Deutsche Klimafinanzierung

Sechs gute Gründe für mehr internationale Klimafinanzierung

Warum Klimafinanzierung ein wichtiger Bestandteil der Politik der neuen Bundesregierung sein sollte. Photo: shutterstock

Die internationale Klimafinanzierung ist kein Akt der Wohltätigkeit – sie ist eine strategische Notwendigkeit. In einer Welt geopolitischer Umbrüche ist internationale Klimafinanzierung ein strategisches Instrument für stabile Partnerschaften und sichert Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stabilität in Deutschland. Durch sie profitieren Deutschland und die Europäische Union (EU) von widerstandsfähigen Lieferketten und neuen Märkten, während gleichzeitig Vertrauen und Kooperation mit wichtigen Partnerländern gestärkt werden. Internationale Klimafinanzierung ist auch eine Frage der globalen Solidarität und Gerechtigkeit und die für dafür benötigten Haushaltsmittel müssen daher auch sozial gerecht mobilisiert werden.

Germanwatch hat ein Diskussionspapier veröffentlich, dass anhand von sechs Argumentationslinien darlegt, warum eine neue Bundesregierung mehr internationale Klimafinanzierung bereitstellen muss. Der folgende Beitrag bereitet einen Überblick über die Hauptargumente.

1. Mehr Sicherheit und Stabilität durch Klimafinanzierung

Internationale Klimafinanzierung ist ein entscheidender Faktor für Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität – sowohl global als auch in Deutschland. Laut dem „Global Risk Report 2025“ des World Economic Forum zählen die fünf größten globalen Risiken der nächsten zehn Jahre zur Klimakrise. Fehlende Investitionen in Klimaschutz und Anpassung verschärfen nicht nur Umweltprobleme, sondern auch soziale Ungleichheiten und geopolitische Spannungen. Deutschland und die EU müssen die internationale Klimafinanzierung zunehmend als sicherheitspolitisches Instrument begreifen, um zukünftige Krisen einzudämmen.

Die Klimakrise wirkt als Gefahrenmultiplikator, der bestehende Stressfaktoren wie Armut, Hunger und Migration verstärkt und das Risiko von Konflikten und Destabilisierung vergrößert. Internationale Klimafinanzierung kann dem durch vorbeugende Maßnahmen entgegenwirken, z.B. durch die Sicherung des Zugangs zu Wasser und Nahrung. Zudem trägt die Klimafinanzierung dazu bei, globale Emissionen zu reduzieren und verhindert so das Überschreiten kritischer Kipppunkte im Klimasystem, deren Folgen unkontrollierbare Kettenreaktionen auslösen könnten. Ein Beispiel: Die Atlantische Umwälzströmung, die entscheidend für das europäische Klima ist, könnte kippen und drastische Wetterveränderungen mit sich bringen. Um diese Risiken zu minimieren, sind verstärkte internationale Investitionen in Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen im Globalen Süden unerlässlich.

2. Klimafinanzierung als Grundlage für stabile internationale Partnerschaften und Multilateralismus

Internationale Klimafinanzierung ist ein strategisches Instrument für neue Partnerschaften. In einer Welt geopolitischer Umbrüche sind stabile Partnerschaften mit anderen Ländern wichtiger denn je. Auf Klimafinanzierung aufbauende bilaterale Partnerschaften können Zugang zu stabilen Handelsbeziehungen, Rohstoffen und neuen Märkten eröffnen. Deutschland kann durch Klimafinanzierung Vertrauen zu geopolitisch wichtigen Ländern wie Indien, Brasilien, Südafrika oder Indonesien sowie der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder aufbauen und bestehende Beziehungen vertiefen. In Zeiten unsicherer US-Politik ist es entscheidend, ein geopolitisches Vakuum nicht China, Russland oder den Golfstaaten zu überlassen. Gerade jetzt, wo sich nach einer Phase der China-Euphorie wieder mehr Länder hin zum Westen statt nach China orientieren, bietet dies eine Chance für Deutschland und die EU. Wer heute in Klimapartnerschaften investiert, stärkt langfristig seine außenpolitische Handlungsfähigkeit.

Internationale Klimafinanzierung stärkt Multilateralismus. Während einige Staaten auf Machtpolitik statt auf internationale Zusammenarbeit setzen, muss Deutschland den Multilateralismus aktiv verteidigen. Klimafinanzierung ist dabei ein zentrales Instrument: Sie schafft Bündnisse in internationalen Verhandlungen und Gremien, fördert globale Stabilität und unterstützt die UN-Nachhaltigkeitsziele. Als exportorientierte Wirtschaftsnation profitiert Deutschland von einer regelbasierten Weltordnung – eine starke Klimafinanzierung ist daher nicht nur Klimapolitik, sondern auch eine Investition in Sicherheit und Wohlstand.

3. Durch Klimafinanzierung historischer Verantwortung gerecht werden und rechtliche Verpflichtungen ernst nehmen

Deutschland hat seinen Wohlstand maßgeblich durch die Nutzung fossiler Energien aufgebaut und trägt als sechstgrößter historischer Emittent eine besondere Verantwortung für die Klimakrise. Während ärmere Länder im Globalen Süden am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben, sind sie am stärksten von ihren Folgen betroffen. Solidarität endet nicht an nationalen Grenzen – Klimafinanzierung ist eine Frage der globalen Gerechtigkeit und von historischer Verantwortung. Das in der Klimarahmenkonvention verankerte Verursacherprinzip und das Pariser Klimaabkommen verpflichten Deutschland auch völkerrechtlich zum Handeln. Die Einhaltung internationaler Zusagen ist Grundlage für einen funktionierenden Multilateralismus und stärkt Deutschlands Glaubwürdigkeit als verlässlicher Partner.

Während Deutschland sein gerechtes CO₂-Budget längst überschritten hat, erwarten wir von ärmeren Ländern, dass sie klimafreundlich wirtschaften. Doch hohe Kreditkosten und Schulden in diesen Ländern verhindern oft die nötigen Investitionen in erneuerbare Energien. Klimafinanzierung hilft den Ländern, diese Hürden zu überwinden und die wirtschaftliche Entwicklung in ärmeren Ländern nachhaltig zu gestalten.

4. Wirtschaftliche Vorteile für Deutschland und die EU durch internationale Klimafinanzierung

Internationale Klimafinanzierung bringt nicht nur Stabilität, sondern auch wirtschaftliche Chancen. Deutschland ist als eine der größten Exportnationen auf funktionierende globale Lieferketten angewiesen. Die Klimakrise gefährdet diese durch Extremwetter, wie die Dürre 2023 am Panamakanal und dadurch entstandene Lieferverzögerungen zeigten. Klimafinanzierung hilft, Logistik- und Produktionsketten widerstandsfähiger zu machen, insbesondere durch Investitionen in Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise. Dies dient dem Vorbeugen von durch Klimawandelfolgen verursachte Produktionsstopps aufgrund von Zulieferungsproblemen bei großen Unternehmen, wie z.B. in der Autoindustrie. Das sichert Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stabilität.

Zudem dämpft internationale Klimafinanzierung Preisschwankungen, erschließt Zukunftsmärkte und sichert Arbeitsplätze. Extreme Wetterereignisse treiben die Preise von Nahrungsmitteln wie Kaffee, Schokolade oder Olivenöl in die Höhe. Steigende Lebensmittelpreise verschärfen die Inflation, fördern soziale Spannungen und stärken populistische Strömungen. Investitionen in klimaresistente Landwirtschaft und Wassermanagement können diese Risiken mindern und zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen. Internationale Klimafinanzierung stärkt auch Deutschlands Wirtschaft, indem sie neue Märkte für klimafreundliche Technologien erschließt. Investitionen in erneuerbare Energien, nachhaltige Infrastruktur und Klimaanpassung schaffen stabile wirtschaftliche Partnerschaften mit dem Globalen Süden. Eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zeigt: Jeder investierte Euro in Projekte der Entwicklungszusammenarbeit steigert deutsche Exporte und sichert Arbeitsplätze in Industrie und Dienstleistungssektor. Durch internationale Klimafinanzierung kann Deutschland somit wirtschaftliche Chancen und globale Verantwortung direkt miteinander verbinden.

5. Klimafinanzierung wirkt – schon heute

Internationale Klimafinanzierung spielt schon jetzt eine entscheidende Rolle beim Schutz vor den Folgen der Klimakrise von besonders gefährdeten Staaten. Länder wie Bangladesch oder kleine Inselstaaten sind extremen Wetterereignissen wie Stürmen, Hitzewellen und Überschwemmungen besonders stark ausgesetzt, verfügen aber oft nicht über die finanziellen Mittel, um sich ausreichend anzupassen. Zwischen 2009 und 2019 verursachten klimabedingte Extremwetterereignisse jährlich Schäden in Höhe von durchschnittlich 143 Milliarden US-Dollar. Eine ausreichende Klimafinanzierung lindert nicht nur menschliches Leid, sondern reduziert auch finanzielle Verluste und wirkt langfristig stabilisierend.

Die Klimakrise ist eine der Hauptursachen für den – aktuellen und zukünftigen – Bedarf an humanitärer Hilfe. Durch internationale Klimafinanzierung können somit humanitäre Krisen und dafür benötigte humanitäre Hilfe reduziert werden. Investitionen in Klimaanpassung wie Frühwarnsysteme oder widerstandsfähige Infrastrukturen haben bereits gezeigt, dass sie Leben retten. So konnte Bangladesch durch gezielte Maßnahmen die Zahl der Todesopfer bei Wirbelstürmen drastisch senken: Während 1970 ein Zyklon noch 500.000 Menschenleben forderte, waren es 2007 trotz eines ähnlich starken Sturms nur noch etwa 4.000. Eine Studie der Weltbank zeigt, dass jeder Dollar, der in Klimaschutz und Anpassung investiert wird, vier Dollar an zukünftigen Schäden einspart.

6. Haushaltsmittel für internationale Klimafinanzierung können sozial gerecht mobilisiert werden

Internationale Klimafinanzierung darf nicht zulasten einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen in Deutschland gehen. Hier dürfen nicht die Armen gegen die noch Ärmeren ausgespielt werden. Denn das Geld ist da, Prioritäten müssen nur richtig und sozial gerecht gesetzt werden. Milliarden fließen in Subventionen für fossile Energien oder werden durch deutlich zu geringe Besteuerung von Superreichen gar nicht erst eingenommen.

Durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen und eine sinnvolle Umwidmung von Haushaltsmitteln können Gelder für internationale Klimafinanzierung sozial gerecht mobilisiert werden. Der Abbau von klimaschädlichen Subventionen allein könnte über 24 Milliarden Euro jährlich freisetzen – Gelder, die stattdessen für internationale Klimafinanzierung und sozial gerechten Klimaschutz genutzt werden könnten. Allein die Reform des Dienstwagenprivilegs könnte bis zu sechs Milliarden Euro einbringen. Außerdem können neue wirksame und sozial gerechte Finanzierungsquellen weitere Mittel für die Klimafinanzierung mobilisieren. Durch klimagerechte Steuern wie z.B. die Schließung von Steuerlücken bei Privatjets und First-Class-Flügen könnten jährlich Milliarden für die Klimafinanzierung mobilisiert werden. Auch auf EU-Ebene gibt es Spielraum durch z.B. eine stärkere Besteuerung von Schiffsdiesel und Kerosin. Fossile Unternehmen, die Milliarden an Gewinnen durch klimaschädliche Geschäftsmodelle erzielt haben, müssen ebenso ihren fairen Beitrag leisten und an den Kosten der internationalen Klimafinanzierung beteiligt werden.

Deutschland muss sich auch international für gerechte Finanzierungsquellen einsetzen und diese vorantreiben, um Klimasünder stärker in die Verantwortung zu nehmen. Eine globale Besteuerung von Öl- und Gaskonzernen, eine globale Abgabe auf extrem hohe Vermögen sowie auf Luft- und Schiffsverkehr könnten weltweit Hunderte Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Anpassung mobilisieren und werden schon jetzt in multilateralen Foren diskutiert.

Fazit: Internationale Klimafinanzierung ist eine Investition in die Zukunft

Internationale Klimafinanzierung ist keine Wohltätigkeit, sondern eine strategische Investition in Sicherheit, wirtschaftliche Stabilität und globale Gerechtigkeit. Deutschland hat die Möglichkeit, als führender Akteur in der internationalen Klimapolitik zu handeln und gleichzeitig eigene wirtschaftliche Interessen zu stärken. Eine zukunftsorientierte neue Bundesregierung muss die richtigen Weichen stellen – für ein stabiles, sicheres und nachhaltiges globales System.

Julia Grimm & Lisa Schultheiß, Germanwatch