Deutsche Klimafinanzierung / Bundeshaushalt / Zusagen

Klimafinanzierung im Bundeshaushalt 2017: Wo bleibt die Verdoppelung der Klima-Hilfen?

Bis 2020 soll sich die Klimafinanzierung aus Deutschland verdoppeln – so versprach es letztes Jahr Bundeskanzlerin Angela Merkel. Jetzt stellt sich heraus: Nicht nur reicht dafür das im Bundeshaushalt 2017 vorgesehene Wachstum der Klima-Hilfen nicht aus, es wird zudem auch kreativ gerechnet, wie das Oxfam-Briefing zum Bundeshaushalt 2017 nachvollziehen lässt.

Mit ihrem Versprechen, noch dazu Monate vor dem Pariser Klimagipfel, mischte die Bundeskanzlerin damals die Gemeinschaft der Geberländer gehörig auf. Es gab Kritik, mit solchen Zusagen zu einem so frühen Zeitpunkt gäbe man Verhandlungschips aus der Hand; andere Länder fühlten sich gehörig unter Druck gesetzt. Letztlich aber war die Strategie Deutschlands richtig, um den Entwicklungsländern zu signalisieren: Wir nehmen die Zusage der Industrieländer, die Klimafinanzierung für die armen Länder bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben, nicht nur ernst, sondern setzen sie auch um. Paris wurde zu einem Erfolg und gilt als Meilenstein der internationalen Klima-Diplomatie.

Aussichten 2017: zu geringes Wachstum

Wird jetzt verdoppelt? Immerhin: Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2017, der derzeit im Bundestag verhandelt wird, sieht eine Steigerung zumindest der bilateralen Mittel der Klimafinanzierung gegenüber 2016 vor, etwa bei der Technischen und Finanziellen Zusammenarbeit des Entwicklungsministeriums und der Internationalen Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums. Alles palletti? Mitnichten.

Wachstum Klimafinanzierung im Bundeshaushalt

Zehn Prozent des 100-Milliarden-Versprechens sieht die Bundesregierung als fairen deutschen Beitrag an. Er soll über Haushaltsmittel von BMZ und BMUB, deutschen „Anteilen“ an der Klimafinanzierung multilateraler Entwicklungsbanken, Krediten von KfW und DEG (für die es für 2016 und Folgejahre keine Planzahlen gibt) sowie mobilisierte private Mittel erreicht werden. Bei der Zusage der Bundeskanzlerin, die Klima-Hilfen bis 2020 zu verdoppeln, wird gemogelt: Während als Basisniveau die ca. zwei Milliarden Euro an Haushaltsmitteln im Jahr 2014 dienen, sollen für das Zielniveau (vier Milliarden Euro) auch die Zuschussäquivalente konzessionärer KfW-Kredite eingerechnet werden. Zudem reichen die Planzahlen 2017 als Zwischenschritt zur Verdoppelung nicht aus, sondern liegen um 300-500 Mio. Euro zu niedrig.

Zum einen findet der geplante Anstieg der Klimafinanzierung innerhalb sinkender Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit insgesamt statt. Zwar sollen 2017 die Ausgaben bzw. Abflüsse steigen – dies ist aber lediglich eine Folge bilateraler Zusagen der Vorjahre, die nun umgesetzt werden. Das Volumen möglicher Neuzusagen 2017 aber soll gegenüber 2016 um Hunderte Millionen Euro gekürzt werden – durch eine Kürzung der Verpflichtungsermächtigungen der relevanten Haushaltstitel (z.B. bei der Technischen und Finanziellen Zusammenarbeit), über die solche Zusagen haushaltstechnisch abgedeckt sind. Das ist nicht nur ein herber Schlag für die Entwicklungszusammenarbeit, sondern erhöht auch die ‚Konkurrenz‘ zwischen der Klimafinanzierung und der Entwicklungsfinanzierung für andere Belange.

Zum anderen reicht der vorgesehene Anstieg der Klimafinanzierung als erster Schritt für die versprochene Verdoppelung nicht aus. In den Erläuterungen der Bundesregierung zum Haushaltsentwurf wird klargestellt, dass sich die Verdoppelung auf die zwei Milliarden Euro an geplanten Haushaltsmitteln des Jahres 2014 bezog und 2020 nun das Niveau von vier Milliarden erreicht werden soll. Da nächstes Jahr sozusagen Halbzeit ist, müssten für einen gleichmäßigen Anstieg die Klima-Hilfen 2017 etwa das Niveau von drei Milliarden Euro erreichen. Demgegenüber sind die Planzahlen 2017 um 300-500 Millionen Euro zu niedrig (wie sich aus Tabelle 1 dieses Oxfam-Briefings zeigt).

Zählweise: Es wird getrickst

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung die versprochenen vier Milliarden Euro im Jahr 2020 nicht nur über Haushaltsmittel erreichen möchte, sondern auch über die Anrechnung der Zuschussäquivalente von zinsvergünstigten Darlehen der KfW. Sie aber werden für das Niveau des Ausgangsjahrs 2014 nicht einrechnet, d.h. es handelt sich in Wahrheit nicht um eine Verdoppelung. Eine ehrliche Umsetzung des Versprechens würde erfordern, dass 2020 die vier Milliarden vollständig als Haushaltsmittel eingestellt werden. Alles andere ist letztlich Trickserei.

Ohnehin ist fraglich, ob ein Zielniveau von vier Milliarden Euro Haushaltmittel (und Zuschussäquivalenten) im Jahr 2020 angemessen ist, denn das würde bedeuten, dass die Lücke bis zum fairen Anteil Deutschlands am 100-Milliarden-Versprechen (den die Bundesregierung üblicherweise mit zehn Prozent angibt) durch das Anrechnen mobilisierter Mittel des Kapitalmarkts bzw. privater Investitionen schließen würde. Zwar sind etwa zinsvergünstigte Darlehen ein gängiges Instrument in der Entwicklungsfinanzierung; die tatsächliche Unterstützungsleistung, zu der die reichen Länder sich in der UN-Klimarahmenkonvention verpflichtet hatten, steckt aber im Ausmaß der Zinsvergünstigung eines Darlehens und nicht im Darlehen selbst. Für eine ambitionierte Interpretation des 100-Milliarden-Versprechens wäre es daher angebracht, ausschließlich die eingesetzten Haushaltsmittel und die Zuschussäquivalente von zinsvergünstigten Darlehen und anderer konzessionärer Instrumente heranzuziehen. Deutschland müsste bis 2020 seine Klima-Hilfen aus dem Bundeshaushalt nicht verdoppeln, sondern etwa vervierfachen.

Außerdem ist es bedauerlich, dass die mittelfristige Finanzplanung bis 2020 keine angemessene Steigerung bei der Internationalen Klimaschutzinitiative des BMUB vorsieht (vgl. Tabelle 2 hier). Die IKI fördert nicht nur Projekte mit sehr ausgeprägter Klimarelevanz, sondern ist auch ein strategisches Instrument der Bundesregierung zur Bildung von Allianzen mit progressiven Ländern im globalen Klimaschutz und bei den internationalen Verhandlungen, für die das BMUB die Federführung hat. Richtig wäre es, die Ansätze der IKI so zu gestalten, dass auch hier bis 2020 mindestens eine Verdoppelung des jährlichen Zusagevolumens erreicht werden kann.

Und schließlich setzt der Entwurf für den Bundeshaushalt eines der bestehenden Probleme der deutschen Klimafinanzierung fort: Nach wie vor werden nur knapp ein Zehntel der Mittel über multilaterale Klimafonds verausgabt (auch wenn Deutschland löblicherweise regelmäßige Beiträge an den Adaptation Fund oder den Least Developed Countries Fund leistet und auch zu den größeren Gebern für den Green Climate Fund gehört). Ärgerlich ist, dass 2017 die Beiträge für multilaterale Fonds sogar sinken sollen.

Kurz vor der UN-Weltklimakonferenz in Marrakesch steht die Bundesregierung in Sachen Klimafinanzierung also nur mit Einschränkungen gut da. Richtig ist, dass Deutschland nach wie vor einer der großen Geberländer ist. Umso wichtiger wäre es nun, die Umsetzung gemachter Zusagen ehrgeiziger anzugehen. Bleibt zu hoffen, dass die Regierungskoalition im Bundestag dafür auch hinsichtlich des Haushalts 2017 den politischen Willen aufbringt.

Jan Kowalzig, Oxfam