. Diese beiden Posten gab es 2014 natürlich auch schon, sie waren aber nicht im 2014er Ausgangsniveau enthalten, das sich damals aus den rund zwei Milliarden Euro an Haushaltsmitteln für die bilaterale technische und finanzielle Zusammenarbeit, Mitteln für die Zivilgesellschaft und Mitteln für multilaterale Klimafonds zusammensetzte und nun verdoppelt werden sollte. Diese veränderte Zählweise hatte die Bundesregierung erstmalig 2017 angewandt und so ein Wachstum gegenüber 2016 suggeriert, wo in Wahrheit eine Verringerung der Mittel zu beklagen war, und es wird auch für 2018 und 2019 angewandt werden.
Abb. 2: So funktoniert die „Verdoppelung“
Der Umfang dieser kleinen Mogelei ist beachtlich: 2016/2017 lagen die anteiligen Mittel für die multilateralen Entwicklungsbanken bei etwa 140 Millionen Euro. Für das Volumen der rechnerischen Zuschussäquivalente von Entwicklungskrediten 2019 geht die Bundesregierung offenbar von rund 400 Millionen Euro aus. Wenn man annimmt, dass diese Zahlen für 2020 in etwa gleich bleiben, verdeckt die kreative Buchführung der Bundesregierung also eine weitere Lücke von ebenfalls rund einer halben Milliarde Euro, die für ein ehrliches Erfüllen des Versprechens von 2015 fehlen – zusätzlich zu der offiziell beklagten, oben beschriebenen Lücke.
Bleibt zu hoffen, dass der Bundestag in seinen Beratungen Abhilfe schafft. Die laufenden Haushaltsverhandlungen bieten dafür mehr als genug Gelegenheit – wenn der politische Wille da ist.
Jan Kowalzig, Oxfam