Loss & Damage / Internationale Klimafinanzierung
Schäden durch Klimawandel: Kann der neue Klimafonds halten, was er verspricht?
Der neue globale Fonds für Verluste und Schäden zielt darauf ab, Länder, die durch die Klimakrise gefährdet sind, in ihrer Bewältigung zunehmender Schäden zu unterstützen. Nach seiner Etablierung sind wichtige Fragen noch ungelöst. Kann der Fonds liefern?
Als auf dem letzten Klimagipfel (COP28) in Dubai die Charta für einen neuen Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden (Fund for responding to Loss and Damage, FRLD) verabschiedet wurde und die Einladung an die Weltbank ging, das Sekretariat des neuen Fonds zu übernehmen, wurde dies als großer Erfolg gefeiert. Die am stärksten von der Klimakrise betroffenen Entwicklungsländer hatten jahrzehntelang auf diesen Finanzierungsmechanismus als Ausdruck der Klimagerechtigkeit und der globalen Solidarität gedrängt, dabei aber sorgfältig den Begriff Reparationen vermieden, um die Ablehnung, Ablenkungsmanöver und Verzögerungstaktiken der Industrieländer zu überwinden. Letztendlich wurde der Fonds dank des vereinten Einsatzes der Entwicklungsländer – unterstützt durch eine koordinierte globale Lobbyarbeit der Zivilgesellschaft – ins Leben gerufen. Ein Jahr später sind rechtzeitig zur COP29 in Baku wichtige Fristen für den institutionellen Aufbau des neuen Fonds eingehalten worden, die vor dem Hintergrund neuer globaler Temperaturrekorde und verheerender Extremwetterereignisse von noch nie dagewesenem Ausmaß in diesem Jahr sowohl die Notwendigkeit des Fonds als auch die Dringlichkeit von Fördermaßnahmen unterstreichen. Die Kernarbeit für die vollständige Operationalisierung des Fonds besteht darin, sich auf den Umfang, die Größenordnung und die wichtigsten Umsetzungsstrategien des Fonds – einschließlich vereinfachter und vielfältiger Zugangsmodalitäten – zu einigen, um sicherzustellen, dass er die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern schnell und unbürokratisch unterstützt. Diese kann jedoch erst nach der COP29 in Angriff genommen werden. Ein Konsens darüber ist notwendig, damit Gelder aus dem Fonds frühestens Mitte 2025 fließen können.
Unklarheit über Finanzierungsverpflichtungen und Umfang
Wie viel Geld wird der Fonds zur Verfügung stellen können? Dies ist nach wie vor die wichtigste unbeantwortete Frage. Ungeklärt ist auch, wer in den FRLD einzahlen wird und wer bei der Unterstützung durch den Fonds Vorrang haben sollte. Die auf dem vergangenen Klimagipfel von 18 Ländern und der Europäischen Union gemachten Zusagen in Höhe von 674 Millionen US-Dollar für den neuen Fonds wurden von den Industrieländern als Musterbeispiel für ein neues kooperatives Klimafinanzierungsmodell gepriesen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, der Gastgeber der COP28, steuerten 100 Millionen US-Dollar bei und übertrafen damit die Zusagen reicher Industrieländer wie die der Vereinigten Staaten (17,5 Millionen US-Dollar) und Japans (10 Millionen US-Dollar). Die reichen Länder hatten allerdings auf eine Formulierung in der COP28-Entscheidung gedrängt, die die Freiwilligkeit aller Beiträge betont. Damit distanzierten sie sich von ihren bestehenden finanziellen Verpflichtungen im Rahmen des UNFCCC-Klimaregimes und des Pariser Abkommens zum Emissionsschutz und zur Anpassung, da sie historisch und auch weiterhin für den Großteil der Kohlenstoffemissionen verantwortlich sind. Weiter heißt es lediglich, dass die Industrieländer „die Führung“ bei der Bereitstellung von Mitteln für den „Beginn der Operationalisierung des Fonds“ übernehmen würden. Dies ist nicht gleichbedeutend mit dem klaren Bekenntnis der Industrieländer, die finanzielle Zukunft des Fonds zu sichern, und schon gar nicht in einer Größenordnung, die dem wachsenden Bedarf für steigende Verluste und Schäden entspricht, der nach jüngsten Schätzungen bis 2030 bei bis zu 671 Milliarden US-Dollar pro Jahr liegen könnte.
Einige neue Untersuchungen haben errechnet, wie ein fairer Beitrag der einzelnen Industrieländer für den FRLD in der Größenordnung dieses Bedarfs aussehen würde – demnach wären Beiträge in Milliardenhöhe erforderlich. Seit dem Gipfeltreffen in Dubai haben nur drei weitere Länder und eine Region neue Zusagen gemacht, wodurch sich die Gesamtsumme an Zusagen für den Fonds auf 702 Millionen US-Dollar erhöht hat, wobei bislang nur 10 Millionen US-Dollar an den Fonds überwiesen wurden. Allerdings wurden bislang nur 10 Millionen US-Dollar an den Fonds überwiesen. Und obwohl die COP29 als „Klimafinanzierungs-COP“ angepriesen wird, sind zusätzliche und vor allem umfangreiche neue Zusagen für den Fonds unwahrscheinlich. Die reichen Länder wehren sich nämlich dagegen, dass Verluste und Schäden als thematischer Schwerpunkt der finanziellen Unterstützung in das neue kollektive quantifizierte Ziel zur Klimafinanzierung (NCQG) aufgenommen werden, das in Baku beschlossen werden soll. Sollten sich die Industrieländer mit ihren Prioritäten für ein neues NCQG durchsetzen, könnte das neue Ziel dem Ansatz des Fonds gleichkommen, demzufolge alle Beiträge freiwillig wären. Das NCQG soll 2025 das im Jahr 2009 festgelegte Jahresziel von 100 Milliarden US-Dollar bis 2020 ersetzen. Dieses ursprüngliche Ziel sah vor, dass die Industrieländer öffentliche Unterstützung für die Klimaschutzmaßnahmen der Entwicklungsländer bereitstellen, allerdings nur für die Anpassung und die Emissionsminderung. Der künftige Umfang des Fonds ist daher untrennbar mit dem Umfang des neuen Klimafinanzierungsziels und der Unterstützung mit öffentlichen Mitteln verbunden, sowie mit der Art und Weise, wie sich Verluste und Schäden in der Struktur des Ziels widerspiegeln werden.
Tabelle: Stand der Zusagen für den Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden (FRLD) vor der COP29
Auf der COP28 in Dubai erhaltene Zusagen für den FRLD *
Beitragszahler | Zugesagter Betrag (in Millionen) | Zugesagter Betrag (in Mio. USD) | Eingezahlter Betrag (in Mio. USD) |
---|---|---|---|
Kanada | CAD 16,00 | 11,88 | |
Dänemark | DKK 175,00 | 26,18 | |
Estland | EUR 0,05 | 0,06 | |
Europäische Kommission | EUR 25,00 | 27,89 | |
Finnland | EUR 3,00 | 3,35 | |
Frankreich | EUR 100,00 | 111,55 | |
Deutschland | USD 100,00 | 100,00 | |
Island | USD 0,60 | 0,60 | |
Irland | EUR 25,00 | 27,89 | |
Italien | EUR 100,00 | 111,55 | |
Japan | USD 10,00 | 10,00 | 10 |
Niederlande | EUR 15,00 | 16,73 | |
Norwegen | NOK 270,00 | 25,58 | |
Portugal | EUR 5,00 | 5,58 | |
Slowenien | EUR 1,50 | 1,67 | |
Spanien | EUR 20,00 | 22,31 | |
Vereinigte Arabische Emirate | USD 100,00 | 100,00 | |
Vereinigtes Königreich | GBP 40,00 | 53,52 | |
Vereinigte Staaten | USD 17,50 | 17,50 | |
COP28 INSGESAMT | 673.84 | 10 |
*Währungsumrechnung auf der Grundlage der Wechselkurse vom 26. September 2024 (Quelle: Weltbank)
Seit der COP28 in Dubai eingegangene Zusagen für den FRLD*
Beitragszahler | Zugesagter Betrag (in Millionen) | Zugesagter Betrag (in Mio. USD) | Eingezahlter Betrag (in Mio. USD) |
---|---|---|---|
Luxemburg | EUR 8,00 | 8,92 | |
Südkorea | USD 7,00 | 7,00 | |
Österreich | EUR 10,00 | 11,15 | |
Wallonien (Region in Belgien) | EUR 1,00 | ||
Zusätzliche Zusagen INSGESAMT | 17,66 | ||
GESAMT | 702,01 | 10 |
*Währungsumrechnung auf der Grundlage der Wechselkurse vom 26. September 2024 (Quelle: Weltbank)
Quelle: FRLD Board Document FLD/B.3/8, Report of the Board to the Conference of the Parties at its twenty-ninth session and the Conference of the Parties serving as the meeting of the Parties to the Paris Agreement at its sixth session, Table 2.
Fokus auf die Einhaltung der Fristen
Der Fonds, der von einem 26-köpfigen Verwaltungsrat mit einer Mehrheit von 14 Vertreter*innen aus Entwicklungsländern – darunter jeweils zwei aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) und den kleinen Inselstaaten (SIDS) – geleitet wird, startete nur langsam. Das Gremium, das laut COP28-Beschluss seine erste Sitzung bis Ende Januar einberufen sollte, kam erst mit dreimonatiger Verspätung zusammen, da sich die Industrieländer mit der Nominierung ihrer Vertretungen Zeit ließen. Das Gremium wird von zwei Klimafinanzierungsveteranen aus Südafrika und Frankreich geleitet, die über Erfahrungen mit dem Grünen Klimafonds (GCF) verfügen. Es hatte einen engen Zeitplan zu bewältigen, um die auf der COP28 festgelegten Mandate in nur sieben Monaten während drei Sitzungen – Anfang Mai, Juli und September – vor der COP29 zu erfüllen. Die wichtigsten Fristen betrafen die Aushandlung und den Abschluss der Vereinbarungen mit der Weltbank, die durch den Beschluss von Dubai aufgefordert war, den FRLD als Finanzmittlerfonds (financial intermediary fund, FIF) mit Treuhanddiensten und administrativer sowie technischer Unterstützung für das neue Sekretariat einzurichten. Dies war in der Entwicklungsphase des Fonds im Jahr 2023 sehr umstritten. Sowohl Entwicklungsländer als auch Beobachter*innen der Zivilgesellschaft drängten auf die Einrichtung des neuen Fonds als völlig unabhängige internationale Institution, um sicherzustellen, dass er anders als die bestehenden Mechanismen arbeiten kann. Die Industrieländer setzten sich letztlich in einem hart erkämpften Kompromiss mit dem Argument durch, dass der Fonds mit struktureller Unterstützung der Weltbank mehr Unterstützung erhalten und schneller arbeitsfähig sein würde.
Diese Vereinbarung wird zunächst für vier Jahre gelten, könnte aber dauerhaft werden, wenn auf der COP33 im Jahr 2028 festgestellt wird, dass die Weltbank, die die Einladung zur Unterstützung des Fonds im Juni dieses Jahres angenommen hat, bis dahin elf Bedingungen erfüllt, um die Unabhängigkeit des Fonds und seines Vorstands bei allen Finanzierungsentscheidungen und operativen Maßnahmen zu gewährleisten. Der FRLD ist nicht Teil der Weltbank, sondern Teil des Finanzierungsmechanismus des UNFCCC und des Pariser Abkommens und ist gegenüber allen Vertragsparteien rechenschaftspflichtig – nicht gegenüber dem Verwaltungsrat der Weltbank. Er muss auf dem jährlichen Klimagipfel seinen Jahresbericht vorlegen, der dem Vorstand des Fonds damit Leitlinien für dessen operative Arbeit vorgibt. Die vielleicht wichtigste Bedingung ist es, die Umsetzungspolitik des Fonds so zu gestalten, dass die Entwicklungsländer ihren eigenen subnationalen, nationalen und regionalen Agenturen und Einrichtungen direkten Zugang zu den Mitteln des Fonds gewähren können. Und das zusätzlich zur direkten Budgethilfe und zur Finanzierung kleinerer Zuschüsse für betroffene Gemeinschaften – auch wenn die Standard-FIF-Verfahren der Weltbank normalerweise nur multilaterale Entwicklungsbanken und Organisationen der Vereinten Nationen mit der Durchführung betrauen.
Damit der Verwaltungsrat die erforderliche vertragliche Vereinbarung mit der Weltbank abschließen konnte – die er auf seiner dritten Verwaltungsratssitzung im September in nichtöffentlicher Sitzung nach wochenlangen Verhandlungen genehmigte, aber noch nicht veröffentlichte – musste er zunächst seine eigene Rechtsfähigkeit und -persönlichkeit sicherstellen. Dazu benötigte der Verwaltungsrat ein Gastland, das ihm diese Rechtsfähigkeit verleiht. Die Philippinen, die auf der zweiten Sitzung des Gremiums im Juli aus sieben Kandidaten ausgewählt wurden, unterzeichneten Ende August 2024 einen entsprechenden Parlamentsbeschluss. Als Gastland des Verwaltungsrats werden die Philippinen auch die Mehrzahl der künftigen Sitzungen ausrichten, darunter die erste nach der COP29 Anfang Dezember in Manila.
Der neue Exekutivdirektor gibt den Ton an
Die unverzügliche Ernennung des Exekutivdirektors des Fonds durch ein transparentes Auswahlverfahren war ein weiteres Mandat der COP28, das der Verwaltungsrat bis zur COP29 erfüllen wollte. Auch dies war an die vertraglichen Vereinbarungen mit der Weltbank geknüpft, da der Exekutivdirektor – wie auch das künftige Personal des unabhängigen Fondssekretariats – bei der Weltbank angestellt sein wird und somit der Personalpolitik der Bank unterliegt. Der Vertragstext der Aufnahmevereinbarungen mit der Weltbank soll die volle Autonomie des Verwaltungsrats des Fonds bei der Auswahl des Exekutivdirektors bekräftigen und dessen Verantwortlichkeiten, wie z. B. seine Berichtspflichten, klären. Der Exekutivdirektor sieht sich mit einer doppelten Loyalitätsanforderung konfrontiert: Er ist gegenüber dem Verwaltungsrat des Fonds für die Entwicklung und Umsetzung der Fondsrichtlinien und -verfahren sowie für die Ausführung des Verwaltungshaushalts des Fonds rechenschaftspflichtig, untersteht aber auch dem Vizepräsidenten der Weltbank, der für die Einhaltung der Personalpolitik im unabhängigen Sekretariat des Fonds verantwortlich ist. Bereits auf seiner ersten Sitzung Anfang Mai leitete der Verwaltungsrat des Fonds das Auswahlverfahren ein, bei dem eine mit der Weltbank zusammenarbeitende Personalvermittlungsagentur mit der Rekrutierung sowie anschließenden Erstellung einer Auswahlliste aus einem breiten Kandidat*innenfeld beauftragt wurde. Ein Unterausschuss des Verwaltungsrats lud eine Gruppe von sechs Kandidat*innen ein und wählte daraus drei Personen aus, die sich dann auf der dritten Sitzung des Verwaltungsrats im September vorstellten.
Die Wahl von Ibrahima Cheikh Diong zum ersten Exekutivdirektor der FRLD wurde öffentlich bekannt gegeben, nachdem er seinen Vertrag mit der Weltbank für eine erste vierjährige Amtszeit ab 1. November 2024 unterzeichnet hatte. Der gebürtige Senegalese und Amerikaner war zuvor in verschiedenen leitenden Positionen bei der senegalesischen Regierung, der Weltbank und deren privatwirtschaftlichem Zweig sowie bei Privatbanken tätig. Zuletzt leitete er die Afrikanische Risikokapazität (African Risk Capacity, ARC) der Afrikanischen Union, die den afrikanischen Mitgliedsländern nach extremen Wetterereignissen und Epidemien einen Risikotransfer und eine Risikopooling-Versicherung bietet. Angesichts seines Hintergrundes befürchten einige Beobachter*innen, dass Cheikh Diong Versicherungskonzepte bevorzugen könnte, die lange Zeit Priorität der Industrieländer bei der Finanzierung von Verlusten und Schäden waren – obwohl die Versicherbarkeit bei steigenden Verlusten und Schäden sinkt, während die Prämien bei geringeren Auszahlungen steigen.
Es wird erwartet, dass Cheikh Diong sich und seine Vision für die Arbeit des Fonds und seines Sekretariats auf der COP29 einem breiteren Publikum vorstellt. Als erster Exekutivdirektor hat er die Aufgabe, das neue unabhängige Sekretariat so schnell wie möglich einzurichten und mit Personal zu besetzen – und damit den Übergang vom derzeitigen Interimssekretariat mit Mitarbeitenden des UNFCCC, des Grünen Klimafonds und des UNDP zu bewältigen. Seine Personalbesetzung wird den Ton für den neuen Fonds angeben. Sie wird ein erster Hinweis darauf sein, ob er bereit ist, eine Reihe von Expert*innen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen an vorderster Front der Klimakrise und mit der Fähigkeit, bei der Klimafinanzierung über den Tellerrand hinauszuschauen, einzustellen, anstatt zweckmäßig hauptsächlich aus dem Pool der Weltbank-Mitarbeiter*innen zu schöpfen. Zweifellos werden seine Entscheidungen und sein eigener Hintergrund die Richtung vorgeben und die Entwicklung der operativen Politik für den Fonds beeinflussen, die nach der COP29 an Fahrt aufnehmen wird. Somit wird er bestimmen, ob der neue Fonds wirklich innovativ sein wird und seine Finanzierung auf eine „geschäftsunübliche“ Art und Weise durchführen kann. Mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen haben in einem Schreiben ihre Hoffnung und Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass der neue Exekutivdirektor ein starkes Engagement für einen menschenrechtsbasierten und geschlechtergerechten Finanzierungsansatz in den FRLD einbringt, der den Zugang zu Finanzmitteln für betroffene Gemeinschaften, Frauen und verschiedene Geschlechtergruppen, Arbeiter*innen, indigene Völker und marginalisierte Gruppen sicherstellt, indem Klimafinanzierungsentscheidungen auf lokal geführte Initiativen und Ansätze übertragen werden.
Wird der Fonds neue Wege einschlagen?
Auf seinen drei Sitzungen im Laufe des Jahres hat der Verwaltungsrat wiederholt betont, dass der Fonds mutig, anders und innovativ auf Verluste und Schäden reagieren muss, unter anderem durch die gezielte Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung gefährdeter Gemeinschaften. Das Gremium muss jedoch noch eine einheitliche Vision für den Fonds und sein „Geschäftsmodell“ entwickeln oder seinen Platz in der weiteren Finanzierungslandschaft mit Akteur*innen definieren, die bereits einige Aspekte der Bewältigung von Verlusten und Schäden finanzieren, wie z. B. humanitäre Hilfsorganisationen, Versicherungsanbieter oder multilaterale Entwicklungsbanken, die vorab vereinbarte Finanzierungen oder Wiederaufbaukredite anbieten. Bei den Bemühungen um Komplementarität oder Kohärenz könnte der neue FRLD entweder die Führung übernehmen – wie es die COP28-Entscheidung vermuten lässt, die dem Fonds eine wichtige Koordinierungsrolle zuwies – oder anderen bereits etablierten Akteuren beim Schließen von Finanzierungslücken folgen. Erhebliche Differenzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern im Verwaltungsrat über den geplanten Anwendungsbereich, die Größenordnung und den Finanzierungsansatz des Fonds sind seit dem Designprozess für 2023 ungelöst und müssen überbrückt werden, damit sich der Verwaltungsrat auf zentrale operative Strategien für den Fonds einigen kann, wie etwa die Zugangsmodalitäten oder den Verteilungsrahmen.
Es gilt also eine Reihe schwieriger Fragen zu beantworten, die auch darüber entscheiden werden, ob der Fonds einen von den Ländern selbst gesteuerten Bottom-up-Prozess in Gang setzen wird, der den Bedarf an finanzieller Unterstützung für die bestehenden Systeme und Finanzmechanismen der Entwicklungsländer aufgreift, indem er u. a. rasch Finanzmittel über diese Systeme bereitstellt. Oder ob er den verfahrenstechnischen Weg einschlägt, indem er zunächst eine Reihe von aufeinander aufbauenden operativen Maßnahmen einführt, bevor Finanzmittel freigegeben werden können. Wird sich der Fonds, wie von einigen Industrieländern vorgeschlagen, auf die Bereitstellung von Finanzmitteln für eine begrenzte Anzahl von unterfinanzierten Maßnahmen zur Bewältigung von Verlusten und Schäden konzentrieren, die sich beispielsweise auf nichtwirtschaftliche Verluste von Kultur und Kulturerbe oder die Planung für langsam eintretende Schäden konzentrieren? Oder wird er mit umfassenden Finanzmaßnahmen auf Verluste und Schäden reagieren, wie es die Entwicklungsländer fordern?
Der Umfang des Handlungsrahmens des Fonds ist unweigerlich an seine Größenordnung gebunden, insbesondere, wenn von den Industrieländern keine neuen und vor allem höhere Zusagen zu erwarten sind. Wenn der Umfang des Fonds in den Hundertmillionen statt in den benötigten Hundertmilliarden bleibt, werden dann nur ein Bruchteil der nötigen Aktivitäten umgesetzt und nur ausgewählte Entwicklungsländer und besonders gefährdete Gemeinschaften Mittel erhalten? Und wenn die Vision des Fonds den breiten Anwendungsbereich mit garantiertem Zugang für alle Entwicklungsländer beibehält, was sollte dann die Mindestuntergrenze für die Finanzierung zur Unterstützung von SIDS, LDCs und lokalen Gemeinschaften sein, um deren besondere Umstände und Verwundbarkeit zu berücksichtigen? Wie werden die knappen Mittel zwischen schnellen Auszahlungen, als zügige Reaktion auf extreme Wetterereignisse, und programmatischen Ansätzen mit geplanten Investitionen zur Vorbereitung auf langsam eintretende Ereignisse, wie den Anstieg des Meeresspiegels, der die Umsiedlung von Gemeinden erzwingt, aufgeteilt? Wird der Fonds in erster Linie Zuschüsse zur Unterstützung von Akteur*innen des öffentlichen Sektors gewähren? Viele Entwicklungsländer sind bereits in einem Teufelskreis gefangen, in dem die Schuldenlast aufgrund von Verlusten und Schäden steigt und sie nach extremen Wetterereignissen wieder und wieder aufbauen müssen. Oder wird sich der Fonds auf die Hebelwirkung und Risikominderung im privaten Sektor konzentrieren und kommerzielle Ansätze finanzieren? Und wie sollte die Finanzierung am besten kanalisiert werden: als direkte Budgethilfe für Regierungen und durch direkten Zugang für nationale und subnationale Agenturen, die nach ungewöhnlichen Partnern und Finanzierungsansätzen suchen? Oder wie bisher durch multilaterale Entwicklungsbanken und Organisationen der Vereinten Nationen?
Mit Leib und Seele für Klimagerechtigkeit?
Wie der Verwaltungsrat diese Fragen beantworten wird, ist alles andere als klar. Die Antworten werden nicht nur über die Vision des Fonds entscheiden, sondern auch darüber, was der Fonds für diejenigen tun wird, die die Unterstützung am meisten benötigen. Sowohl der Diskurs über das „Geschäftsmodell“ des Fonds als auch seine Zugangsmodalitäten stehen auf der Tagesordnung der vierten Vorstandssitzung im Dezember auf den Philippinen. Die Sitzung in Manila wird auch über das Maßnahmenpaket zur sinnvollen und umfassenden Beteiligung von Beobachter*innen in Fonds-Verfahren und Gremien bestimmen – u. a. von indigenen Völkern, Frauen und diversen Geschlechtergruppen, Kindern und Jugendlichen, Arbeiter*innen, Landwirt*innen sowie zivilgesellschaftlichen und basisdemokratischen Organisationen – die eine wichtige Rolle für den Erfolg des Fonds spielen. Die Forderung nach Unterstützung bei der Bewältigung von Verlusten und Schäden wuchs vor mehreren Jahrzehnten aus dem Streben nach Klimagerechtigkeit und der Erkenntnis, dass diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, unter den schlimmsten Auswirkungen leiden und von den reichen Ländern eine Klimaschuld einfordern müssen. Der Fonds muss dieser Forderung gerecht werden.
Liane Schalatek, Heinrich-Böll-Stiftung
Der Artikel wurde ursprünglich veröffentlicht auf: https://www.boell.de/de/2024/10/14/schaeden-durch-klimawandel-kann-der-neue-klimafonds-halten-was-er-verspricht