Internationale Klimafinanzierung
Quo vadis, Klimafinanzierung aus Europa?
EU-Arbeitstreffen in Kopenhagen: Wie geht’s mit der Klimafinanzierung aus Europa weiter?
Niemand möchte, dass nach 2012 die Klimafinanzierung beendet wird – das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Vertreter aus Finanz- und Umweltministerien der 27 EU-Mitgliedsländer Ende Februar in Kopenhagen bei einem Arbeitstreffen zur Klimafinanzierung aus Europa verständigt haben. Immerhin.
Konkrete Ergebnisse hat der Workshop der dänischen EU-Ratspräsidentschaft ansonsten nicht gebracht – das war aber auch nicht seine Aufgabe. Die bestand eher im Austausch und in der Reflektion über die Finanzthemen der UN-Klimaverhandlungen, die über das Jahr 2012 in einem Arbeitsprogramm zur langfristigen finanziellen Unterstützung bei Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel in den Entwicklungsländern vorangebracht werden sollen.
Zum Beispiel die Frage, was nach 2012 geschehen soll, wenn der Zeitraum der Fast-Start-Zusage endet. Es würde zu einem herben Rückschlag für die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union, wenn nach 2012 die Klimafinanzierung aus Europa zurückginge. Das sahen auch die Teilnehmer des EU-Workshops so, zumindest einmal im Prinzip. Allerdings zeigen viele EU-Mitgliedsstaaten kaum Bereitschaft, konkret über die Ausgestaltung eines stetigen Aufwuchses der finanziellen Unterstützung bis 2020 nachzudenken, obwohl sie dem Vernehmen nach immerhin anerkennen, dass solch ein Aufwuchs spätestens 2015 klar zu erkennen sein muss. So nämlich könnte die EU den Entwicklungsländern demonstrieren, dass sie ihre Zusagen einhält. Damit ließen sich die Entwicklungsländer für die Verabschiedung eines neuen, umfassenden Klimaschutzabkommens – die nämlich für Ende 2015 anvisiert ist – ins Boot holen.
Für solch einen Aufwuchs sehen die meisten EU-Länder ihre knappen öffentlichen Kassen nicht gewappnet. Um so interessanter sind daher innovative Finanzierungsquellen. Die politisch zur Zeit vielversprechendste wäre ein globaler Mechanismus zur Eindämmung der stetig wachsenden Emissionen im internationalen Schiffsverkehr (diese Emissionen sind nicht Teil des Kyoto-Protokolls), der zugleich Milliarden an zusätzlichen Geldern für den Green Climate Fund zur Unterstützung der armen Länder einbringen könnte. Zwar sind sich die EU-Mitgliedsstaaten noch ziemlich uneins über das Für und Wider eines solchen Mechanismus – eine wichtige Erkenntnis des Workshops aber ist, dass ohne derartige innovative Quellen der Druck auf die öffentlichen Haushalte weiter steigt.
Das alles ist unbequem, denn es erfordert politischen Ehrgeiz, von dem in der Klimadebatte trotz der unveränderten Dringlichkeit zur Zeit nicht viel zu spüren ist. Insofern hat es sicher geholfen, dass sich die Teilnehmer des Workshops auch über die bereits laufenden und zum Teil beachtlichen Klimaschutzmaßnahmen in den Entwicklungsländern informierten – herrscht doch in den EU-Finanzministerien oft der Glaube, die Entwicklungsländer warteten, vereinfacht gesagt, untätig darauf, dass die reichen Länder ihnen den Klimaschutz weitgehend komplett bezahlen.
Gleichwohl hoffen klamme EU-Finanzminister sehr, den Hauptteil der Verantwortung auf den Privatsektor abzuwälzen. Wo Investitionen unsicher sind oder sich nicht rechnen, könnten knappe öffentliche Gelder eingesetzt werden, um private Mittel für Investitionen etwa bei den erneuerbaren Energien in Entwicklungsländern zu „hebeln“. Das ist oft vernünftig, solange die Investitionen mit den Entwicklungs- und Armutsbekämpfungsstrategien der Länder im Einklang stehen. In vielen Fällen sind die Möglichkeiten privaten Kapitals aber beschränkt – z.B. für den Schutz der tropischen Wälder, die wichtige Kohlenstoffspeicher sind, und ganz besonders bei Maßnahmen zur Anpassung an die klimatischen Veränderungen (etwa Hilfsprogramme für Kleinbauern in Afrika gegen zunehmende Dürren, Katastrophenvorsorge in Überschwemmungsgebieten in Asien oder die Entwicklung und Umsetzung nationaler Anpassungsstrategien in den ärmsten Ländern). Weil Maßnahmen in diesen Bereichen für den Privatsektor wenig rentabel sind, werden hier in erheblichem Maße direkte Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten der Geberländer erforderlich sein – daran führt kein Weg vorbei.
Umso erstaunlicher ist es, dass auf dem EU-Workshop über den Green Climate Fund so gut wie kein Wort verloren wurde – soll er doch zentrales Vehikel der internationalen finanziellen Unterstützung der armen Länder bei der Bewältigung des Klimawandels werden. Ihn hatte die UN-Klimakonferenz Ende 2011 in Durban formal ins Leben gerufen. Vorerst bleibt der Fonds allerdings eine leere Hülle – Zusagen Deutschlands und der anderen Industrienationen für eine Erstausstattung des Fonds sind bisher nicht in Sicht. Vielleicht kommen sie zum Ende des Jahres auf der nächsten UN-Klimakonferenz. Abwarten.
Jan Kowalzig, Oxfam