Deutsche Klimafinanzierung / Umsetzung der Klimafinanzierung

Armutsorientierung und Partizipation in den Nationalen Anpassungsplänen (NAP)

Die nationalen Anpassungspläne müssen den verwundbarsten Menschen zugute kommen. Photo: F.Schultze, Brot für die Welt

Die nationalen Anpassungspläne müssen den verwundbarsten Menschen zugute kommen. Photo: F.Schultze, Brot für die Welt

Der Klimawandel verursacht zunehmende soziale und ökonomische Schaden, die insbesondere den Ländern des globalen Südens hohe, zusätzliche Anpassungsleistungen abverlangen und die Umsetzung von Entwicklungszielen erschweren. Um Risiken durch den Klimawandel frühzeitig zu erkennen, so weit wie möglich zu vermeiden, zu reduzieren, zu puffern und auszugleichen, müssen Klimarisikomanagement und Klimaanpassung systematisch geplant, umgesetzt und in die jeweiligen lokalen, regionalen und nationalen Politiken integriert werden. Daher werden im Rahmen der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und des Pariser Abkommens in vielen Entwicklungsländern nationale Anpassungspläne (National Adaptation Plan, NAP) entwickelt.

Ein menschenrechtlicher Ansatz für NAPs

Auf Grundlage eines armutsorientierten und menschenrechtsbasierten Entwicklungsverständnisses, wie ihn zivilgesellschaftliche Organisationen fordern, ergeben sich die folgenden Anforderungen für die nationalen Prozesse und die Beratung, die zur Erstellung von NAPs fuhren:

  1. Im NAP-Prozess sollte eine menschenrechtliche Prüfung erfolgen, die sicherstellt, dass bei der nationalen Anpassungsplanung menschenrechtliche Standards (das heißt Recht auf Nahrung, Recht auf Wasser etc.) gewahrt und die menschenrechtlichen Prinzipien (Partizipation, Befähigung, Nicht-Diskriminierung, Chancengleichheit, Transparenz, Rechenschaftspflicht) eingehalten werden.
  2. Ein menschenrechtsbasiertes Vulnerabilitätsverständnis erfordert, dass im Rahmen der Vulnerabilitäts- und Risikoanalyse nicht nur vulnerable Sektoren oder Regionen, sondern auch die vulnerablen Bevölkerungsgruppen identifiziert werden.
  3. Die Einbeziehung und Mitwirkung der Bevölkerung beziehungsweise ihrer Interessensvertretungen ist das dritte konstitutive Element, welches sich ableiten lässt. Wirkliche zivilgesellschaftliche Partizipation muss für den gesamten Planungsprozess gelten und darüber hinaus sicherstellen, dass potentiell benachteiligte Gruppen hiervon nicht ausgeschlossen sind, das heißt unter anderem Indigene, Minderheiten und Frauen.

Auch das BMZ hat in seinen menschenrechtlichen Leitlinien  Anforderungen formuliert, die auch für klimabezogene Projekte und Programme gelten, die im Auftrag des BMZ durchgeführt werden:

  1. Menschenrechtliche Risiken und Wirkungen sind geprüft.
  2. Menschenrechtliche Standards und Prinzipien werden beachtet.
  3. Die vulnerabelsten Gruppen sind identifiziert.
  4. Der Schutz und die Förderung der vulnerabelsten Gruppen werden priorisiert.

Die Unterstützung der GIZ in den nationalen NAPs Prozessen

Die Bundesregierung ist ein wichtiger Geber bei der Unterstützung der NAP Prozesse. So finanziert Deutschland das NAP Global Network, das internationale und nationale Akteure vernetzt und den fachlichen Austausch fördert. Die GIZ erbringt im Auftrag von BMZ und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) umfassende Beratungs- und Fortbildungsleistungen in der Unterstützung der Entwicklungsländer bei ihrer Anpassungsplanung (inklusive NAPs). Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ )ist ebenfalls ein wichtiger Akteur bei der Beratung und Begleitung der nationalen NAP Prozesse – durch unterschiedliche Tools und Materialien, direkte Unterstützung sowie die Mitwirkung in internationalen Netzwerken. Die GIZ ist  u.a. ein Partner im NAP Global Support Program (NAP-GSP), das mit finanzieller Forderung durch den LDCF am wenigsten entwickelte Länder sowie durch den SCCF andere Entwicklungsländer dabei unterstützt, nationale Aktionsplane zu entwickeln. Gemeinsam mit anderen hat die GIZ den Ansatz der „NAP country level trainings“ entwickelt. Bis Juni 2016 wurden diese Trainings in 18 Ländern durchgeführt. Durch diese Trainings und andere Maßnahmen unterstützt die GIZ Entwicklungsländer dabei, im NAP-Prozess organisatorische, methodische und technischen Kapazitäten aufzubauen. Zudem legt die GIZ besonderen Wert auf das Mainstreaming von Anpassung im Rahmen der staatlichen Entwicklungs- und Budgetplanung („NAP Align“) sowie die Einbeziehung bereits bestehender Anpassungskapazitäten in den Ländern im Zuge des NAP-Prozesses, um Synergien zu mobilisieren und Redundanzen zu vermeiden („SNAP Tool – Stocktaking for National Adaptation Planning“).

Als Durchführungsorganisation unterstützt die GIZ im Auftrag von BMZ und BMUB den NAP-Prozess in unterschiedlicher Form in einer Reihe von Ländern. Sie begleitet die NAP-Prozesse in Togo, Kambodscha, Albanien und Tansania im Rahmen des Sektorprogramms. BMZ-finanzierte Vorhaben gibt es außerdem in Mauretanien, Madagaskar und Marokko. Über das BMUB werden Thailand und Benin unterstutzt. Darüber hinaus beteiligt sich die GIZ in einigen Ländern über das NAP Global Support Program oder leistet punktuelle Unterstützung. Einen Überblick der Länder, in denen die GIZ in die NAP-Prozesse involviert ist, gibt die folgende Abbildung.

Unterstützung von NAP-Prozessen durch die GIZ, Quelle: GIZ 2016

Unterstützung von NAP-Prozessen durch die GIZ, Quelle: Brot für die Welt 2016

Bei der Recherche der Länderprozesse wurde deutlich, dass bisher nur drei Länder eingereicht haben (Stand Oktober 2016) und dass über die laufenden Prozesse oft wenig publiziert wurde. Dennoch können einige Länderbeispiele aufgeführt werden:

Länderbeispiel Kambodscha

Die GIZ hat gemeinsam mit dem NAP Global Support Program 2014 in Kambodscha eine nationale Bestandsaufnahme (Stocktaking) durchgeführt. Im Anschluss daran hat die GIZ eine weitere Beratung des NAP Prozesses vereinbart, um die Umsetzung zu begleiten. Im Bericht über die Stocktaking-Mission der GIZ lasst sich in Bezug auf die Ausrichtung auf besonders vulnerable Gruppen feststellen, dass zwar vereinzelt vulnerable Gruppen erwähnt und beteiligt werden – zum Beispiel in der Situationsbeschreibung, bei den vorgeschlagenen Maßnahmen und durch eine geschlechterparitätische Beteiligung der Stakeholder – jedoch keine systematische Ausrichtung keine Rede erkennbar ist. Ähnlich sieht es bei der Partizipation der kambodschanischen Zivilgesellschaft aus. Die Verantwortlichkeiten für den NAP Prozess sind hauptsachlich für die ministerielle Ebene ausformuliert und lassen einen Top down-Ansatz erkennen. Stakeholder-Konsultationen werden erst für den Beginn der Umsetzung vorgeschlagen, ein erster für die Ausformulierung von prioritären Maßnahmen, ein zweiter mittelfristig für die Überprüfung der Umsetzung.

Länderbeispiel Thailand

In Thailand unterstutzt die GIZ die thailändische Regierung in einem durch die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) finanzierten und von 2015 bis 2019 laufenden Projekt (Risk-NAP)bei ihrem NAP-Prozess. Interessant an diesem Ansatz ist, dass als Ausgangspunkt explizit die Risiken, die sich durch den Klimawandel für Thailand ergeben, gewählt wurden und dass als eine der ersten Maßnahmen eine Risikoanalyse durchgeführt wurde. Ein bevölkerungszentrierter Ansatz, der speziell die am stärksten verwundbaren Bevölkerungsgruppen identifiziert, lasst sich nicht erkennen.

Bei der von der GIZ mitorganisierten Adaptation Futures Konferenz im Mai 2016 wurden unter anderem Erfahrungen aus den bisherigen NAP-Prozessen ausgewertet. Viele Länder berichteten von den großen Herausforderungen, die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zwischen unterschiedlichen Sektoren und Ebenen (national, lokal) zu koordinieren. Als mögliche Lösungsansätze wurden unter anderem die Beteiligung des Privatsektors und der lokalen Bevölkerung (communities) sowie die Umsetzung über Pilotprojekte, die später ausgeweitet werden können (learning by doing), diskutiert. Eine konsequente Ausrichtung auf einen menschenrechtlichen Ansatz lässt sich hier jedoch ebenfalls nicht erkennen.

Fazit und Empfehlungen

Positiv hervorzuheben ist, dass die GIZ der Beratung von NAP-Prozessen große Bedeutung beimisst und eine Vielzahl von entsprechenden Angeboten unterbreitet. Die Bedeutung von Capacity Development ist klar erkannt und die GIZ hat hierzu ein breites Angebot entwickelt. Vulnerabilität ist ein Schlusselbegriff und wird adressiert, jedoch nicht unter Nutzung eines menschenrechtlichen Ansatzes und mit nur begrenztem Fokus auf vulnerable Gruppen und deren aktiver Beteiligung im Prozess. Die meisten NAP-Prozesse und die hierbei eingesetzten methodischen Ansätze setzen die Anforderungen eines menschenrechtsbasierten Ansatzes nicht konsequent um.

Basierend auf den Ergebnissen dieser Analyse resultieren folgende Empfehlungen:

  • BMZ, BMUB, GIZ und KfW sollten auf die konsequente Anwendung eines menschenrechtsbasierten Ansatzes bei der Unterstützung des NAP-Prozesses hinarbeiten. Besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen müssen zu Beginn der Planung eindeutig identifiziert, im Planungsprozess angemessen beteiligt und bei der Umsetzung von Maßnahmen priorisiert werden.
  • Die GIZ sollte auf zivilgesellschaftliche Organisationen, auf Fachorganisationen mit ausgewiesener Expertise in Menschenrechts- und Partizipationsfragen, sowie auf CBOs in Ländern, in denen NAP Prozesse beraten werden, zugehen, um Kooperationen im NAP-Prozess zu sondieren. Dies kann auf eine frühzeitige zivilgesellschaftliche Beteiligung im NAP-Prozess sowie eine Fokussierung auf die vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen befördern.
  • Internationale zivilgesellschaftliche Organisationen und ihre Netzwerke sollten sich selbst verstärkt in die NAP-Prozesse einbringen, denn die Einbeziehung und Mitwirkung der Bevölkerung beziehungsweise ihrer Interessensvertretungen ist ein konstitutives Element nachhaltig erfolgreicher Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen.

Weiterlesen: Die komplette Analyse findet sich in der Publikation „Klimapolitik im Faktencheck: Armutsorientierung und Bürgerbeteiligung in der Nationalen Anpassungsplanung (NAP)“, Brot für die Welt Analyse 62

Christine Lottje
Thomas Hirsch / Climate & Development Advice
Sabine Minninger / Brot für die Welt