Deutsche Klimafinanzierung

1:0 für den Finanzminister – Klima-Hilfen für arme Länder sinken

Klima-Hilfen aus Deutschland sinken drastisch, es wird auch weniger Unterstützung für die Anpassung an den Klimawandel geben © Annie Bungeroth/Oxfam

Klima-Hilfen aus Deutschland sinken drastisch, es wird auch weniger Unterstützung für die Anpassung an den Klimawandel geben © Annie Bungeroth/Oxfam

Jetzt ist es also beschlossen: 2014 wird die finanzielle Unterstützung für die armen Länder beim Kampf gegen den Klimawandel kräftig absinken. Wir hatten das kommen sehen – die Sparfüchse im Finanzministerium haben gewonnen, letzte Woche wurde der Bundeshaushalt 2014 vom Bundestag angenommen.

Darum geht’s: die Industrieländer hatten schon 2009 versprochen, die finanzielle Unterstützung für die armen Länder zur Bewältigung des Klimawandels auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben und erst letztes Jahr auf der Weltklimakonferenz in Warschau einem Beschluss zugestimmt, der sie ganz konkret dazu auffordert, die Klima-Hilfen in den kommenden Jahren kontinuierlich zu steigern.

In Deutschland waren über die letzten Jahre die Hilfen auch angestiegen. 2014 aber, so hat es jetzt der Bundestag beschlossen, kommen schwere Kürzungen. Zwar bleiben die Auszahlungen (für laufende Projekte) einigermaßen stabil. Aber: 2014 soll es deutlich weniger Zusagen für neue bilaterale Klima-Projekte geben als noch 2013. Wie stark die Mittel sinken werden, ist wegen unvollständiger Angaben der Bundesregierung nur abzuschätzen, aber die Größenordnung kann man mit einiger Sicherheit auf 250 bis 410 Mio. Euro (gegenüber 2013) beziffern, wie wir in unserer Analyse erklären. Dieses Geld fehlt dann den armen Ländern für die dringend nötigen Maßnahmen, um ihre Ernten vor dem Klimawandel zu schützen oder mehr Klimaschutz zu betreiben, als sie aus eigener Kraft leisten können. Für Deutschlands fairen Beitrag zum 100-Milliarden-Versprechen sind das keine sonderlich guten Nachrichten.

 

Bundesregierung streicht Kürzungen aus der Bilanz

Was tut die Bundesregierung? Sie streicht die unschönen Kürzungen aus der Bilanz, und schon lässt sich der Eindruck erwecken, sie fänden nicht statt; Umweltministerin  Barbara Hendricks ließ gar verkünden, 2014 gebe es 50 Mio. Euro mehr als 2013. Nanu? Um das zu verstehen, muss man zunächst wissen, dass die Bundesregierung einen Teil ihrer Klima-Hilfen in der Vergangenheit auch aus dem „Energie- und Klimafonds“ finanziert hat. Zwar stammt der größere Teil der Unterstützung aus den Etats des Entwicklungs- und des Umweltministeriums (d.h. aus dem regulären Bundeshaushalt), und auch dort gibt es 2014 einige Änderungen, die Sache mit den Kürzungen aber hängt mit dem „Energie- und Klimafonds“ zusammen. Schauen wir uns das doch einmal an:

Die Abbildung illustriert, wie hohe Zusagen 2011-2013 über den „Energie- und Klimafonds“ (EKF) für mehrjährige Klima-Projekte in den Folgejahren die Auszahlungen ansteigen lassen. Hohe Auszahlungen bedeuten also keine neuen oder wachsenden Mittel, sondern spiegeln nur die Umsetzung von früheren Zusagen wider.
* 2014 werden die Auszahlungen (zur Umsetzung gemachter Zusagen der Vorjahre) nicht mehr über den EKF geleistet, sondern über die Etats des Umwelt- und des Entwicklungsministeriums.

Die Abbildung zeigt (schematisch) die Klima-Hilfen der Bundesregierung, die sie über den „Energie- und Klimafonds“ (EKF) finanziert. Dargestellt sind einerseits die Zusagen, die die Bundesregierung an Partnerländer macht, wobei sie dabei in einem Jahr das Geld (für mehrjährige Klima-Projekte) verspricht und es dann in den Folgejahren auszahlt (während die Projekte umgesetzt werden). Diese Auszahlungen sind ebenfalls in der Abbildung enthalten.

Und hier kommt’s: 2014 sinkt das Volumen für neue Zusagen für bilaterale Klima-Projekte in Entwicklungsländern drastisch. Der Grund: Im EKF ist schon seit Jahren Ebbe, da er sich aus den Versteigerungserlösen im Emissionshandel speist und die Preise für die CO2-Zertifikate im Keller sind. Also hat die Bundesregierung jetzt die Reißleine gezogen – 2014 soll es über den EKF überhaupt keine neuen Zusagen mehr geben. Zudem werden ab 2014 die Auszahlungen (zur Umsetzung von früheren Zusagen) nicht mehr über den EKF, sondern über den regulären Bundeshaushalt geleistet. Neben den Mitteln für diese Auszahlungen finden sich in den EKF-„Nachfolgetiteln“ im Bundeshaushalt auch Vorkehrungen für neue Zusagen (der kleine dunkle 2014er-Balken in unserer Abbildung), die aber bei weitem nicht das Niveau der EKF-Zusagen der Vorjahre erreichen.

Kürzungen oder nicht? Wer hat Recht?

Man kann sich schon denken, wie der Hase jetzt läuft: die Bundesregierung zählt nicht die Zusagen, sondern die Auszahlungen, wir zählen die Zusagen. Wer hat Recht? Wir. Denn: Man kann sich zwar trefflich über die Zählweise zanken und sich dabei in viele technische Details verstricken. Das aber ändert nichts daran, dass es die Zusagen eines Jahres sind, die darüber Auskunft geben, was die Bundesregierung 2014 in Bewegung setzt. Sinken die Zusagen, bleiben in dem betreffenden Jahr die Auszahlungen vielleicht zunächst stabil – sie müssen es geradezu, denn sie dienen der Erfüllung von Zusagen aus den Vorjahren. Spätestens ab 2015 sinken dann aber auch die Auszahlungen, wenn nicht durch neue Zusagen (und in der Folge dann wieder wachsende Auszahlungen) gegengesteuert wird.

Die Bundesregierung macht sich nun zunutze, dass wegen relativ hoher Zusagen über den EKF in den letzten Jahren auch 2014 die Auszahlungen auf hohem Niveau verbleiben, weswegen (nach der Zählweise der Bundesregierung) die Klimafinanzierung auf hohem Niveau zu verbleiben scheint. Das führt aber nicht daran vorbei, dass, Zählweise hin oder her, im Bundeshaushalt 2014 die Zusagen drastisch sinken und damit in Wahrheit schwere Kürzungen verankert werden – man kann diese Kürzungen über die Wahl der Zählweise sichtbar oder unsichtbar machen; Kürzungen bleiben es dennoch.

Rettet der Green Climate Fund die Bilanz?

Der verabschiedete Bundeshaushalt 2014 enthält nun auch die notwendigen Vorkehrungen, damit die Bundesregierung eine verbindliche Zusage an den neuen Green Climate Fund (GCF) machen kann. Dieser neue Fonds soll die Entwicklungsländer bei Klimaschtuz und Anpassung in weitaus größerem Umfang unterstützen als die schon existierenden anderen Klima-Fonds. In den Regierungsentwürfen für den Haushalt 2014 fehlte diese Absicherung zunächst. Seit letztem Freitag kann die Bundesregierung nun dem GCF bis zu 750 Mio. Euro für die kommenden Jahre in Aussicht stellen. Das ist ein wichtiger Erfolg – Deutschland kann damit nun ein Signal auch an die übrigen Geberländer senden.

Eine derartige Zusage an den GCF verbessert allerdings nicht die Bilanz für die Klimafinanzierung 2014 – einfach deswegen, weil Beiträge an multilaterale Klima-Fonds immer in den Jahren gezählt werden, in dem die Einzahlungen erfolgen. Die erste solche Einzahlung soll aber erst 2015 erfolgen. Die von uns kritisierten Kürzungen bleiben also bestehen, so richtig und wichtig eine Zusage an den Green Climate Fund noch in diesem Jahr ist.

Schlechte Voraussetzungen für UN-Klimaverhandlungen

2015 soll auf dem UN-Weltklimagipfel in Paris ein neues, umfassendes Abkommen gegen den Klimawandel unterzeichnet werden, in dem dann auch die Entwicklungsländer zu mehr Klimaschutz verpflichtet werden sollen. Es ist ziemlich absehbar, dass die Entwicklungsländer auf die Barrikaden gehen werden, wenn sich Ende 2015 herausstellt, dass die Industrieländer keine Fortschritte bei ihren Versprechen hinsichtlich der finanziellen Unterstützung beim Klimaschutz und der Anpassung an die Folgen des Klimawandels vorweisen können. Danach sieht es derzeit aus – einige Länder (wie etwa Australien oder Kanada) haben schon letztes Jahr ihre Unterstützung deutlich zurückgefahren. Deutschland hingegen gehörte bisher zu den eher verlässlicheren Kollegen und ist bei der Klimafinanzierung übrigens auch einer der größten (allerdings auch einer der reichsten) Geber. Ab jetzt dann mit Abstrichen.

Jan Kowalzig / Oxfam

Weiterlesen: Rückwärtsgang trotz 100-Milliarden-Versprechen? 2014 kommen drastische Kürzungen bei der Klimafinanzierung aus Deutschland, Oxfam-Briefing, aktualisierte Version vom Juni 2014 [PDF, 9 Seiten]