Transparenz
Deutsche Klimafinanzierung: Auf dem Weg zu mehr Transparenz?
Dass die Industrieländer ihre finanziellen Zusagen möglichst transparent umsetzen sollten, ist für den internationalen Klimaverhandlungsprozess essentiell. Schließlich kann eine transparente Mittelbereitstellung seitens der Industrieländer dabei helfen, Vertrauen zwischen Industrie- und Schwellenländern aufzubauen. Bei den Klimaverhandlungen wird dieser Thematik durchaus Rechnung getragen – und dabei spielen drei Aspekte eine besondere Rolle, die man mit den drei Buchstaben „MRV“ zusammenfasst: Sie stehen für „Measuring, Reporting and Verifying“ (also Messbarkeit, Berichtsfähigkeit und Überprüfbarkeit). Zwar gibt es bisher auf internationaler Ebene noch kein einheitliches „MRV-System“, das eine Beurteilung der internationalen Klimafinanzierung auf Grundlage eines einheitlichen Maßstabs ermöglichen würde. Aber immerhin wurden bei den letzten Klimaverhandlungen in Durban Ende 2011 sogenannte „reporting guidelines“ vereinbart. Ein Fortschritt sicher – allerdings reicht dies allein bei weitem noch nicht aus.
Transparenzgewinn durch Fast-Start-Finance
Was die deutsche Klimafinanzierung betrifft, so hat die Fast-Start-Finance-Periode von 2010 bis 2012 durchaus zu mehr Transparenz geführt – zumindest was die quantitative Darstellung anbelangt: Den Angaben der Bundesregierung zufolge hat Deutschland die Mittel für Fast-Start-Finance „on the top“ der bereits bestehenden Klimafinanzierung aus dem Jahr 2009 gegeben. D.h. im Jahr 2009 stellte die Bundesregierung 900 Mio. Euro für die internationale Klimafinanzierung bereit; für Fast-Start-Finance versprach die Bundesregierung folgende Summen bereitzustellen: 2010 – 350 Mio. Euro, 2011 – 409 Mio. Euro und 2012 – 501 Mio. Euro. Aus diesen Zahlen lässt sich also auch die Gesamtsumme für den deutschen Beitrag zur Klimafinanzierung herleiten – für das Jahr 2010 lag dieser also bei 1,25 Mrd. Euro.
Diese Zahl für 2010 stimmt auch mit den Angaben an anderen Stellen im Großen und Ganzen überein: Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Grünen Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe, MdB zur Klimafinanzierung (09/2011) geht hervor, dass Deutschland etwa 1,2 Mrd. Euro für 2010 Klimafinanzierung zur Verfügung gestellt hat. Ähnliches geht aus einem Fragebogen hervor, den Deutschland 2011 für einen EU-Report beantwortet hat. Dort heißt es, dass Deutschland 1,261 Mrd. Euro für 2010 für die Klimafinanzierung bereitstellte.
Irritation: Unterschiedliche Angaben für Klimafinanzierung für 2010
Verwunderlich ist deshalb, dass auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu lesen ist, dass die Klimafinanzierung in 2010 bei 1,424 Mrd. Euro lag. Erstaunt stellt man also eine „wundersame Geldvermehrung“ für das Jahr 2010 fest.
Wie kann das sein? Liegt es daran, dass hier auch sogenannte Verpflichtungsermächtigungen dazu gerechnet wurden – also Mittelzusagen für die Zukunft? Eigentlich wäre ja davon auszugehen, dass nur Barmittel (also der konkrete Mittelabfluss im betreffenden Haushaltsjahr) angegeben werden.
Ein Vergleich zum besseren Verständnis sei an dieser Stelle erlaubt. Wenn man Barmittel und Verpflichtungsermächtigung zusammenrechnet (und dies nicht entsprechend kennzeichnet), kann man es damit vergleichen, als würde man Monatsgehalt (vergleichbar mit Barmitteln) und Jahresgehalt (vergleichbar mit Verpflichtungsermächtigungen) eines Arbeitnehmers zusammenrechnen. Wenn jemand 4.000 Euro mtl. verdient, bezieht er ein Jahresgehalt von 48.000 Euro. Ähnlich wäre es, wenn er als Auskunft gibt, er verdiene 52.000 Euro im Januar – und damit Monats- und Jahresgehalt zusammenrechnet.
Ist das der Grund für die hohe Summe im Jahr 2010, dass also „Äpfel und Birnen“ zusammenrechnet wurden? Dies ist nur eine Mutmaßung – das muss an dieser Stelle betont werden. Es ist ja durchaus erfreulich, dass die Bundesregierung inzwischen ausführlichere Informationen auf der Website zur Verfügung stellt – wobei die Zahlen, wie dargestellt, bereits für Verwirrung sorgen.
Fortschritt: Projektlisten für 2010 auf BMZ-Website einsehbar
Seit kurzem sind auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auch Projektlisten der bilateralen klimarelevanten Zusammenarbeit einsehbar für das Jahr 2010. Dies ist ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz.
… aber leider nur ein erster Schritt, denn vergleicht man diese Projektlisten aus dem BMZ mit den Informationen, die das BMU für die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) bereithält, dann ist man doch etwas enttäuscht: Die Darstellung der BMZ-Projekte lässt doch „Tiefenschärfe“ vermissen. Eine qualitative Aussage über die Projekte ist anhand der zur Verfügung gestellten Daten kaum möglich. Man erfährt nur vier Dinge: Projekttitel, die Durchführungsorganisation, den Anwendungsbereich (Minderung, Anpassung oder Regenwaldschutz) und die Fördersumme. Bemerkenswert ist auch, dass „für 2010 […] die BMZ Klimaleistungen aus technischen Gründen noch – je nach thematischer Ausrichtung des Vorhabens – nach Erfahrungswerten mit 25 Prozent, 50 Prozent, 75 Prozent und 100 Prozent des BMZ Fördervolumens angerechnet“ werden. Hier hätte man sich natürlich gewünscht, dass es einen Hinweis gibt, wie die einzelnen Projekte tatsächlich angerechnet wurden – schließlich macht es doch einen Unterschied, ob sie zu 25% oder 100 % als klimarelevant gekennzeichnet wurden.
Vorbild bei der Darstellung der klimarelevanten Projekte sollte für das BMZ die Transparenz der IKI sein. Denn auf der IKI-Website stehen Kurzinformationen zu jedem einzelnen Projekt, außerdem wird der Partner im Zielland genannt, sowie die Projektlaufzeit und es findet sich ein Hinweis auf den Internetauftritt des Projekts.
Der Weg zu mehr Transparenz für den deutschen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung ist beschritten, dies muss man durchaus anerkennen. Dennoch: Auf nationaler Ebene ebenso wie auf internationaler Ebene liegt noch ein weiter Weg, sofern man den Aspekten „Measuring, Reporting and Verifying“ wirklich gerecht werden will.
Anja Esch
05.08.2012