Deutsche Klimafinanzierung / Zusagen

Bundestagswahl 2025: Was haben die Parteien zur Klimafinanzierung anzubieten?

Bundestag

Bundestagswahl 2025: Was haben die Parteien zur Klimafinanzierung zu bieten? Von deutlicher Steigerung bis deutlicher Reduzierung ist alles derin. Die Wähler:innen haben es in der Hand. Photo: Cezary Piwowarski, unter der CC BY-SA 3.0-Lizenz.

Eine der wichtigen Stellschrauben für die Bewältigung der globalen Klimakrise wird auch in Zukunft die Bereitschaft der reichen Länder sein, ihren Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen zur finanziellen Unterstützung der ärmeren Länder bei Klimaschutz und Anpassung an die klimatischen Veränderungen nachzukommen. Die nächste Bundesregierung wird dafür erstens vor der Aufgabe stehen, das deutsche Versprechen zu erfüllen, die Klimafinanzierung auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro anzuheben – so hatte es ursprünglich 2021 die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zugesagt, so war es von ihrem Nachfolger Olaf Scholz (SPD) bestätigt worden. Zweitens gilt es, die Unterstützung auch in den kommenden Jahren weiter auszubauen, wie bei der letzten UN-Weltklimakonferenz COP29 beschlossen. 

Es lohnt sich also ein Blick in die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2025. Was haben die Parteien zur Klimafinanzierung zu sagen? Wie stehen sie zur 6-Milliarden-Zusage? Wie sieht es mit dem übergeordneten Ziel, 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen? Welche Parteien erkennen den wachsenden Finanzbedarf für die Bewältigung von Verlusten und Schäden infolge der Klimakrise im Globalen Süden an? 

Im Wahlprogramm von CDU/CSU taucht zum Stichwort Klimafinanzierung nur der Allgemeinplatz auf, beim Klimaschutz würden andere Länder unterstützt. Die 6-Milliarden-Zusage wird nicht erwähnt, ebenso fehlt ein Bekenntnis zum 0,7%-Ziel der Entwicklungszusammenarbeit, die nach Vorstellungen der Partei in Zukunft insbesondere der Abwehr von Migration und ansonsten den Wirtschaftsinteressen Deutschlands dienen soll. Mit letzterem meinen CDU/CSU: Deutsche Unternehmen sollen deutlich stärker von der Entwicklungszusammenarbeit profitieren und sie am besten auch gleich selbst umsetzen. Solch ein engstirniger Betrachtungswinkel auf die deutsche Entwicklungszusammenarbeit klingt wie ein Abgesang auf bedarfsgerechte Unterstützung zur Bekämpfung von Armut und Hunger in der Welt und ignoriert die übergeordneten Interessen, die Deutschland an der weltweiten Bewältigung der Klimakrise eigentlich hat. Gewinnen CDU/CSU die Bundestagswahl und führen sie die nächste Regierung an, könnte damit mittelbar auch ein Wortbruch bei der Erfüllung der 6-Milliarden-Zusage einhergehen. 

Frischer kommt das Wahlprogramm von Bündnis 90 / Die Grünen daher. Dort findet sich ein Bekenntnis nicht nur zum 0,7%-Ziel, sondern auch zum 0,2%-Ziel für die am wenigsten entwickelten Länder und das Vorhaben, außerdem die Zusicherung, dass Deutschland seinen fairen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung leisten soll – und dafür nach den Vorstellungen der Grünen zusätzliche Gelder bereitgestellt würden. Dazu verfolgt die Partei auch Ansätze zur Generierung neuer Mittel, darunter eine globale Milliardärssteuer oder die Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten durch die deutschen Entwicklungsbanken. Zudem möchte die Partei darauf hinwirken, dass die multilateralen Entwicklungsbanken die Finanzierung fossiler Energieprojekte beenden und die Idee der debt-for-climate swaps weiterverfolgt wird, d.h. Ländern Schulden teilweise zu erlassen, wenn die dadurch freiwerdenden Mittel in den Klimaschutz im Land investiert werden. Besonderes Augenmerk richtet die Partei auf die Unterstützung besonders von der Klimakrise betroffener Länder, etwa Länder in Afrika oder die kleinen Inselstaaten. Auch wenn die 6-Milliarden-Zusage selbst nicht direkt erwähnt wird, lässt uns das Wahlprogramm der Grünen vermuten, dass bei einer Regierungsbeteiligung von Bündnis 90 / Die Grünen die Chancen steigen, dass Deutschland sein Versprechen halten wird. 

Auch die SPD steht nach ihrem Wahlprogramm zum 0,7-%-Ziel und möchte Deutschlands fairen Anteil an der Klimafinanzierung bereitstellen (ohne allerdings das 6-Milliarden-Ziel explizit zu erwähnen). Die Mittel sollen zur sozial-ökologischen Transformation beitragen und dabei die Bedürfnisse der Länder für deren wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigen, etwa über die derzeit umgesetzten Just Energy Transition Partnerships (JETPs) derzeit versucht wird. Zur Finanzierung dieser und anderer Aufgaben befürwortet auch die SPD eine globale Mindeststeuer für Milliardär:innen, um die Superreichen stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls, “insbesondere zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele sowie zur Klimafinanzierung” in die Verantwortung zu nehmen. Außerdem betont die SPD die Notwendigkeit einer Reform der internationalen Finanzarchitektur, um z.B. Investitionen in öffentliche Güter wie Bildung, Gesundheit und Klimaschutz zu verstärken. Das Wahlprogramm lässt also hoffen, dass eine Regierung mit Beteiligung der SPD die Klimafinanzierung aus Deutschland tatsächlich voranbringen könnte – allerdings wird es dafür mehr Ehrgeiz auch zur Umsetzung erfordern. Für den Bundeshaushalt 2025 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bis zum Bruch der Koalition erheblichen Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums zugestimmt, die das Einhalten der 6-Milliarden-Zusage unwahrscheinlich gemacht hätten. 

Deutlich ambitionierter äußert sich die LINKE in ihrem Wahlprogramm. Nicht nur fordert auch sie das Einhalten des 0,7%-Ziels, sondern auch möchte sie die Klimafinanzierung aus Deutschland an die tatsächlichen Bedarfe in den von der Klimakrise besonders betroffenen Ländern massiv erhöhen, auch zur Bewältigung von unvermeidlichen Klimafolgeschäden, und dies zusätzlich zu den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit. Sie bezeichnet die Beschlüsse der UN-Weltklimakonferenz COP29 zur Klimafinanzierung als unzureichend (das sind sie auch) und möchte auch die Kürzungen in den Etats der Entwicklungszusammenarbeit durch die Ampel-Koalition wieder umkehren. Die LINKE unterstützt zudem auch eine globale Mindeststeuer für Milliardär:innen (u.a. zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben), und sie ist die einzige Partei, die einen echten Schuldenschnitt für die besonders verschuldeten Länder in ihr Programm hineingeschrieben hat. Man darf wohl sagen, dass die LINKE die mit Abstand klimagerechtesten Positionen zur Klimafinanzierung vertritt. 

Anders die FDP. Das Wahlprogramm der FDP erwähnt weder die Klimafinanzierung noch das 0,7-%-Ziel der Entwicklungszusammenarbeit. Immerhin erkennt die FDP zumindest indirekt an, dass es nicht nur um die rein wirtschaftlichen Interessen Deutschlands geht, sondern auch um eine wertegeleitete Außenpolitik. Daraus ließe sich mit gutem Willen zwar das eine oder andere für die Klimafinanzierung ableiten, aber die unrühmliche Rolle der FDP bei der Kürzung der Etats der Entwicklungszusammenarbeit in der Ampel-Koalition und die explizite Forderung der FDP (vom Mai 2024), die deutsche Klimafinanzierung zusammenzustreichen, lassen erahnen, dass eine Regierungsbeteiligung der FDP weitere Rückschritte im Kampf gegen Armut, Hunger und die Klimakrise im Globalen Süden nach sich ziehen würde. 

Im Wahlprogramm vom BSW findet sich fast nichts zum Thema. Deutschland soll dazu beitragen, dass die Entwicklungszusammenarbeit und der weltweite Klimaschutz verstärkt werden. Damit lässt sich wenig anfangen, zumal sich der Satz im Kapitel zur Begrenzung von Migration findet. Nach einer Stimme für mehr und solidere Unterstützung für den Globalen Süden im Kampf gegen die Klimakrise sieht uns das nicht aus. 

Und die AfD? Sie steckt hinsichtlich der Rolle des Menschen bei der Verursachung der Klimakrise weiterhin den Kopf in den Sand und ignoriert, sicher vorsätzlich, den wissenschaftlichen Sachstand dazu. Zudem möchte sie die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit deutlich kürzen und aus dem Pariser Abkommen aussteigen. Das muss man klimapolitisch allgemein und hinsichtlich der Klimafinanzierung im Speziellen wohl als Totalausfall bezeichnen.

Und nun? 

Nur die LINKE nimmt überhaupt Bezug auf das Ergebnis zur Klimafinanzierung der letzten UN-Weltklimakonferenz COP29 in Baku (und fordert konsequent eine deutliche Steigerung der Unterstützung). Nach den derzeitigen Umfragen kann man eine Koalition unter Führung von CDU/CSU wohl als sehr wahrscheinlich bezeichnen. Ob sich die Union ehrgeizigem Klimaschutz im Geiste von Paris und einem Ausbau der Klimafinanzierung verpflichtet fühlen wird, bleibt abzuwarten. Denkbare Koalitionspartner sind derzeit SPD oder die Grünen. Beide haben sich noch letztes Jahr in der Ampel-Koalition die von der FDP geforderten Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums als alternativlos verkaufen lassen und sie zumindest (wenn auch teilweise zähneknirschend) mitgetragen. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass beide Parteien den weiteren Ausbau der Klimafinanzierung für prinzipiell richtig und notwendig halten – wie sehr sie dies in eventuellen Koalitionsverhandlungen fordern und durchsetzen werden, bleibt aber abzuwarten. So oder so dürfte die dringend benötigte Steigerung der Klimafinanzierung im Sinne der Beschlüsse der COP29 in Baku kein Selbstläufer werden; auf ein gewisses Maß an Kontinuität (mit allerdings womöglich nur mäßigem Ehrgeiz) darf man hoffen – umso mehr, je stärker progressive Stimmen im Bundestag vertreten sein werden, ob in Regierung oder Opposition.  

In jedem Falle gilt: Ob Deutschland den Weg globaler Partnerschaften mit fortschrittlichen Ländern weitergehen und seine Zusagen und Verpflichtungen nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Geiste des Pariser Abkommens und der Ergebnisse der COP29 erfüllen wird, wird sich nach der Regierungsbildung schnell zeigen, wenn als erstes der Bundeshaushalt 2025 verabschiedet wird. Die Wähler:innen haben es in der Hand. 

Jan Kowalzig, Oxfam