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Klimafinanzierung im Bundeshaushalt 2017: Bei der Verdoppelung wird getrickst

Mit dem Beschluss zum Bundeshaushalt 2017 hat die Regierungskoalition auch die Aussichten für die Klimafinanzierung im kommenden Jahr festgelegt: 2017 steigen die Klima-Hilfen für arme Länder. Wer aber genauer hinsieht, stellt fest, dass dieses Wachstum nicht ausreicht, um das Versprechen der Bundeskanzlerin zu erfüllen, die öffentlichen Mittel der Klimafinanzierung bis 2020 zu verdoppeln. Es wird zudem auch kreativ gerechnet.

Aussichten 2017: Zu geringes Wachstum

Immerhin: Der Bundeshaushalt 2017 sieht eine Steigerung zumindest der bilateralen Mittel der Klimafinanzierung gegenüber 2016 vor, etwa bei der Technischen und Finanziellen Zusammenarbeit des Entwicklungsministeriums und der Internationalen Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums. Alles palletti also? Nur auf den ersten Blick.

Wachstum Klimafinanzierung im Bundeshaushalt

Zehn Prozent des 100-Milliarden-Versprechens sieht die Bundesregierung als fairen deutschen Beitrag an. Er soll über Haushaltsmittel von BMZ und BMUB, deutschen „Anteilen“ an der Klimafinanzierung multilateraler Entwicklungsbanken, Krediten von KfW und DEG (für die es für 2016 und Folgejahre keine Planzahlen gibt) sowie mobilisierte private Mittel erreicht werden. Bei der Zusage der Bundeskanzlerin, die Klima-Hilfen bis 2020 zu verdoppeln, wird aber gemogelt, und auch das für 2017 geplante Wachstum reicht als Zwischenschritt nicht aus.

Was die Verdoppelung der Klimafinanzierung zwischen 2014 und 2020 angeht, ist der Bundeshaushalt 2017 sozusagen Halbzeit. Weil sich das Versprechen der Bundeskanzlerin auf die zwei Milliarden Euro an geplanten Haushaltsmitteln des Jahres 2014 bezieht und damit das Zielniveau 2020 bei rund vier Milliarden Euro liegt, müssten bei einem gleichmäßigen Anstieg bis 2020 die Klima-Hilfen 2017 etwa das Niveau von drei Milliarden Euro erreichen. Demgegenüber sind die Planzahlen 2017 um 300-500 Millionen Euro zu niedrig (wie Tabelle 1 dieses Oxfam-Briefings zeigt). Der für 2017 vorgesehene (ohnehin nicht sonderlich große) Anstieg der Klimafinanzierung reicht als erster Schritt für die versprochene Verdoppelung also nicht aus.

Zählweise: Es wird getrickst

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung die versprochenen vier Milliarden Euro im Jahr 2020 nicht nur über Haushaltsmittel erreichen möchte, sondern auch über die Anrechnung der Zuschussäquivalente von zinsvergünstigten Darlehen der KfW. Für das Niveau des Ausgangsjahrs 2014 werden aber lediglich die damals geplanten Haushaltsmittel herangezogen. Das bedeutet, es handelt sich in Wahrheit nicht um eine Verdoppelung. Eine ehrliche Umsetzung des Versprechens würde erfordern, dass 2020 die vier Milliarden vollständig als Haushaltsmittel eingestellt werden. Alles andere ist letztlich Trickserei.

Zielmarke 2020: Zu bescheiden

Ohnehin ist fraglich, ob ein Zielniveau von vier Milliarden Euro Haushaltmittel (und Zuschussäquivalenten) im Jahr 2020 angemessen ist, denn das würde bedeuten, dass die Lücke bis zum fairen Anteil Deutschlands am 100-Milliarden-Versprechen (den die Bundesregierung üblicherweise mit zehn Prozent angibt) durch das Anrechnen mobilisierter Mittel des Kapitalmarkts bzw. privater Investitionen geschlossen würde. Zwar sind etwa zinsvergünstigte Darlehen ein gängiges Instrument in der Entwicklungsfinanzierung; die tatsächliche Unterstützungsleistung, zu der die reichen Länder über die UN-Klimarahmenkonvention verpflichtet sind, steckt aber im Ausmaß der Zinsvergünstigung eines Darlehens und nicht im Darlehen selbst. Für eine ambitionierte Interpretation des 100-Milliarden-Versprechens wäre es daher angebracht, ausschließlich die eingesetzten Haushaltsmittel und die Zuschussäquivalente von zinsvergünstigten Darlehen und anderer konzessionärer Instrumente heranzuziehen. Deutschland müsste bis 2020 seine Klima-Hilfen aus dem Bundeshaushalt nicht verdoppeln, sondern etwa vervierfachen.

Weitere Baustellen

Außerdem ist zu bedauern, dass die mittelfristige Finanzplanung bis 2020 keine angemessene Steigerung bei der Internationalen Klimaschutzinitiative des BMUB vorsieht (vgl. Tabelle 2 hier). Die IKI fördert nicht nur Projekte mit sehr ausgeprägter Klimarelevanz, sondern ist auch ein strategisches Instrument der Bundesregierung zur Bildung von Allianzen mit progressiven Ländern im globalen Klimaschutz und bei den internationalen Verhandlungen, für die das BMUB die Federführung hat. Richtig wäre es, die Ansätze der IKI so zu gestalten, dass auch hier bis 2020 mindestens eine Verdoppelung des jährlichen Zusagevolumens erreicht wird.

Der Bundeshaushalt 2017 setzt zudem eines der bestehenden Probleme der deutschen Klimafinanzierung fort: Nach wie vor wird nur ein geringer Teil der Mittel über multilaterale Klimafonds verausgabt (auch wenn Deutschland löblicherweise regelmäßige Beiträge an den Adaptation Fund oder den Least Developed Countries Fund leistet und auch zu den größeren Gebern für den Green Climate Fund gehört). Ärgerlich ist, dass 2017 die Beiträge für multilaterale Fonds sogar sinken sollen.

Und auch in der Berichterstattung zur Klimafinanzierung gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. In beträchtlichem Umfang wird die Klimarelevanz geförderter Programme übeschätzt. Das mindert die Qualität der Maßnahmen zwar nicht, denn die Entwicklungszusammenarbeit verfolgt eine Vielzahl von Prioritäten, die zu trennen in der Regel nicht sinnvoll ist. Allerdings erweckt die Bundesregierung dadurch bei ihren Partnern in den armen Ländern den ungerechtfertigten Eindruck, die Klima-Hilfen (im Sinne der  Verpflichtungen aus der UN-Klimarahmenkonvention) seien höher, als sie tatsächlich sind.

Richtig ist, dass Deutschland nach wie vor einer der großen Geberländer bleibt. Der Haushalt 2017 erlaubt bei der Klimafinanzierung aber eher kleinere Fortschritte. Es bleibt zu hoffen, dass die künftige Bundesregierung (mit ihrem ersten Haushalt 2018) den politischen Willen aufbringt, die Umsetzung gemachter Zusagen ehrgeiziger angehen wird.

Weiterlesen: Oxfam-Briefing zum Bundeshaushalt 2017 (PDF).

Jan Kowalzig, Oxfam