Deutsche Klimafinanzierung / Internationale Klimafinanzierung
Klimafinanzierung: Baustellen bis Paris
Die Verhandlungen um ein neues, umfassendes Abkommen gegen den Klimawandel begeben sich nächste Woche sozusagen auf die Zielgerade. Die Zwischenkonferenz in Genf ist die letzte Runde, bevor im Mai ein erster Entwurf für den neuen Klima-Vertrag vorgelegt wird. Bis zur UN-Weltklimakonferenz Ende des Jahres in Paris wird dann an dem Vertragstext herumgefeilt werden.
Über wesentliche Bausteine des Vertrags besteht noch große Uneinigkeit. Darunter, wen wundert es, nicht nur die Frage, wie sich sicherstellen lässt, das jedes Land einen fairen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten wird. Auch die Klimafinanzierung, also einerseits die finanzielle Unterstützung für die armen Länder im Kampf gegen den Klimawandel, andererseits die Mobilisierung privater Investition weg von fossilen Energien hin zu den Erneuerbaren, ist eines der eher schwierigen Themen.
Lima: Nullrunde für die Klimafinanzierung
Die letzte UN-Weltklimakonferenz (in Lima) hat uns nicht weiter gebracht. Zwar hatten vor und während der Konferenz viele Geberländer (darunter Deutschland) teilweise bemerkenswerte Zusagen an den Green Climate Fund für die kommenden Jahre geleistet. Gleichzeitig aber weigerten sich die Industrieländer konsequent, verbindlichere Aussagen zu machen, wie sie die übergeordnete, längerfristige Zusage erfüllen wollen, die Klimafinanzierung bis 2020 auf mindestens 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr zu steigern. Auch bei den Diskussionen um das das neue Abkommen haben die Industrieländer konsequent alle Vorschläge zurückgewiesen, die Unterstützungsverpflichtungen der reichen Länder auch im neuen Abkommen, also für die Zeit nach 2020, verankern könnten.
Ausgerechnet die Europäische Union, bei den Verhandlungen oft unter den positiv wirkenden Akteuren, hat hier einiges vertan. Wie die Erfahrung zeigt, hängt der europäische Einfluss bei den Klimaverhandlungen maßgeblich davon ab, wie sehr es der EU gelingt, strategische Allianzen zu schmieden, um etwa von China oder den USA Zugeständnisse zu erzielen. Für solche Allianzen eignen sich insbesondere die kleinen Inselstaaten, die ärmeren Entwicklungsländer (insbesondere in Afrika) oder die oft konstruktiv agierenden lateinamerikanischen Länder wie Costa Rica oder Kolumbien geradezu anbieten – denn was den Klimaschutz angeht, haben diese Ländergruppen ähnliche Interessen wie die EU. Gleichzeitig sind für diese Länder Themen wie die Klimafinanzierung oder auch die Anpassung an den Klimawandel von großer Bedeutung. In Lima aber zeigte die EU kaum Bereitschaft, ernsthaft über diese Themen zu sprechen und wies (wie die übrigen Industrieländer auch) jegliche Forderungen und Vorschläge der armen Länder zurück. Allianzen lassen sich so natürlich nicht bauen.
Die ablehnende Haltung der Industrieländer ist nicht nur wegen der Auswirkungen auf das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen den reichen und armen Ländern problematisch, sondern auch, weil die Unterstützung letztlich Teil der fairen Beiträge der Industrieländer und damit wesentlich für das feine Ausbalancieren des neuen Abkommens mit darin einzugehenden Verpflichtungen der Länder sein wird.
Baustellen der Klimafinanzierung bis Paris
Immerhin ist unstrittig, dass der Erfolg von Paris wesentlich davon abhängen wird, ob die Industrieländer rechtzeitig zur Konferenz belegen können, dass sie auf gutem Wege sind, das 100-Milliarden-Versprechen zu erfüllen. Dazu gehört nicht nur eine solide Ausstattung für den Green Climate Fund (die es inzwischen ja gibt) und der Beleg, dass die jährlich bereitgestellten Mittel in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind (was in vielen Länder derzeit noch schwer darzustellen ist). Außerdem werden die Industrieländer einen Aufwuchsplan für die finanzielle Unterstützung bis 2020 insgesamt vorlegen müssen, einschließlich steigender Mittel aus den öffentlichen Haushalten, kreativen Ideen für die Erschließung neuer, alternativer Finanzierungsquellen oder die Einrichtung innovativer Instrumente, um im Bereich Emissionsminderung mehr private Mittel zu mobilisieren.
Nicht minder wichtig ist die Frage, wie die Entwicklungsländer in der Zeit nach 2020, also durch entsprechende Vorkehrungen, Zusagen und Verpflichtungen im neuen Abkommen ausreichend und fair unterstützt werden können. Zwar betonen die Industrieländer, dass sie auch nach 2020 den armen Ländern weiter finanziell unter die Arme greifen wollen. Gleichzeitig aber blockieren die Industrieländer alle Vorschläge über konkrete Verpflichtungen im neuen Abkommen, unter anderem mit dem Argument, dass mehrjährige finanzielle Verpflichtungen schon haushaltsrechtlich nicht möglich sind.
Dabei gibt es durchaus Ideen, um derartige Probleme zu umgehen. Möglich wäre beispielsweise, globale längerfristige Ziele zur Unterstützung zu vereinbaren, die noch keine quantifizierten Verpflichtungen für einzelne Länder enthalten. Solche Ziele könnten regelmäßig (etwa alle fünf Jahre) überprüft und angepasst, außerdem getrennt für Emissionsminderung und Anpassung an die klimatischen Veränderungen festgelegt werden. Letzteres bietet sich an, weil im Bereich Emissionsminderung neben öffentlichen Mitteln auch die Mobilisierung privater Mittel eine große Rolle spielt, während es bei Anpassungsmaßnahmen in den wichtigen Bereichen wie Nahrungsmittelproduktion, Wasserversorgung oder Risiko- und Katastrophenvorsorge eher auf öffentliche Mittel ankommen wird. Solche globalen Ziele könnten durch kurzfristige Zusagen der Geberländer (etwa in Rhythmen von 2-3 Jahren, wie es bei der Fast-Start-Finanzierung 2010-2012 möglich war) ergänzt werden, deren Erfüllungsstand kontinuierlich mit den globalen Zielen angeglichen würde. Um die Klimafinanzierung auch bedarfsgerecht zu organisieren, könnte das neue Abkommen einen Mechanismus einrichten, der es den armen Ländern ermöglicht und sie darin unterstützt, periodisch Bedarfsanalysen anzufertigen. Sie würden Auskunft geben über die benötigten Volumina, aber auch über die erforderlichen Instrumente und Kanäle der Klimafinanzierung. Diese Bedarfsanalysen würden im Rahmen der Umsetzung des Pariser Abkommens immer wieder formal eingespeist, so dass die Staatengemeinschaft etwaige Lücken zwischen bereitgestellter Klimafinanzierung und dem tatsächlichen Bedarf auch formal angehen und etwa die Nachjustierung der globalen Ziele bedarfsgerecht vornehmen kann.
Übrigens geht es hier natürlich nicht nur um Mittel aus den öffentlichen Haushalten der Industrieländer, sondern insbesondere auch um die Mobilisierung privater Investitionen in den Entwicklungsländern. Zum Teil werden diese privaten Investitionen im Rahmen der Umsetzung der eigenen Klimaschutzbeiträge der Entwicklungsländer mobilisiert werden. Zusätzlich aber werden die Entwicklungsländer auch hier Unterstützung benötigen, etwa durch geeignete Instrumente auf internationaler Ebene und spezielle Programme der multilateralen und regionalen Entwicklungsbanken.
Und Deutschland?
Die Klimafinanzierung aus Deutschland gibt derzeit ein gemischtes Bild ab. Einerseits hat Deutschland als erstes Land eine angemessene Zusage an den Green Climate Fund geleistet (und damit auch andere Länder unter Zugzwang gesetzt). Andererseits kam es 2014 bei den bilateralen Mitteln der Klimafinanzierung zu drastischen Kürzungen, die die Bundesregierung zudem durch eine passende „Zählweise“ versteckt hatte (immerhin: 2015 sollen die Mittel wieder steigen). Neu ist ein Beschluss der Bundesregierung, nach dem mit den Mitteln der Entwicklungsfinanzierung keine Kohlekraftwerke mehr unterstützt werden sollen, um den Fokus stärker auf die erneuerbaren Energien zu legen. Allerdings vergibt die Bundesregierung nach wie vor Exportkredite und Bürgschaften für den Export von Kohletechnologie – hier müssen die Notwendigkeiten des weltweiten Klimaschutzes hinter den Interessen der deutschen Industrie zurücktreten. Andere Länder, darunter die USA, sind hier schon weiter.
Jan Kowalzig / Oxfam