Internationale Klimafinanzierung / NCQG

COP30: Zeigt die Baku-Belém Roadmap der globalen Klimafinanzierung den richtigen Weg?

Photo: Markus Spiske, Lizenz: Public Domain

Die Entwicklung des Fahrplans (die sogenannte Roadmap) ist eine gemeinsame Initiative der scheidenden aserbaidschanischen COP29-Präsidentschaft und der neuen brasilianischen COP30-Präsidentschaft. Die Roadmap, die auf der COP30 vorgestellt werden soll, sieht vor, bis 2035 jährlich 1,3 Billionen US-Dollar an Klimafinanzierung für den Globalen Süden zu mobilisieren. Die Kurzfassung der aktuellen Analyse der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt aber, wo die großen Baustellen für die kommende Klimakonferenz liegen.

Enttäuschende NCQG-Entscheidung

Das auf der COP29 vereinbarte neue globale Klimafinanzierungsziel (NCQG) von 300 Milliarden US-Dollar liegt weit unter dem tatsächlichen Bedarf. Das COP29-Ergebnis schwächte das Vertrauen des Globalen Südens in den internationalen Klimaprozess und verwässerte die Finanzverpflichtungen der Industrieländer im Rahmen der UNFCCC und des Pariser Abkommens. Die Entscheidung verpflichtet die Industriestaaten lediglich dazu, bei der Mobilisierung der 300 Milliarden US-Dollar „die Führung zu übernehmen”, anstatt ihre Verantwortung für die Bereitstellung öffentlicher Mittel klar zu umreißen. Die COP29-Entscheidung wurde auch als Abkehr von dem in Paris geschlossenen großen Kompromiss interpretiert, der die Industrieländer verpflichtet, dem globalen Süden mit der finanziellen Unterstützung zu helfen, die sie zur Umsetzung ihrer erhöhten Emissionsreduktionsverpflichtungen in ihren nationalen Klimaplänen benötigen. Anstatt Vertrauen aufzubauen, hat die NCQG-Entscheidung in Baku den Klimaprozess weiter geschwächt.

Zentrale Bedeutung der öffentlichen Unterstützung

Der Globale Süden vertritt seit langem die Auffassung, dass die Industrieländer aufgrund von Gerechtigkeit und im Einklang mit dem Kernprinzip des globalen Klimaregimes der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten (Common But Differentiated Responsibility and Respective Capabilities) ihre historische Verantwortung für die ausufernden Treibhausgasemissionen anerkennen müssen. Daraus ergibt sich, dass sie auch den größten Teil der Finanzierung im Rahmen des NCQG-Ziels als öffentliche, zuschussbasierte Mittel bereitstellen sollten. Im Gegensatz dazu weisen die Industrieländer auf die veränderten geopolitischen Realitäten hin, weswegen sie ihre finanzielle Unterstützung nicht wesentlich erhöhen können, und drängen darauf, den Kreis der Beitragszahler für die Erfüllung des NCQG zu erweitern. Ihre Patentlösung besteht darin, auf die Mobilisierung von Privatkapital zu setzen, um die wachsenden Finanzierungslücken zu schließen. Dies droht die bereits untragbare Schuldenlast und die strukturellen Ungleichheiten weiter zu verschärfen. Auf der COP30 könnte es daher zu einer Wiederholung der Kontroverse um die Agenda kommen, die sich auch bei der diesjährigen Bonner Konferenz abspielte. Die Baku-Belém Roadmap dürfte hinter den Erwartungen zurückbleiben, denn Mängel sind sowohl in verfahrenstechnischer als auch in inhaltlicher Hinsicht offenkundig.

Verfahrenstechnische Mängel der Roadmap

Verfahrenstechnisch sieht der NCQG-Beschluss von Baku lediglich vor, dass die Präsidentschaften der COP29 und COP30 in Belém einen Bericht vorlegen, in dem die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit zusammengefasst wird. Es wird jedoch kein klarer Aktionsplan mit messbaren Zielen und Indikatoren, konkreten Zeitplänen und einer Aufstellung der Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure sowie transparenten Rechenschaftsmechanismen erwartet, den viele für notwendig halten. Dies beeinträchtigt die Nützlichkeit der Roadmap, wenn er mehr als nur ein weiterer Bericht sein soll, der in der Schublade verschwindet. Einerseits gibt es ohne eine Art Konsensentscheidung der COP30 keine Garantie dafür, dass überhaupt konkrete Maßnahmen folgen werden, geschweige denn Transparenz und Rechenschaftspflicht durch Berichterstattung und Überwachung darüber, wann und von wem potenzielle Maßnahmen ergriffen werden. Andererseits haben viele Länder sowie Beobachter*innen aus der Zivilgesellschaft Fragen zur mangelnden Transparenz und Inklusivität des Entwicklungsprozesses der Roadmap aufgeworfen

Im Rahmen des ursprünglichen Arbeitsplans für die Roadmap und deren Aktualisierung führten die beiden Präsidentschaften Konsultationen und Gespräche mit Ländern und Beobachter*innen durch. Sie luden die Vertragsparteien und Beobachter*innen außerdem zu zwei Runden schriftlicher Stellungnahmen auf der Grundlage von Leitfragen ein. Es ist aber unklar, welchen Einfluss diese formellen Beiträge insgesamt auf den Roadmap-Bericht haben werden, da es noch weitere Beiträge gibt, die speziell von der brasilianischen COP30-Präsidentschaft in Auftrag gegeben wurden, nicht zuletzt einen Bericht des COP30-Kreises der Finanzminister*innen. Der Bericht des COP30-Finanzminister*innenkreises, der während der Jahresversammlung von Internationalen Währungsfonds und der Weltbank Mitte Oktober veröffentlicht wurde, soll zwar nur „ein Beitrag “ sein. Aber es ist schwer zu glauben, dass seine Empfehlungen und Ergebnisse in der endgültigen Baku-Belém Roadmap, die gegen Ende Oktober vorgelegt werden soll, nicht besonders berücksichtigt werden.

Kann die Roadmap für Gerechtigkeit und Fairness sorgen?

Inhaltlich dürfte die Baku-Belém Roadmap diejenigen enttäuschen, die hoffen, dass sie ihre Empfehlungen fest in Gerechtigkeit und Fairness verankert. In erster Linie sollte die Roadmap mehr Klarheit über das Kernziel des NCQG in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar für jährlich mobilisierte Klimafinanzierungen bis 2035 schaffen, auch in Bezug auf wichtige Elemente, die in der NCQG-Entscheidung nicht behandelt wurden. Ein fehlendes Element ist eine gemeinsame Methodik für die Zuschussäquivalenz von konzessionären Darlehen, wodurch nicht berücksichtigt wird, dass ein erheblicher Teil der als Schulden bereitgestellten Klimafinanzierung, selbst zu konzessionären Zinssätzen, an die Industrieländer zurückfließen wird. Vor allem sollte die Roadmap die Rolle und den Umfang der Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel durch die Industrieländer klarstellen und das Ziel für Emissionsminderung, Klimaanpassung und die Bewältigung von Verlusten und Schäden jeweils aufschlüsseln. In der NCQG-Entscheidung wurde eindeutig anerkannt, dass öffentliche und zuschussbasierte Ressourcen sowie hochvergünstigte Finanzmittel für die Länder des globalen Südens aufgestockt werden müssen, insbesondere für Anpassungsmaßnahmen – wo die jährliche Finanzierungslücke zur Deckung des Bedarfs von einigen auf 215 bis 387 Milliarden US-Dollar geschätzt wird – und für die Bewältigung von Verlusten und Schäden.

Eine von vielen geforderte Fokussierung der Roadmap nicht nur auf die Quantität öffentlicher Finanzmittel, sondern auch auf die Qualität des Zugangs zu diesen Finanzmitteln und ihrer Auszahlung würde auch die gezielte Ausarbeitung eines Plans zur Verdreifachung der Auszahlungen multilateraler Klimafonds (MCFs) im Rahmen der UNFCCC und des Pariser Abkommens bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2022 erfordern, wie es in der NCQG-Entscheidung vorgesehen ist. Insbesondere die MCFs haben auch die Möglichkeit, ihre Bereitstellungssysteme kurzfristig zu reformieren, um die Qualität, Gerechtigkeit und Wirksamkeit ihrer Klimafinanzierung zu verbessern, um beispielsweise indigenen Gruppen oder Frauen zu helfen. Die Roadmap sollte daher eine weitere Schwachstelle des NCQG-Beschlusses adressieren und die MCFs auffordern, Mittel und Wege zu erarbeiten, die den direkten Finanzzugang erhöhen, vereinfachen und verbessern, etwa durch dezentrale Finanzierungsmechanismen und Entscheidungsprozesse, wie z. B. durch kleine Zuschussprogramme.

Ob diese Prioritäten, die in vielen Beiträgen aus dem globalen Süden und von der Zivilgesellschaft hervorgehoben wurden, in die Roadmap aufgenommen werden, ist längst nicht gesichert. Im Mittelpunkt werden unzweifelhaft Möglichkeiten zur Mobilisierung von Privatkapital stehen. Dies wird auch als eine Kernaufgabe von öffentlichen Akteuren der Klimafinanzierung wie den multilateralen Klimafonds und multilateralen Entwicklungsbanken gesehen, die öffentliche Mittel einsetzen sollen, um Investitionen des Privatsektors durch Bürgschaften oder gemischte Finanzierungsstrukturen in öffentlich-privaten Partnerschaften abzusichern. Solche Ansätze werden zunehmend nicht nur für Emissionsminderung, sondern auch für die Anpassung vorangetrieben, unter anderem durch Versicherungs- und Risikopooling-Strukturen, trotz der Bedenken hinsichtlich der sinkenden Erschwinglichkeit und Versicherbarkeit solcher Systeme. Auf die Reform der multilateralen Entwicklungsbanken (MDB), eine Priorität der brasilianischen G20-Präsidentschaft letztes Jahr, wird in der Roadmap sicherlich ebenfalls viel Bedeutung gelegt, unter anderem mit Blick auf laufende Bemühungen für Anpassungen ihres Kapitaladäquanzrahmens, was es den MDBs nach eigenen Angaben ermöglichen würde, ihre Kreditvergabe in den nächsten zehn Jahren um bis zu 400 Milliarden US-Dollar zu erhöhen.

Kritische Themen, die im NCQG nur unzureichend behandelt werden, laufen somit Gefahr, weiter an den Rand gedrängt statt gefördert zu werden: Finanzierungslücken bei Anpassung und Verlusten und Schäden, Grundsätze der Gerechtigkeit und Fairness, Qualität der Klimafinanzierung einschließlich der Verbesserung der Konditionen und des Zugangs, Schuldenerlass und Erforschung innovativer öffentlicher Finanzierungsquellen (Verursachersteuern, Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, Vermögenssteuern).

Zentrale Empfehlungen:

  1. Fokus auf öffentliche Finanzmittel aus Industrieländern mit klaren Zielen für Emissionsminderung, Klimaanpassung und die Bewältigung von Verlusten und Schäden.
  2. Einrichtung von Mechanismen zur Rechenschaftspflicht (verbindliche Fristen, klare Zuständigkeiten, Überwachung, Berichterstattung), um jenseits des Berichts in die Umsetzung zu kommen.
  3. Ausweitung multilateraler Klimafonds (MCFs) und Ausbau der zuschussbasierten, konzessionären Finanzierung mit vereinfachtem Direktzugang für gefährdete Gemeinschaften und lokal geführte Initiativen.
  4. Einführung innovativer Finanzierungsinstrumente – Verursacherabgaben, Subventionsreformen, Vermögens- und Gewinnsteuern – zur Generierung vorhersehbarer neuer öffentlicher Ressourcen.
  5. Strukturreformen im globalen Finanzsystem vorantreiben: Schuldenerlass und verbesserte Rahmenbedingungen für die Entschuldung, gerechtere globale Steuersysteme und Kreditbewertungspraktiken sowie eine stärkere Vertretung der Entwicklungsländer im IWF und in der Weltbank.
  6. Die Roadmap auf Gerechtigkeit und Fairness ausrichten und sicherstellen, dass marginalisierten Gemeinschaften Vorrang eingeräumt wird sowie dass die Roadmap mit dem Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten (CBDR) im Einklang steht.

Liane Schalatek, Heinrich-Böll-Stiftung Büro Washington

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