Private Klimafinanzierung
Internationale Klimafinanzierung: Anrechnung privater Mittel?
Eine Betrachtung der Möglichkeiten und Schwierigkeiten “privater Klimafinanzierung“
In Cancún haben sich die Industrieländer verpflichtet, ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Mrd. US Dollar zu mobilisieren (§ 98 Cancún Agreements). Direkt auf diese Verpflichtung (§ 99) folgt im Entscheidungstext die Aussage, dass die Unterstützung, die für Entwicklungsländer bereitgestellt wird, aus verschiedenen Finanzquellen – öffentlichen und privaten, bilateralen und multilateralen und alternativen – kommen kann. Da das Thema der Anrechung privater Mittel in letzter Zeit in den Verhandlungen und bei Diskussionen zu internationaler Klimafinanzierung immer wieder angesprochen wird, soll es Thema dieses Blogs werden.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass private Investitionen für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern – und natürlich auch in Industrieländern – sehr wichtig sind. Denn wenn man die verschiedenen – sich teilweise stark unterscheidenden – Berechnungen für notwendige Mittel für die Finanzierung von Emissionsminderungs- und Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern anschaut, wird schnell deutlich, dass weitaus mehr als die 100Mrd. US Dollar gebraucht werden. So errechnete zum Beispiel die Weltbank allein für Emissionsminderung in Entwicklungsländern für die nächsten zwanzig Jahre jährlich notwendige Finanzierungsbedarfe in Höhe von 140-175 Mrd. US Dollar und für Anpassung geht die Weltbank für die nächsten 40 Jahre von jährlich notwendigen 30-100 Mrd. US Dollar aus.[1] Und um in Zeiten der Finanzkrise diese Geldsummen aufbringen zu können, sind sowohl öffentliche als auch private Mittel notwendig.
Wenn es nun aber um die Frage geht, ob überhaupt private Mittel auf die 100Mrd. US Dollar -Zusage angerechnet werden dürfen und wenn ja welche Art von privaten Mitteln, tauchen einige Fragen und Probleme auf. Denn, wenn wir ohnehin schon sehen, dass wir weitaus mehr als die USD 100Mrd. brauchen, sollte dieser Beitrag dann nicht rein aus öffentlichen Mitteln bestehen? Und sollte das öffentliche Geld nicht genutzt werden, um zusätzlich private Mittel anzureizen? So könnte man die Lücke zwischen notwendigen finanziellen Mitteln und tatsächlich bereitgestellten Mitteln verringern oder im Idealfall schließen. Der Idealfall wäre, dass dann nur öffentliche Mittel auf die 100Mrd. US Dollar –Zusage angerechnet werden.
Daher gibt es auch verschiedene Meinungen darüber, ob private Mittel auf die 100Mrd. US Dollar Zusage angerechnet werden können. So sollte dies nach Ansicht der einen möglich sein, während andere sagen, dass die gesamte Summe nur aus öffentlichen Geldern kommen sollte. Für eine detailliertere Diskussion zur Frage einer möglichen Anrechenbarkeit von privaten Mitteln und dabei auftretenden Schwierigkeiten möchte ich hier auf das Germanwatch-Diskussionspapier The goal of 100bn USD of climate finance verweisen. In diesem Papier wird argumentiert, dass man bei einer möglichen Anrechnung in jedem Fall eng an dem Wortlaut der Cancún-Entscheidung bleiben sollte, nämlich dass die 100Mrd. US Dollar von den Industrieländern mobilisiert werden müssen. Die genaue Bedeutung des Begriffs „mobilisieren“ ist noch unklar. Im Diskussionspapier wird argumentiert, dass daher keineswegs einfach alle privaten Mittel, die klimarelevant in Entwicklungsländern investiert werden, als Klimafinanzierung angerechnet werden könnten, sondern höchstens nur solche, bei denen eine enge, direkte kausale Verknüpfung mit staatlichem Handeln besteht. Ebenso wird darin diskutiert, dass, sollte es zu einer Anrechnung kommen, von privaten Mitteln nur die sogenannten „Nettoflüsse“ angerechnet werden sollten.
Doch neben all den Anrechnungsfragen besteht noch ein weiteres Problem. Denn bereitgestellte, internationale Klimafinanzierung muss unter der Klimarahmenkonvention auch gemessen und berichtet werden. Insofern müsste es, um Vergleichbarkeit zu ermöglichen, für das Berechnen der “privaten Klimafinanzierung“ klare Regeln geben. Dazu gehört auch Klarheit darüber, wie die Berichterstattung über realisierte private Klimafinanzierung erfolgen soll. Denn letztendlich wird es bei privaten Investitionen vermutlich auch immer vertrauliche Daten und Informationen geben, über die insofern kaum berichtet werden kann.
All diese Punkte machen deutlich, dass es hier noch viele Fragen gibt, die geklärt werden müssen. Und je früher sie beantwortet werden, desto besser. In jedem Fall sollten sie geklärt werden, bevor es möglicherweise gängige Praxis wird, private Finanzmittel auf die 100Mrd US Dollar– Zusage anzurechnen.
Linde Grießhaber, Germanwatch
Für weitere Papiere zum Thema private Finanzierung, siehe zum Bsp. Griffiths, Jesse, 2012: `Leveraging` private sector finance, How does it work and what are the risks? Bretton Woods Project (Hrsg.)
[1] World Bank, 2010: Word Development Report, Development and climate change, Washington D.C. siehe hierzu auch Grießhaber, Linde, 2011: Transparenz in der internationalen Klimafinanzierung, Stand der Diskussion und Anforderungen an einen MRV-Mechanismus, Germanwatch (Hrsg). Hierbei muss beachtet werden, dass verschiedenen Berechnungen oft unterschiedliche Annahmen (wie zum Bsp. bzgl. inkrementeller Kosten oder inkrementeller Investitionen) zugrunde liegen; die Weltbank geht hier bzgl. Emissionsminderung von inkrementellen Kosten aus. Darüber hinaus würden laut der Weltbank neben den Kosten für die Emissionsminderungen noch weitere damit zusammenhängende Finanzierungsbedarfe zwischen 265-565 US Dollar bestehen (World Bank, 2010 Word Development Report, Development and climate change, Washington D.C.).