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Regierungsbericht Klimafinanzierung 2023: Sinkende Mittel, Zusage 2025 in Gefahr

Nach dem jüngst in Brüssel eingereichten Bericht der Bundesregierung zur Klimafinanzierung sind 2023 die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung aus Deutschland deutlich gegenüber dem Vorjahr gesunken. Sie liegen nun wieder unter der anvisierten Zielmarke von jährlich mindestens sechs Milliarden Euro. Für 2025 droht nun ernsthaft Ungemach, denn die von der Regierung geplanten Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums machen ein Halten des 6-Milliarden-Versprechens sehr unwahrscheinlich. Üble Aussichten kurz vor der diesjährigen UN-Weltklimakonferenz COP29.

Abb. 1: Aufschlüsselung Klimafinanzierung 2023
Abb. 1: Aufschlüsselung Klimafinanzierung 2023

Die Darstellung zeigt die öffentliche Klimafinanzierung des Jahres 2023, aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Verwendungsbereichen. Die grünen oder grünschraffierten Felder zeigen öffentliche Mittel aus dem Bundeshaushalt. Das orangene Feld zeigt auf dem Kapitalmarkt mobilisierte Mittel v.a. für Kredite von KfW und DEG.

Jeweils Ende September berichtet die Bundesregierung ihre Zahlen zur Klimafinanzierung für das jeweilige Vorjahr nach Brüssel. Demnach summierten sich 2023 die zur finanziellen Unterstützung einkommensschwacher Länder beim Klimaschutz und für die Anpassung an die klimatischen Veränderungen eingesetzten Haushaltsmittel des Bundes auf rund 5,7 Mrd. Euro, deutlich weniger als die für 2022 vermeldeten rund 6,4 Mrd. Euro. Das Absinken 2023 kam nicht überraschend, denn 2022 ergaben sich die hohen Summen zumindest teilweise aus mehrerer Einmaleffekten, von denen ein Jahr später die Klimafinanzierung nicht mehr profitieren konnte.

Neben dem Absinken der Haushaltsmittel gab es ein Plus bei den von der KfW auf dem Kapitalmarkt mobilisierte Mittel vor allem für öffentliche Kredite (für die es oft nur geringe oder gar keine Haushaltsmittel benötigt, um etwa die Zinsen für die Empfängerländer zu subventionieren). Hier kamen rund 3,8 Mrd. Euro zusammen. Die öffentliche Klimafinanzierung aus Deutschland erreichte 2023 damit rund 9,5 Mrd. €. Rechnet man zudem die privaten Mittel hinzu, die die Bundesregierung zusätzlich mobilisiert zu haben für sich beansprucht, ergibt sich ein Gesamtniveau von fast 10 Mrd. € als Deutschlands Beitrag für 2023 zum 100-Milliarden-Versprechen der Industrieländer. Da entspricht dem Niveau von 2022. Die gestiegenen Kredite haben also in der Summe das Absinken der eingesetzten Haushaltsmittel kompensiert.

Abb. 2: Klimafinanzierung 2017-2025
Abb. 2: Klimafinanzierung 2017-2025

Beziffert sind jeweils in blau die Haushaltsmittel (inkl. Zuschussäquivalente von vergünstigten Krediten) und in schwarz die öffentlichen Mittel insgesamt (d.h. inkl. der Kredite). Die grünen bzw. grün schraffierten Balkenflächen zeigen diverse Posten der Haushaltsmittel an, etwa für bilaterale Zuschüsse oder Einzahlungen in multilaterale Fonds. Die orangenen Balkenflächen geben von KfW/DEG auf dem Kapitalmarkt mobilisierte Mittel wieder, aus denen der Großteil der Darlehen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt wird. Spätestens 2025 sollen die Haushaltsmittel (plus Zuschussäquivalente) für die Klimafinanzierung bei jährlich mindestens sechs Milliarden Euro liegen, mobilisierte Mittel sind nicht Teil der Zusage. Das für 2025 versprochene Niveau wurde 2022 zwar bereits erreicht, 2023 aber wieder unterschritten. Aus Oxfam-Sicht wären für 2025 mindestens acht Milliarden Euro angemessener gewesen.

Sinkende Mittel für die Anpassung an den Klimawandel

Neben den eingesetzten Mitteln insgesamt sind 2023 auch die Mittel speziell für die Anpassung an die klimatischen Veränderungen gesunken – von rund 2,8 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf rund 2,4 Mrd. Euro 2023. Womöglich liegen die tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel noch darunter, denn die Bundesregierung betrachtet hier nicht nur die spezifisch der Anpassung zugeordneten Mittel, sondern addiert auch die Hälfte der Mittel hinzu, die als übergreifend sowohl dem Klimaschutz als auch der Anpassung dienend klassifiziert wurden. Das ist insofern teilweise eine fragwürdige Annahme, als dass in dieser Kategorie auch zahlreiche Programme zu finden sind, deren Klimarelevanz oftmals nur vage erkennbar ist und die sich zum Beispiel eher dem allgemeinen Umweltschutz zurechnen lassen.

Abb. 3 schafft hier Klarheit. Demnach diente rund ein Viertel der eingesetzten Haushaltsmittel dem Bereich Anpassung. Bezogen auf die gesamte Klimafinanzierung (d.h. inklusive der über Marktmittel erzeugten Kredite der KfW) liegt der Anteil bei weniger als einem Fünftel. Von einer Balance zwischen Anpassung und Minderung, wie es international vereinbart wurde, ist die Bundesregierung weit entfernt.

Abb. 3: Aufteilung nach Minderung und Anpassung 2023
Abb. 3: Aufteilung nach Minderung und Anpassung 2023

Die Aussage des BMZ, eine Balance bei der Verteilung der Mittel erreicht zu haben, bezieht sich auf die im linken Diagramm dargestellten Haushaltsmittel (plus Zuschussäquivalente), die nur einen Teilbereich der Klimafinanzierung aus Deutschland ausmachen. Richtig ist: Nur rund 18 Prozent der gesamten Klimafinanzierung (rechte Seite) gehen dezidiert in den Bereich Anpassung; in welchem Umfang der Bereich „Übergreifend“ auch zur Anpassung beiträgt, ist nicht bemessen.

Die Entwicklung der Mittel für den Bereich Anpassung ist auch insofern bedenklich, als dass sich 2021 die Industrieländer dem Ziel verpflichtet hatten, die gemeinsamen jährlichen Klima-Hilfen für den Bereich Anpassung bis 2025 gegenüber 2019 zu verdoppeln. Um zu diesem Ziel beizutragen, müsste Deutschland nun die eigenen Anpassungsgelder ebenfalls mindestens verdoppeln, so dass die Haushaltsmittel zur Unterstützung von Anpassung bis 2025 ein Niveau von jährlich mindestens 3,5 Mrd. Euro erreichen (vgl. Abb. 4). Über die letzten Jahre sind hier die Gelder auch angestiegen, 2023 aber nun gesunken. Mit Blick auf die nun geplanten Kürzungen für 2025 (vgl. unten) könnte sich dies auch nächstes Jahr fortsetzen.

Abb. 4: Öffentliche Klimafinanzierung für Anpassung 2019-2025
Abb. 4: Öffentliche Klimafinanzierung für Anpassung 2019-2025

Dargestellt ist die Entwicklung der Haushaltsmittel (inklusive Zuschussäquivalente von Entwicklungskrediten) für den Bereich Anpassung an den Klimawandel. Gemäß der Logik der Bundesregierung wird für die grüne Linie angenommen, dass 50% der Mittel mit übergreifender Ausrichtung ebenfalls der Anpassung dienlich seien. Für 2025 ist angezeigt, wohin sich die deutschen Mittel für die Anpassung entwickeln müssten, wenn Deutschland zu dem auf der COP26 gesetzten Ziel, die Klima-Hilfen für Anpassung bis 2025 gegenüber 2019 insgesamt zu verdoppeln, durch eine Verdoppelung der Anpassungsgelder aus Deutschland beitragen würde.

Weiterhin viele Kredite in der Klimafinanzierung

42 Prozent der bilateralen Klimafinanzierung 2023 kam in Form von Zuschüssen bei den Empfängerländern an. Das ist gegenüber 2022 (48 Prozent) und 2021 (47 Prozent) eine Verschlechterung. Mehr als die Hälfte der Klimafinanzierung stellt die Bundesregierung über Klima-Kredite und in Form ähnlicher Instrumente bereit (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Klimafinanzierung 2023 nach Instrumenten
Abb. 5: Klimafinanzierung 2023 nach Instrumenten

* Inklusive kleinerer Beträge in Form von Equity und anderen Instrumenten. | Dargestellt sind nur die bilateralen öffentlichen Mittel. Beiträge an multilaterale Klimafonds und an die multilateralen Entwicklungsbanken leistet Deutschland üblicherweise (wenn auch mit Ausnahmen) in Form von Zuschüssen. Diese Institutionen (insbesondere die Entwicklungsbanken) geben aber oft auch Kredite aus. In der Darstellung auch die multilateralen Beiträge Deutschlands einfach als Zuschüsse zu berücksichtigen, würde also das Bild verzerren.

Klima-Kredite können ein passables Instrument sein, wenn die darüber finanzierten Projekte finanziell so erfolgreich sind, dass aus späteren Erträgen die Kredite zurückgezahlt werden können; allerdings ist das nicht immer und insbesondere bei der Anpassung an den Klimawandel generell eher nicht der Fall. Empfängerländer, von denen viele kaum oder gar nicht zur Klimakrise beigetragen haben, bezahlen die finanzierten Programme und Projekte letztlich zum erheblichen Teil also selbst, nämlich wenn sie die Kredite zurückzahlen. Das steht eklatant im Widerspruch zu den Prinzipien der Klimagerechtigkeit und kann die Schuldenlast für Länder weiter erhöhen, zumal ihr finanzieller Spielraum auch wegen anderer Krisen (darunter die Nachwirkungen der Corona-Pandemie oder der sich verschlimmernde Klimawandel) stark beeinträchtigt sein kann.

Lackmustest COP29: 6-Milliarden-Versprechen nicht zu halten

Noch vor einem Jahr gab sich die Bundesregierung zuversichtlich, ihr Ziel erreichen zu können, die Mittel bis spätestens 2025 auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro anzuheben. Seither ist es etwas stiller geworden. Der Grund: Für 2025 sind neue Kürzungen im Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorgesehen, die es unmöglich machen könnten, das Versprechen auch einhalten zu können. Öffentlich äußern tut sich die Bundesregierung derzeit nicht, aber wenn man die Verhältnisse zwischen Klima-Geldern und der übrigen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit in den relevanten Titeln des Bundeshaushalts der letzten Jahre auf den Haushaltsentwurf für 2025 überträgt, ergeben sich knapp unter fünf Milliarden Euro.

Damit stünde die Bundesregierung blamiert da – und mit dieser Botschaft im Gepäck müsste sie zu der kommenden UN-Weltklimakonferenz COP29 anreisen. Dass ausgerechnet Deutschland, das bei der Klimafinanzierung üblicherweise als verlässlicher Partner gilt, nun die eigene Zusage möglicherweise nicht halten können wird, dürfte für die mühsam errichteten Vertrauensbasis zwischen Industrieländer und einkommensschwachen Ländern nicht gerade förderlich wirken. Für die COP29 ist das auch deswegen ein Problem, weil dort ein neues Globalziel für die Klimafinanzierung für die Zeit nach 2025 beschlossen werden soll, dass auf dem bisherigen 100-Milliarden-Ziel aufbaut. Deutschland und die übrigen Industrieländer wollen dafür die Gruppe der Geberländer erweitern – u.a. um China und die reichen Golfstaaten. Da wirkt es wohl eher nicht sonderlich überzeugend, wenn die Industrieländer (hier: Deutschland) ihre bisherigen Zusagen, die hinsichtlich der Bedarfe in den einkommensschwachen Ländern und aus dem Blickwinkel der Klimagerechtigkeit als eher moderat einzustufen sind, nicht erfüllen.

Nächste Schritte für die Bundesregierung

Die Bundesregierung sollte im laufenden Verfahren für die Aufstellung des Bundeshaushalts 2025 die geplanten Kürzungen im BMZ-Etat zurücknehmen und sicherstellen, dass die jährlichen Mittel für die Klimafinanzierung spürbar angehoben werden, um sich verlässlich auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro anzunähern.

Darüber hinaus sollte sie die Zusage selbst aufstocken – und für die kommenden Jahre jährlich mindestens acht Milliarden Euro an Haushaltsmitteln für die Klimafinanzierung anvisieren. Das wäre angesichts der zunehmenden Belastungen durch die Klimakrise in den ärmeren Ländern und auch hinsichtlich der Wirtschaftskraft Deutschlands ein angemesseneres Ziel.

Die Bundesregierung sollte unbedingt den Anteil der Mittel für die Anpassung an die klimatischen Veränderungen erhöhen. Echte Ausgewogenheit (wie international vereinbart) ist erst mit einer hälftigen Aufteilung der gesamten Mittel (d.h. nicht nur der Haushaltsmittel) zwischen Emissionsminderung und Anpassung erreicht.

Künftige Steigerungen der Klimafinanzierung aus Deutschland sollten sich vor allem auf die Bereitstellung von Zuschüssen konzentrieren, um die Schuldenlast in den ärmeren Ländern nicht weiter zu verschärfen. Das erfordert entsprechend mehr Haushaltsmittel in den kommenden Jahren und weniger Verlass auf Marktmittel über die KfW.

Jan Kowalzig, Oxfam