Kohlefinanzierung
KfW kohlefrei: Wann steigt die Bank bei den Klimakillern aus?
Neue Kohlekraftwerke bauen? Das geht eigentlich nicht mehr; sagt der UN-Wissenschaftsrat zum Klimawandel (IPCC), der in seinem jüngsten Bericht ziemlich unmissverständlich herausgestellt hat, dass eine Begrenzung des Klimawandels auf ein noch halbwegs beherrschbares Maß mittelfristig die komplette Abkehr von fossilen Energieträgern erfordert.
Mit öffentlichen Mitteln im Ausland Kohlekraftwerke bauen?
Für die KfW-Bankengruppe, sozusagen die Hausbank der Bundesregierung, gelten diese Botschaften des IPCC offenbar nicht so ganz. Während die Bank in Deutschland als Förderer der Energieeffizienz von Gebäuden oder von erneuerbaren Energien bekannt ist und ja auch eine wichtige Rolle bei der Klimafinanzierung aus Deutschland spielt, unterstützt die KfW den Warnrufen der Klimawissenschaftler zum Trotz nach wie vor auch den Klimakiller Kohle – als günstiger Kreditgeber etwa für Kohlekraftwerke im Ausland. Aktuell ist die KfW an mindestens elf neuen Kraftwerken in Ländern wie Griechenland, Südafrika, Thailand, Chile oder Indien beteiligt. Zwischen 2006 und 2013 hat die KfW nach eigenen Angaben 2,8 Mrd. Euro für die Finanzierung von Kohlekraft bereitgestellt.
Peanuts, sagt die KfW. 2,8 Mrd. Euro entsprächen nur einem halben Prozent der KfW-Investitionen im Klima- und Umweltbereich insgesamt. Unter den Tisch fällt dabei: Jedes neue Kohlekraftwerk ist eines zu viel, denn es wird über 40-60 Jahre die Treibhausgasbilanz des jeweiligen Landes verhageln. Oft soll zwar eigentlich ein neues (effizienteres) Kraftwerk ein altes (ineffizientes) ersetzen, später bleibt dieses alte Kraftwerk aber vielleicht doch am Netz. Hinzu kommen die erheblichen sozialen und ökologischen Probleme in den Abbaugebieten für Kohle – einschließlich Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen, wenn die Betreiber etwa von Tagebauen an die Braunkohle wollen.
Die KfW rechtfertigt ihre Finanzierungspraxis ansonsten noch damit, dass in vielen Ländern Kohle als Energieträger eine Rolle bei der Armutsbekämpfung spielen soll – etwa um für in Armut lebenden Menschen den Zugang zu Energie zu verbessern. Das, könnte man denken, wäre doch ein gutes Argument. Allerdings (wie gut beschrieben in einem neuen Hintergrundpapier von Brot für die Welt und Misereor) besteht das Problem in den Entwicklungsländern eigentlich eher nicht einfach nur darin, dass es keine Kraftwerke gibt, sondern dass der Strom die Menschen wegen fehlender Netze nicht erreicht, gerade in ländlichen Gebieten, wo der Bau neuer Leitungen zu teuer ist. Da hilft auch ein neues Kohlekraftwerk nicht: Keines der zwischen 2008 und 2010 durch die Weltbank finanzierten Kohlekraftwerke in Entwicklungsländern hat den Zugang zu Energie für die Menschen vor Ort nachhaltig verbessert, wie Oil Change International schon 2010 analysierte. Weitaus sinnvoller, ökologisch wie ökonomisch, ist in ländlichen Gebieten vielmehr eine netzunabhängige, dezentrale Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien, die ohne die kostspieligen Überlandleitungen auskommen und über die die Menschen vor Ort auch mitbestimmen können.
Die Bundesregierung prüft …
Weiß die KfW das nicht? Klar weiß sie das, und den IPCC-Bericht zum Klimawandel hat sie auch gelesen. Immerhin hat sich die Bundesregierung entschlossen, die Finanzierungskriterien für Kohlekraftwerke zu überprüfen. Das Ergebnis ist aber völlig offen, im Herbst wird entschieden. Wär ja schön, wenn die Bundesregierung spätestens zur UN-Weltklimakonferenz in Lima verkünden könnte: Deutschland schichtet seine Mittel um, ab jetzt nur noch erneuerbare Energien. Damit stünden dann auch wieder mehr Mittel für die finanzielle Unterstützung für die armen Länder im Kampf gegen den Klimawandel zur Verfügung – nachdem die Bundesregierung diese Gelder zuletzt drastisch gekürzt hatte.
Sicherlich hilft es, dass inzwischen die Weltbank und die Europäische Investitionsbank Kohlekraftwerke nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen finanzieren. Mehrere Länder, darunter Großbritannien, die USA, die Niederlande und die Länder Skandinaviens finanzieren darüber hinaus nahezu gar keine Kohlekraftwerke im Ausland mehr. Wird jetzt die KfW zum Rettungsanker der Kohleindustrie, im eklatanten Widerspruch zur deutschen Energiewende und zu den wissenschaftlich belegten Anforderungen des weltweiten Klimaschutzes? Wir wollen es nicht hoffen.
Weiterlesen: Kampagne der Klima-Allianz „KfW kohlefrei!“
Jan Kowalzig / Oxfam