Deutsche Klimafinanzierung / Transparenz / Umsetzung der Klimafinanzierung
Anpassung an den Klimawandel: Wie gut unterstützt Deutschland die Entwicklungsländer?
Der Klimawandel ist schon lange spürbar, worunter besonders Entwicklungsländer leiden. Eine Anpassung an die Veränderungen kann den betroffenen Ländern helfen, doch sie brauchen dafür finanzielle Unterstützung. Deutschland hat als einer der größten internationalen Geber hier eine besondere Verantwortung – und deutlichen Verbesserungsbedarf, wie eine Analyse der deutschen Anpassungsfinanzierung von www.deutscheklimafinanzierung.de in Kooperation mit CARE International zeigt.
Starkregen, Überschwemmungen, Dürren und Stürme werden heftiger und häufiger, und der steigende Meeresspiegel droht ganze Inselstaaten im Pazifik auszulöschen. Wo auch immer die Wetterextreme zuschlagen, sie treffen die ärmsten Bevölkerungsschichten besonders hart. Der Klimawandel schadet damit denjenigen am meisten, die am wenigsten für ihn verantwortlich sind.
Deshalb haben die UN-Klimarahmenkonvention und das Pariser Abkommen die Finanzierung der Klima-Anpassung zur zentralen Aufgabe erklärt. Jetzt gilt es kritisch zu prüfen, in welchem Umfang Deutschland solche Anpassungsmaßnahmen tatsächlich fördert und inwieweit die finanzierten Projekte internationalen Maßstäben für eine gute Anpassungspraxis genügen.
Die Analyse untersucht zwei Dimensionen, entsprechend der internationalen Diskussion:
- den Umfang der deutschen Anpassungsfinanzierung und
- die Qualität der geförderten Projekte
Gegenstand der Untersuchung sind die bilateralen Projekte, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und das Bundesministerium für Umwelt (BMUB) für die Jahre 2013 bis 2015 als Klimafinanzierung im Bereich Anpassung gemeldet haben. Dafür hat die Studie die Projektbeschreibungen analysiert, die öffentlich zugänglich waren auf den Internetseiten der Ministerien und der durchführenden Organisationen. Zum Zeitpunkt der Analyse war das für gut die Hälfte der Projekte der Fall.
Deutsche Anpassungsfinanzierung überbewertet
Um zu berechnen, wie hoch die deutsche Anpassungsfinanzierung ist, nutzen die Ministerien die Rio-Marker der OECD. Sie sollen anzeigen, ob ein Vorhaben Anpassung als Haupt- oder Nebenziel verfolgt. Die Bundesregierung rechnet Projekte mit Anpassung als Hauptziel vollständig auf die Anpassungsfinanzierung an und Projekte mit Anpassung als Nebenziel zur Hälfte. Die Anwendung der Rio-Marker zur Berechnung der Klimafinanzierung ist aber umstritten, denn bisher führen der Interpretationsspielraum und Fehler bei der Vergabe immer wieder zur Überbewertung der Summen, die als Anpassungsfinanzierung gezählt werden. Die OECD empfiehlt daher den sogenannten 3 step approach, nach dem bei einem Anpassungsprojekt in der Projektbeschreibung erkennbar sein muss, dass das Projekt oder eine Komponente:
- die Risiken des Klimawandels mit einbezieht,
- Anpassung unter den Projektzielen nennt und
- darauf abzielt, die identifizierten Risiken und Verwundbarkeiten zu verringern.
Auf dieser Basis kommt die Analyse zu der Schlussfolgerung, dass Deutschland seine Anpassungsfinanzierung überbewertet. Zwar nimmt der Anteil der Anpassungsprojekte von 2013 bis 2015 kontinuierlich zu. Aber für zwei Drittel der untersuchten Projekte ist Anpassung weder als Haupt- noch als Nebenziel auszumachen. Insbesondere bei Projekten aus den Sektoren Wasser, Landwirtschaft und Biodiversität gibt es viele Projekte, die von den Bundesministerien mindestens zur Hälfte als Anpassungsmaßnahmen gezählt werden, ohne dass dies in den Projektbeschreibungen nachvollziehbar ist.
Gute Anpassungspraxis besser verankern
Genauso wichtig wie die Frage, wie viel Geld in die Unterstützung von Anpassung in Entwicklungsländer fließt, ist die Frage, was genau die Bundesministerien damit finanzieren – und was sie finanzieren sollten. Hierzu hat die Analyse insgesamt neun Kriterien für gute Anpassungspraxis definiert:
- den Fokus auf besonders verwundbare Länder
- den Fokus auf schutzbedürftige Gruppen
- die Durchführung von Risiko- und Kapazitätsanalysen
- die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und lokaler Bevölkerung
- den Beitrag zur Integration von Anpassung in nationale Politik und Entwicklungspläne
- die Rolle von Kapazitätsaufbau
- die Verankerung von Gender
- einen menschenrechtlicher Bezugsrahmen
- den Einbezug lokalen/ indigenen Wissens
Sie orientieren sich an den internationalen Vorgaben im Cancún Adaptation Framework und im Pariser Klima-Abkommen, aber auch an den von der Zivilgesellschaft 2015 formulierten Joint Principles for Adaptation. Diese Kriterien stellen wichtige Leitlinien dar, damit das Geld auch dort ankommt, wo es am nötigsten gebraucht wird, und die Anpassung an den Klimawandel mit anderen Entwicklungsbelangen verknüpft wird.
Die Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel ist ein zentrales Kriterium bei Anpassungsmaßnahmen und bezieht sich sowohl auf die Länder, in die Gelder fließen, als auch auf die Zielgruppen der Projekte. Die Ministerien schlagen bei den untersuchten Projekten 2,1 Milliarden Euro der Klima-Anpassung zu, davon sollen 760 Millionen Euro in die Anpassung besonders verwundbarer Länder fließen. (Das sind die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs), die kleinen Inselstaaten (SIDS) und die afrikanischen Länder.) Doch die Analyse deckt auf, dass nachweislich nur 143 Millionen Euro für Anpassung in diesen Ländern vorgesehen sind, und extrapoliert schätzungsweise 280 Millionen Euro. Die Hilfsmittel verteilen sich auf knapp 18 Prozent der Projekte.
Bei der Unterstützung besonders verwundbarer Bevölkerungsgruppen sieht es ähnlich aus. Nur rund 14 Prozent der untersuchten Projekte geben besonders schutzbedürftige Gruppen als Zielgruppe an. Das können kleinbäuerliche Familien sein, indigene Völker, Slumbewohner, benachteiligte Minderheiten, Frauen, Kinder oder Menschen mit Behinderung. Die deutsche Anpassungsfinanzierung hat also noch Nachholbedarf, was die Ausrichtung auf besonders vulnerable Länder und Gruppen angeht.
Auch die Betrachtung der weiteren Kriterien zeigt, dass sie zu selten Teil der Anpassungsprojekte sind. Nur bei elf Prozent der untersuchten Projekte finden sich Hinweise darauf, dass Risiko- und Vulnerabilitätsanalysen durchgeführt werden, die aber ein wesentliches Element für die Beurteilung klimabedingter Risiken und möglicher Schutzmaßnahmen sind. Ähnlich schlecht sieht es bei der Beteiligung zivilgesellschaftlicher Gruppen und der lokalen Bevölkerung aus. Nur die Integration von Anpassung in die staatliche Politik ist angemessen verankert. Die deutsche Anpassungsfinanzierung ist also bisher nicht konsequent an den vom Pariser Abkommen und dem CAF aufgestellten Prinzipien für eine gute Anpassungspraxis ausgerichtet.
Empfehlungen
Die Ergebnisse der Analyse legen drei Empfehlungen nahe:
- Die pauschale Anrechnung von Projekten auf Basis der Rio-Marker sollte durch eine genauere Beurteilung des Umfangs der Finanzierung der jeweiligen Projektkomponenten ersetzt werden. Wenn die Bundesministerien weiter auf Basis der Rio-Marker über die Anpassungsfinanzierung berichten möchten, dann sollten sie den von der OECD empfohlene 3 step approach nutzen und auch in den öffentlichen Projektbeschreibungen darstellen.
- Die deutsche Anpassungsfinanzierung sollte konsequent an den Prinzipien des Pariser Abkommens und des Cancún Adaptation Framework (CAF) ausgerichtet werden. Insbesondere sollte sie Länder und Bevölkerungsgruppen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, besser unterstützen und den menschenrechtsbasierten Ansatz für Anpassungsmaßnahmen stärker nutzen.
- Die Bundesministerien sollten für die Anpassungsfinanzierung eine kohärente Strategie entwickeln, die die jeweiligen Besonderheiten der Finanzierungsinstrumente berücksichtigt. Sie sollte sowohl die gezielte Förderung spezieller Anpassungsmaßnahmen zum Ziel haben als auch eine breite Verankerung der Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsprojekten.
Christine Lottje
Weiterlesen: Die vollständige Analyse findet sich hier: „Anpassung an den Klimawandel: Wie gut unterstützt Deutschland die Entwicklungsländer?„