Internationale Klimafinanzierung / Green Climate Fund (GCF)
Was hat der UN-Klimagipfel den Betroffenen der Klimakrise gebracht?
Am 23. September kamen zahlreiche Staats- und Regierungschefs zu einem UN-Sondergipfel zum Klimawandel in New York zusammen. Der UN-Generalsekretär hatte dazu mit dem Aufruf eingeladen, neue und ambitioniertere Maßnahmen mitzubringen, um der Klimakrise Einhalt zu gebieten. Begleitet wurde dieser von globalen Rekordprotesten – mehr als 6 Millionen Menschen demonstrierten weltweit für mehr Klimagerechtigkeit, darunter 1,4 Millionen in Deutschland. Flankiert von neuen Warnungen aus der Klimawissenschaft, nahm auch Bundeskanzlerin Merkel an dem Gipfel teil. Berichte der Weltmeteorologieorganisation und des UN-Klimawissenschaftlergremiums IPCC läuteten im Umfeld des Gipfels die Alarmglocken angesichts einer Beschleunigung vieler Folgen des Klimawandels.
Abbremsen des Klimawandels noch nicht gesichert
Die bisherigen Versprechen zum Klimaschutz, also zur Verringerung der Emissionen insbesondere aus fossilen Energien und der Waldzerstörung, reichen global noch nicht aus. Derzeit steuert die Welt nahezu ungebremst auf einen hochgefährlichen Anstieg von 3 oder mehr Grad der Mitteltemperatur zu, während das Ziel des Pariser Klimaabkommens die Begrenzung auf 1,5°C ist. In dieser Hinsicht hat der Klimagipfel die Ziele nicht erreicht. Zwar hat zum Beispiel die Gruppe der ärmsten Entwicklungsländer (LDCs) angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu werden, unter anderem durch eine vollständig auf Erneuerbaren Energien basierende Energieversorgung. Doch von den Großen – China, EU, Deutschland – kamen keine handfesten neuen Zusagen. Indien kündigte immerhin an, das bisherige Ziel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien von 125 Gigawatt bis 2022 auf 450 GW auszudehnen. Kanzlerin Merkels Ankündigung, dass Deutschland bis 2050 Treibhausgasneutralität anstrebe und die 1,5°C-Grenze unterstütze, hatte einen bitteren Beigeschmack, ist die Bundesregierung doch von vielen Experten und der Zivilgesellschaft nur wenige Tage vorher stark kritisiert worden, ihr Klimaprogramm 2030 sei vollkommen unzureichend zur Erreichung dieser Ziele.
Letztendlich zielte der Gipfel aber auch darauf ab, den Druck auf Länder zu erhöhen, 2020 verbesserte nationale Strategien im UN-Klimaprozess einzureichen. Mehr als 60 Länder kündigten an, daran zu arbeiten. Nun gilt es, den Druck auf andere zu erhöhen, in der EU unter der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Gesetze nachzuschärfen und auch in Deutschland die Bundesregierung zu mehr klimapolitischem Mut zu drängen.
Momentum für den Green Climate Fund, aber noch Lücken zu füllen
Der Grüne Klimafonds (GCF) soll ein Schlüsselinstrument dabei werden, Entwicklungsländer beim Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen. Die Hälfte seiner Mittel sollen für Maßnahmen der Klimaresilienz ausgegeben werden. So werden bisher Projekte zu Frühwarnsystemen, klimasensibler Landwirtschaft oder dem Schutz gegen den Meeresspiegelanstieg finanziert, aber der Bedarf übersteigt bei weitem die bisherigen Möglichkeiten. Zivilgesellschaftliches Engagement hat auch dazu beigetragen, dass der Fonds immer stärker das Thema Geschlechtergerechtigkeit in den Blick nimmt. Die bisher zugesagten Finanzmittel sind nahezu erschöpft, so dass insbesondere Industrieländer aufgerufen waren, neue Zusagen machen. Deutschland hatte dazu vor mehreren Monaten bereits den Startschuss gegeben und eine Verdoppelung der bisherigen Mittel auf 1,5 Mrd. Euro zugesagt. Nachdem sich auch Großbritannien und Frankreich beim G7-Gipfel Ende August dieser Verdoppelung angeschlossen hatten, brachte der New Yorker Klimagipfel tatsächlich weitere Fortschritte. Schweden, Korea, Luxemburg und Dänemark zogen mit einer Verdoppelung nach, andere Länder kündigten zumindest eine Erhöhung an. Ob angesichts der Absage der Trump-Regierung und der bisher zögerlichen Haltung Japans als eines weiteren wichtigen Geldgebers das bisherige Niveau von 7-8 Mrd. USD übertroffen wird, bleibt noch abzuwarten. Notwendig wären mindestens 15 Mrd. USD Zusagen bis Ende diesen Jahres, damit der GCF seine Förderung von hochkarätigen Projekten ausbauen kann. Eine Geberkonferenz am 24./25. Oktober in Paris bietet hier noch eine weitere politische Gelegenheit.
Erste Schritte zur Erhöhung der Klimafinanzierung nach 2020?
Bundeskanzlerin Merkel wiederholte das Versprechen, die Klimafinanzierung für Entwicklungsländer bis 2020 gegenüber zu verdoppeln. Dies kann aber nur glaubwürdig erreicht werden, wenn gegenüber den bisherigen Planungen in den aktuellen Haushaltsverhandlungen mindestens 500 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden.
Das Paris-Abkommen sieht vor, dass die 100 Mrd. an Klimafinanzierung durch die Industrieländer auch über 2020 hinaus quasi das Minimalziel sein sollen und noch vor 2025 ein neues quantitatives Ziel gesetzt werden soll. Bei COP24 in Kattowitz letztes Jahr einigten sich die Staaten darauf, im nächsten Jahr offiziell die Verhandlungen zu diesem neuen Finanzziel zu starten. Interessant ist daher, dass Großbritannien beim Klimagipfel angekündigt hat, die Klimafinanzierung (als Teil der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit) bis 2026 zu verdoppeln, auf etwa 11,6 Mrd. Pfund für den Zeitraum 2020/21 bis 2025/26. Dies eröffnet auch für andere Länder wie Deutschland die Überlegungen, dass angesichts des Ausmaßes der Klimakrise jenseits von 2020 ein weiterer Aufwuchs notwendig sein wird.
Initiativen für mehr Klimaresilienz müssen Wirkung für die Ärmsten entfalten
Jenseits der nationalen Ankündigungen hatte der Gipfel auch das Ziel, konkrete Handlungsinitiativen und Partnerschaften voranzubringen, um damit die praktische Umsetzung von Klimamaßnahmen zu beschleunigen.
Die von Deutschland mitinitiierte InsuResilience Global Partnership (IGP), bei der CARE auch Mitglied ist, fand beim Klimagipfel neben anderen Initiativen besondere Beachtung. Die IGP fördert Klimaversicherungsansätze und andere Methoden der Klimarisikofinanzierung. Ein CARE-Experte aus dem südlichen Afrika vertritt die Zivilgesellschaft in der IGP-Steuerungsgruppe. Ein Erfolg ist, dass sich die Initiative in Zukunft stärker auf Maßnahmen für die ärmsten Bevölkerungsteile fokussieren will und zudem auch die Geschlechtergerechtigkeit auf der Agenda weit nach oben gerutscht ist. Eine neue „Vision 2025“ setzt neue Ziele, unter anderem für eine bessere Absicherung gegenüber Klimarisiken in einer Gruppe von 20 besonders vulnerablen Entwicklungsländern. 500 Millionen arme Menschen sollen durch Versicherungsansätze auf verschiedenen Ebenen geschützt werden. Hier wird es darauf ankommen, die vor Ort angemessenen Lösungen – soziale Sicherungsnetze, Versicherungen, Katastrophenvorsorge – umzusetzen, welche die Bedürfnisse der besonders Betroffenen in den Mittelpunkt stellen.
Andere vorgestellte Initiativen beinhalten eine besondere Anpassungsinitiative für Afrika und die LDCs und Maßnahmen zur Stärkung klimasensibler Landwirtschaft durch Kleinbauern. Alle diese Initiativen sollten der Überwindung von sozialer Benachteiligung und geschlechtsbasierter Ausgrenzung höhere Priorität beimessen, als es derzeit ersichtlich scheint.
Der UN-Klimagipfel wird als wichtige Wegmarke in Erinnerung bleiben, bei dem wie vielleicht nie zuvor die UN und die Jugend zusammen standen, aber die mächtigsten Staaten ihrer Verantwortung für heutige und zukünftige Generationen bei weitem nicht gerecht geworden sind. Der Widerstand der Jugendlichen und weiterer Gesellschaftsschichten wächst, diesen Zustand nicht mehr weiterhinzunehmen und nicht sehenden Auges in einen unumkehrbar drastischen Klimawandel reinzurasen. Viele Wirtschaftsakteure haben sich klar für mehr Klimaschutz positioniert. Auch die deutsche Bundesregierung sieht so nicht dem Ende der gesellschaftlichen Mobilisierung entgegen. Greta Thunberg sagte zu den versammelten Regierungschefs, der Wandel sei im Gange, ob sie es mögen oder nicht. Den positiven Wandel zu beschleunigen, um die Klimakrise abzubremsen, bleibt oberste Priorität.
Sven Harmeling, CARE