Umsetzung der Klimafinanzierung / Transparenz

Deutsche Klimafinanzierung für Monokultur-Baumplantagen sendet ein falsches Signal

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Exotische Baumplantagen werden als Teil von Klimaschutzmanahmen, aber sie sind oft schädlich für die lokale Bevölkerung und Artenvielfalt. Credit: Allysse Riordan/Flickr

Mit einem Großteil der deutschen Klimafinanzierung werden erneuerbare Energien sowie „Wälder“ in Entwicklungsländern und in Mittel- und Südeuropa gefördert. Einige Projekte beinhalten beide Elemente. Die Finanzierung für den Schutz und die Wiederherstellung von artenreichen Waldökosystemen kann und muss eine wichtige Rolle spielen, um die Belastungen und Auswirkungen des Klimawandels zu mindern. Das gilt allerdings nicht für industrielle Baumplantagen.

In diesem Artikel werden die Ergebnisse einer 2018 von Biofuelwatch durchgeführten Studie vorgestellt. Dabei werden die generellen Bedenken über eine Klimafinanzierung für industrielle Baumplantagen zusammengefasst und einige Beispiele deutscher Klimafinanzierung für Projekte in diesem Bereich dargestellt. Abschließend werden einige Politikempfehlungen ausgesprochen.

Trotz umfangreicher Recherche mit detaillierten Suchbegriffen auf den Internetseiten der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI), der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) war es unmöglich, vollständige Daten über die Gesamtsumme der deutschen Klimafinanzierung zu ermitteln, die in industrielle Baumplantagen geflossen ist bzw. immer noch fließt. Und genauso wenig konnten sämtliche relevanten Projekte identifiziert werden. Das ist zum einen auf die vagen Beschreibungen vieler Projekte zurückzuführen und zum anderen auf das Fehlen umfassender Datenbanken aller finanzierten Projekte. Eine Ausnahme bilden die vom Umweltministerium durch die Internationale Klimainitiative (IKI) geförderten Projekte.

Warum industrielle Baumplantagen nicht durch die Klimafinanzierung gefördert werden dürfen

Das Anlegen industrieller Baumplantagen erfolgt in der Regel auf Kosten von artenreichen Wäldern und Graslandschaften, sowie von Bodenflächen, die von Kleinbäuerinnen und -bauern bewirtschaftet werden. Diese Plantagen sind eine wesentliche Ursache für Landnahmen, für die Verknappung und Verschmutzung von Süßwasser sowie für Bodenverarmung. Die meisten industriellen Baumplantagen sind Monokulturen von invasiven nichtheimischen Arten. Sie sind eine der Ursachen für häufigere und schwerere Waldbrände, die in den letzten Jahren von Portugal über Chile und Indonesien bis hin nach Südafrika viele Menschen das Leben kosteten sowie die Häuser und Existenzen vieler weiterer zerstörten. Während Waldökosysteme entscheidend dazu beitragen, Regenfälle zu regulieren und Kohlenstoff zu binden, stören industrielle Baumplantagen die natürlichen Wasserkreisläufe, verringern den Bodenkohlenstoff und speichern weit weniger Kohlenstoff als Wälder (der zudem sehr schnell wieder ausgestoßen wird, wenn die Bäume zur Energieerzeugung oder für kurzlebige Produkte wie Papier gefällt werden).

Deutsche Klimafinanzierung für Monokultur-Baumplantagen

Seit 2010 unterstützten mindestens 17 durch deutsche Klimafinanzierung geförderte Projekte direkt die Anlage von Monokultur-Baumplantagen, einschließlich Ölpalmenplantagen. Dazu zählen auch einige Projekte, die schon vorher begannen, bei denen die Finanzierung aber bis ins Jahr 2010 und länger reichte. Folgeprojekte werden als eigenständige Projekte gezählt; wenn beispielsweise ein Projekt eine Machbarkeitsstudie enthält und ein Anschlussprojekt die Strategie umsetzt, die in einer solchen Studie bewertet wurde.

Fallstudie Indien

Von 2009 bis 2015 wurden zwei Projekte in Indien mit mindestens 1,375 Mio. Euro von zwei deutschen Ministerien über die GIZ finanziert (siehe hier die Übersicht der analysierten Projekte). Die Projekte unterstützten die bundesstaatlichen Aktionspläne zum Klimawandel in verschiedenen indischen Bundesstaaten und Anpassungsmaßnahmen im Nordosten des Landes im Rahmen des North Eastern Climate Change Adaptation Programme (NECCAP). Der Wissenschaftler und Journalist Souparna Lahiri, der für All India Forum of Forest Movements arbeitet, erklärte, dass sowohl die bundesstaatlichen Aktionspläne als auch die NECCAP-Maßnahmen „Monokultur-Baumplantagen [beinhalten], über die von oben herab entschieden wird, ohne den eigentlichen lokalen Inhabern der Nutzungsrechte ein Mitspracherecht einzuräumen.“

Alle bundesstaatlichen Klimaaktionspläne, die mit Hilfe der deutschen Regierung entwickelt werden, unterstützen die sogenannte Mission für ein grünes Indien und das Nationale Aufforstungsprogramm. Dabei ist die „Aufforstung und Wiederaufforstung“ mit industriellen Baumplantagen ein Kernstück beider Programme. Beispielsweise werden in Tamil Nadu industrielle Baumplantagen, darunter auch einige zur Produktion von Bioenergie, von öffentlich-privaten Partnerschaften gefördert. In Rajasthan sind 1,775 Mio. Hektar Waldfläche und 3,575 Mio. Hektar anderer Ländereien für Baumplantagen vorgesehen, die über ein Programm namens Harjit Rajasthan (Grünes Rajasthan) entwickelt werden. In Westbengalen werden für eine „Verbesserung der Waldbäume und Erhöhung der Produktivität von Wäldern“ nichteinheimische und schnellwachsende Baumarten für den Kurzumtrieb gefördert. Und auch in Sikkim sind 10.000 Hektar Land für Baumplantagen vorgesehen. Dazu erklärt Souparna Lahiri: „Diese Aufforstungsprogramme erfolgen häufig auf kultiviertem Land, auf Ländereien, die von Dörfern gemeinschaftlich bewirtschaftet oder als Weideland genutzt werden. Das Land wird Leuten weggenommen, die für ihre Ernährungssicherheit und ihr Einkommen darauf angewiesen sind. Die Plantagen mindern für die Dorfgemeinschaften den Zugang zu Produkten der Wälder und zu Weideland für ihr Vieh. Dazu kommt, dass für die Plantagen die natürliche Vegetation beseitigt wird, was zu einer Zerstörung des Artenreichtums in den natürlichen Wäldern und Grasländern führt.“ In einer gemeinsamen Erklärung von 2010 hatten verschiedene für den Wald eintretende Bewegungen in Indien die Mission für ein grünes Indien als „Programm für mehr Land- und Ressourcenraub“ verurteilt.

Ein weiteres Problem der von deutschen Institutionen mitfinanzierten Klimaaktionspläne und NECCAP-Mechanismen ist, dass sie das indische Programm der Gemeinsamen Forstbewirtschaftung (Joint Forest Management) unterstützen, das den Kommunen vor Ort jegliches Mitspracherecht in der Forstverwaltung verweigert und die gesetzlich verankerten Dorfräte der indigenen und lokalen Gemeinschaften (Gram Sabhas) ignoriert. Das ist ein Verstoß gegen das indische Forstgesetz (Forest Rights Act) von 2006, in dem festgelegt wurde, dass die Wälder von den darin lebenden Gemeinschaften zu verwalten und zu erhalten sind, und nicht vom Staat.

Fallstudie Paraguay

Zwischen 2000 und 2016 wurden zwei miteinander verbundene Projekte gefördert, deren Träger das Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht und sein landwirtschaftlicher Beratungsdienst DEAg waren (siehe hier die Übersicht der analysierten Projekte). Eines der Projekte erhielt 6,7 Mio. Euro von der deutschen Regierung; für das andere konnten keine Zahlen gefunden werden. Bei beiden Projekten ging es um „konservierende Landwirtschaft“ für Kleinbauern sowie um „Wiederaufforstung“ und „nachhaltige Waldwirtschaft“. Die Wiederaufforstung bestand zu 70% aus exotischen Arten, 50% davon Eukalyptus. Inés Franceschelli ist die federführende Autorin eines Berichts, der von HEÑÓI, Centro de Estudios y Promoción de la Democracia, los Derechos Humanos, y la Sostenibilidad Socioambiental, veröffentlicht wurde. Ihr zufolge stehen die Industrie, die gentechnisch verändertes Soja herstellt, zum Teil hinter der Nachfrage nach Eukalyptus. Diese Industrie ist Hauptverursacher von Umweltverschmutzung und für einen Großteil der Auseinandersetzungen um Land sowie Landflucht verantwortlich und braucht ständig billige Holzkohle zum Trocknen der Sojabohnen. Der Eukalyptus stellt eine Bedrohung für die Süßwasserquellen auf den Ländereien der Bauern und ihren Nachbargrundstücken dar, was bereits zu Konflikten in allen Departamentos in den östlichen Regionen des Landes führt.

Besonders besorgniserregend ist, dass die mit den Plantagen im Zusammenhang stehenden und mit deutscher Klimafinanzierung entwickelten Aktivitäten zu einem Modell für eine viel größere neue Initiative wurden: das Poverty, Reforestation, Energy and Climate Change Project (Projekt zu Armut, Wiederaufforstung, Energie- und Klima, PROEZA). Bei dem im Februar 2018 vom Grünen Klimafonds (Green Climate Fund, GCF)als Finanzierungsvorhaben bewilligten Projekt sollen auf 24.000 Hektar Land Baumplantagen entstehen. Trotz der von paraguayischen Nichtregierungsorganisationen geäußerten Bedenken weigern sich die Projektträger, im PROZEA-Projekt auf Eukalyptus zu verzichten.

Fallstudie Demokratische Republik Kongo

Zwei oder drei miteinander verbundene Projekte wurden in Süd-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo finanziert (siehe hier die Übersicht der analysierten Projekte). Mindestens zwei dieser Projekte wurden zwischen 2013 und 2018 von der deutschen Nichtregierungsorganisation Lernen Helfen Leben e.V. durchgeführt. Ein drittes, wesentlich größeres REDD+-Projekt wurde von der deutschen Regierung mit 10 Mio. Euro gefördert und soll im Zeitraum von 2016 bis 2019 umgesetzt werden. Aus den veröffentlichten Informationen geht jedoch nicht hervor, ob darin auch eins oder beide der „Wiederaufforstungs“-Projekte von Lernen Helfen Leben e.V. in Süd-Kivu enthalten sind. Das größere, von der GIZ und KfW umgesetzte Projekt stand im Mittelpunkt einer Beschwerde von Survival International über Menschenrechtsverstöße gegen das in einem Nationalpark lebende Volk der Batwa. Die Beschwerde hatte aber nichts mit dem Plantagenanbau oder Lernen Helfen Leben e.V. zu tun.

Diel Mochire von der Land- und Menschenrechtsorganisation PIDP aus der benachbarten Region Nord-Kivu geht jedoch Vorwürfen nach, dass vom BMZ finanziell geförderte Wiederaufforstungsaktivitäten durch Lernen Helfen Leben e.V. in der Nähe der Stadt Uvira das Recht der lokalen Bevölkerung auf eine vorab und in Kenntnis der Sachlage gegebene Zustimmung (Free, Prior and Informed Consent, FPIC) missachteten.

Fallstudie Madagaskar

Seit 2012 wird im Norden Madagaskars ein Projekt durchgeführt, das planmäßig bis 2020 laufen soll (siehe hier die Übersicht der analysierten Projekte). Vorhergehende ähnliche, von der deutschen Regierung geförderte Aktivitäten in der Region reichen bis ins Jahr 1996 zurück. Der Regierung von Madagaskar wurden über 12 Mio. Euro aus der deutschen Klimafinanzierung für verschiedene Aktivitäten zur Verfügung gestellt. Dazu gehörten auch die Förderung von effizienten Holzkohlemeilern und -öfen sowie die Bepflanzung von 7.000 Hektar Land mit vorwiegend Eukalyptus-Plantagen für die Holzkohleproduktion. Offiziell lautete das Projektziel, die Rodungen für Holzkohle zu reduzieren. Den für das Projekt erhältlichen öffentlichen Informationen zufolge hat es jedoch nie unabhängige Untersuchungen gegeben: weder über die vorhergehende Landnutzung in den Gegenden, in denen Eukalyptus angebaut wurde, noch über die Auswirkungen auf die Rodungsraten in der Region oder darüber, ob die geförderten Öfen die Luftverschmutzung in den Innenräumen reduzieren konnten. Besonders alarmiert, dass die Auswirkungen von Eukalyptus-Plantagen auf das Süßwasser und auf Waldbrände in keiner Weise begutachtet wurden, und das in einem Land, das in den letzten Jahren in Folge des Klimawandels immer wieder unter verheerenden Dürren litt. Und selbst wenn die Holzkohlenmeiler und -öfen effizienter sind als die früher in der Region benutzten, trägt die Förderung durch die deutsche Regierung doch dazu bei, die Abhängigkeit der Haushalte von Holzkohle zum Kochen zu verfestigen, statt einen Übergang zu sauberen Solaröfen oder die Stromversorgung im ländlichen Raum zu unterstützen.

Schlussbemerkungen

Die deutsche Klimafinanzierung förderte und fördert den Ausbau von Monokultur-Baumplantagen in mehreren Regionen des Globalen Südens, obgleich sehr wohl bekannt ist, dass die Plantagen negative Auswirkungen auf Artenvielfalt, Wälder und Süßwasser haben sowie mit Waldbränden und Landnahmen im Zusammenhang stehen. In Indien finanzierte die deutsche Regierung beispielsweise nationale Strategien, die zum einen gegen das indische Forstgesetz von 2006 und die Rechte der in den Wäldern lebenden Gemeinschaften verstoßen und zum anderen Millionen von Hektar Wald- und Landflächen von Kleinbauern in Monokultur-Baumplantagen zu verwandeln drohen.

Klimafinanzierung wird dringend benötigt, um zu einer Minderung der Auswirkungen des Klimawandels beizutragen und Anpassungsmaßnahmen zu fördern. Dabei müssen aber die Rechte der Gemeinschaften vor Ort, der indigenen Bevölkerungen und anderer Rechteinhaber gewahrt werden, die von den geförderten Projekten betroffen sind. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die natürlichen Umfelder und Ökosysteme in dem Prozess nicht in Mitleidenschaft gezogen werden und dass die Förderprojekte nicht zu einer Nettoerhöhung des Treibhausgasausstoßes führen, was immer dann der Fall ist, wenn es zu einer höheren Nachfrage nach Biomasse kommt. Um das zu erreichen, sollten die für die Klimafinanzierung zuständigen Ministerien industrielle Baumplantagen ausdrücklich als nicht förderfähig erklären.

Des Weiteren tragen Organisationen, die mit der Durchführung der Förderprojekte beauftragt werden, die Verantwortung dafür, dass ihre Projekte in keiner Weise die Menschen oder Ökosysteme vor Ort schädigen. Stattdessen müssen die Projekte immer eine vorab und in Kenntnis der Sachlage gegebene Zustimmung der Rechteinhaber einholen und diese Menschen als gleichwertige Partner in die Planung und Umsetzung der Projekte einbeziehen. Ein Ansatz, der auf dem vor Ort schon bestehenden riesigen Reichtum an traditionellen Kenntnissen aufbaut, wird mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit erfolgreich zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels beitragen und die Widerstandsfähigkeit der Menschen und Ökosysteme erhöhen können.

Gastbeitrag von Almuth Ernsting, Biofuelwatch