Green Climate Fund (GCF)

Wiederauffüllung des Grünen Klimafonds: Werden die Zusagen der reichen Länder den Erwartungen entsprechen?

Noch vor Ende 2019 muss der Grüne Klimafond aufgefüllt werden, um weiterhin Klimaschutzmaßnahmen in armen Ländern finanzieren zu können. Werden die reichen Länder sich erst lange bitten lassen oder gleich angemessene Zusagen machen?

Nach einem etwas holprigen 2018 scheint der Grüne Klimafonds (Green Climate Fund, GCF) wieder auf einem guten Weg zu sein, Klimaschutz und Anpassung in den Entwicklungsländern zu finanzieren, um diese Ländern bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu unterstützen. Es bleibt natürlich noch einiges zu tun, damit der GCF das zentrale Instrument der Klimafinanzierung wird. Einige strategische Punkte stehen noch zur Diskussion, wie etwa der Fonds zu einem wirklichen Motor für transformativen Wandel werden kann, aber auch so kritische Fragen wie mögliche Abstimmungsverfahren im Direktorium des GCF.

Eins ist sicher: Finanzierungsbedarf gibt es reichlich. Da die Finanzressourcen der ersten Finanzierungsperiode des GCF bald erschöpft sein werden, steht derzeit die Frage der Wiederauffüllung des Fonds im Mittelpunkt. Ein formaler Prozess hat bereits begonnen und wird seinen Höhepunkt auf einer Geberkonferenz im Herbst 2019 haben – sodass die wohlhabenden Länder noch rechtzeitig vor der COP 25 Ende 2019 zeigen können, dass sie den GCF nach wie vor als wichtiges Instrument sehen, mit dessen Hilfe sie ihren Verpflichtungen und Versprechungen zur Unterstützung ärmerer Länder nachkommen können.

Um eine ehrgeizige Umsetzung des Abkommens von Paris zu ermöglichen, ist es zwingend erforderlich, dass der Fonds substantiell aufgefüllt wird. Den Anfang machte Deutschland schon Ende letzten Jahres auf der COP24 mit einer willkommenen Zusage über 1,5 Mrd. Euro für die nächste Finanzierungsperiode – was einer Verdoppelung von Deutschlands Beitrag für die letzten vier Jahre bedeutet. Norwegen zog nach und verdoppelte ebenfalls seine Zusage im Vergleich zur letzten Runde und wird nun 800 Mio. Norwegische Kronen (rund 81,5 Mio. Euro) beisteuern. Das waren wichtige Signale für das Vertrauen in den Fonds – und stellt hohe Erwartungen an andere Geber.

In welcher Gesamthöhe sind Zusagen zu erwarten?

Der weltweite Bedarf nimmt stetig zu. Dem UN-Umweltprogramm zufolge könnten die Kosten für Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern bis 2030 auf 300 Mrd. USD jährlich steigen. Schon heute stehen für viele der erforderlichen Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen überall in den Entwicklungsländern kaum Finanzmittel zur Verfügung. Das heißt, dass das jährliche Finanzierungsvolumen des Grünen Klimafonds beträchtlich steigen muss. Das GCF-Sekretariat schätzt seine derzeitigen durchschnittlichen Kapazitäten für die Abwicklung von Projekten und Programmen auf rund 3 Mrd. USD jährlich – mit Steigerungspotenzial. Eine bescheidene jährliche Steigerungsrate der derzeitigen Kapazitäten von 10 Prozent wäre vergleichbar mit den Aufstockungen für die Internationale Entwicklungsorganisation der Weltbank, die bei ihren letzten fünf Wiederauffüllungen eine Erhöhung von jeweils 10 Prozent verzeichnen konnte. Eine solche Steigerungsrate würde heißen, dass der GCF für die nächsten vier Jahre mit rund 15 Mrd. USD wiederaufgefüllt werden müsste, was in etwa einer Verdoppelung der Beiträge des letzten Zeitraums entspricht (unter der Annahme, dass die USA ihre Zusagen nicht einhält). Eine ambitioniertere Wachstumsrate von beispielsweise 25 Prozent würde ein Wiederauffüllungsziel von rund 22 Mrd. USD bedeuten. Die sich daraus ergebende Spanne von 15-22 Mrd. USD entspräche auf vier Jahre verteilt den vom GCF-Sekretariat geschätzten Ausgaben für seine zukünftigen Programmplanungskapazitäten von 3,5 bis 5 Mrd. USD jährlich. Natürlich stellt die Spanne von 15-22 Mrd. USD lediglich einen Zwischenschritt zu einem weit umfangreicheren Finanzbedarf des GCF für die nähere und fernere Zukunft dar.

Tabelle 1: Wachstumsszenarien und die daraus resultierende Programmplanungskapazität insgesamt
Erhöhung um 10 % Erhöhung um 25%
Jahr 1 3,3 Mrd. USD 3,8 Mrd. USD
Jahr 2 3,6 Mrd. USD 4,7 Mrd. USD
Jahr 3 4,0 Mrd. USD 5,9 Mrd. USD
Jahr 4 4,4 Mrd. USD 7,3 Mrd. USD$7.3bn
Gesamt 15,3 Mrd. USD 21,7 Mrd. USD
Die Tabelle zeigt zwei mögliche Wachstumsszenarien für die jährlichen Mittelbewilligungen durch den GCF und die sich daraus insgesamt ergebenden Beträge, die im Wiederauffüllungsprozess zusammenkommen müssten. Ausgangspunkt für diese Berechnungen sind die Schätzungen des GCF-Sekretariats der derzeitigen Programmplanungskapazitäten, die bei 3 Mrd. USD pro Jahr liegen – siehe hier.

 

Faire Zusagen für den GCF von allen entwickelten Ländern?

In den Gründungsstatuten des Grünen Klimafonds ist festgeschrieben, dass der Fonds „finanzielle Zuwendungen von den entwickelten Ländern erhalten wird, die Vertragsstaaten der Konvention sind“, d.h. von allen Industrieländern. Und doch sind es lediglich die im Annex 2 der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) genannten Staaten, also (einfacher ausgedrückt) die reichen westlichen Länder, die völkerrechtlich zu der Unterstützung verpflichtet sind. Wenden wir uns also zunächst diesen Ländern zu.

Es gibt viele Wege zu definieren, was einen fairen Anteil eines Landes bei der anstehenden Wiederauffüllung des GCF darstellen würde. In der Annahme, den Regierungen liegt wirklich daran, dass ihre jeweiligen Länder einen fairen Beitrag leisten, ist in der Tabelle unten eine dieser Möglichkeiten abgebildet, bei der sowohl die relative Verantwortung der Länder für das Verursachen des Klimakrise als auch ihre relative Wirtschaftskraft berücksichtigt werden. Diese beiden Prinzipien sind schon in der UNFCCC zur Differenzierung zwischen den Ländern verankert, weshalb ihre Anwendung in diesem Zusammenhang angebracht ist. Die Tabelle enthält als drittes Kriterium einen Indikator für die Bereitschaft der Länder widerspiegelt, sich bei globalen Aufgaben zu engagieren. Diese Bereitschaft könnte man beispielsweise zumindest näherungsweise anhand der jeweiligen Anteile an öffentlicher Entwicklungsfinanzierung (Official Development Assistance, ODA) ablesen. Es mag vielleicht seltsam erscheinen, das Kriterium der „Bereitschaft“ überhaupt miteinzubeziehen, wenn es um die Definition dessen geht, was für die Länder jeweils fair ist, was sie also beitragen sollten. Dahinter steckt zugegebenermaßen eine Portion Pragmatismus, aber dieses Kriterium könnte – basierend auf vergangenen Erfahrungen in einem verwandten Bereich (hier die ODA) – einen Hinweis darauf liefern, wozu die Gesellschaft eines Landes bereit ist. Auf jeden Fall erhält man durch die Bildung des Mittelwerts aus diesen drei Indikatoren eine Vorstellung davon, was einen fairen Beitrag eines Landes darstellen könnte.

Die Ergebnisse können dann auf das mögliche Wiederauffüllungsziel von 15-22 Mrd. USD angewandt werden, um herauszufinden, was von jedem Annex-2-Land zu erwarten ist (vorletzte Spalte in untenstehender Tabelle). Noch aber sind wir nicht fertig. Denn: Da die USA angesichts der verantwortungslosen Haltung der Trump-Regierung zur Klimakrise in dieser Wiederauffüllungsrunde wohl keinen Beitrag in den GCF einzahlen werden, müssen andere Länder ihre Beiträge erhöhen – denn der Bedarf an Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern bleibt unverändert hoch. Daher passen wir die errechneten Mittelwerte aufgrund des Ausfalls der USA an. Die Ergebnisse sind in der letzten Spalte von Tabelle 2 angegeben.

Tabelle 2: Möglicher Verteilungsschlüssel für die Zusagen der Länder für den GCF im Jahr 2019
Verantwortlichkeit Wirtschaftskraft Bereitschaft Mittelwerte Angepasste Mittelwerte
CO2 1990-2016 BIP 2018 ODA 2014-2017 wenn die USA zahlen wenn die USA sich drücken
Australien 3.2% 3.0% 2.7% 3.0% / 460-650 Mio. USD 5.0% / 0,8-1,1 Mrd. USD
Belgien 1.1% 1.1% 1.7% 1.3% / 200-280 Mio. USD 2.2% / 330-470 Mio. USD
Kanada 4.9% 3.6% 3.2% 3.9% / 590-840 Mio. USD 6.5% / $1,0-1,4 Mrd. USD
Dänemark 0.5% 0.7% 2.0% 1.1% / 160-230 Mio. USD 1.8% / 270-390 Mio. USD
Frankreich 3.5% 5.9% 7.7% 5.7% / 0,9-1,2 Mrd. USD 9.5% / 1,5-2,1 Mrd. USD
Deutschland 7.9% 8.5% 16.3% 10.9% / 1,7-2,4 Mrd. USD 18.2% / 2,8-3,9 Mrd. USD
Italien 3.9% 4.4% 3.6% 4.0% / 610-860 Mio. USD 6.6% / 1,1-1,4 Mrd. USD
Japan 11.1% 10.6% 7.9% 9.9% / 1,5-2,1 Mrd. USD 16.5% / 2,5-3,6 Mrd. USD
Niederlande 1.5% 1.9% 4.0% 2.5% / 380-540 Mio. USD 4.2% / 640-910 Mio. USD
Neuseeland 0.3% 0.4% 0.4% 0.4% / 60-80 Mio. USD 0.6% / 90-130 Mio. USD
Norwegen 0.4% 0.9% 3.3% 1.5% / 230-330 Mio. USD 2.5% / 390-550 Mio. USD
Spanien 2.6% 3.0% 1.9% 2.5% / 390-550 Mio. USD 4.2% / 650-920 Mio. USD
Schweiz 0.4% 1.5% 2.6% 1.5% / 230-320 Mio. USD 2.5% / 380-540 Mio. USD
Großbrittannien 4.7% 6.0% 13.1% 7.9% / 1,2-1,7 Mrd. USD 13.3% / 2,0-2,9 Mrd. USD
USA 50.5% 43.6% 26.3% 40.1% / 6,1-8,7 Mrd. USD N/A
Andere Annex 2 Länder
3.5% 4.7% 3.5% 3.9% / 590-840 Mio. USD 6.5% / 1,0-1,4 Mrd. USD
Gesamt 100% 100% 100% 15,3-21,7 Mrd. USD 15,3-21,7 Mrd. USD
Der Prozentsatz zeigt den relativen Anteil am Gesamtbeitrag aller Annex-2-Länder. Für die Verantwortlichkeit wurde der gesamte CO2-Ausstoß der Jahre 1990-2016 herangezogen, für die Wirtschaftskraft das nominale BIP 2018 und als Annäherungswert für die Bereitschaft die offizielle Entwicklungsfinanzierung der Jahre 2014-2017. Quellen: GCP 2017, IWF 2019 und OECD 2019.

 

Was ist mit den Ländern, die nicht auf der Annex-2-Liste stehen?

Wie schon erklärt, beruhen obige Überlegungen auf der Annahme, dass nur von den im Annex 2 der UNFCCC aufgeführten Ländern ein Beitrag zu erwarten ist. Richtig ist aber auch, dass es alle Industrieländer waren, die es sich zum Ziel setzten, die Klimafinanzierung bis 2020 auf 100 Mrd. USD jährlich aufzustocken – wobei der GCF jetzt zu einem der zentralen Instrumente werden soll, um dieses Versprechen einzulösen. Daher könnte man zu Recht argumentieren, dass auch andere entwickelte Länder in der Verantwortung stehen, zur Wiederauffüllung des GCF beizutragen. Zudem könnte auch Artikel 9 des Abkommens von Paris so ausgelegt werden, dass alle entwickelten Länder zu einem finanziellen Beitrag verpflichtet sind. In diesem Artikel heißt es, dass die entwickelten Länder finanzielle Mittel in Fortführung ihrer bestehenden Verpflichtungen bereitstellen sollen. Diese Bestimmung gilt für Annex-2-Länder, die eine solche bestehende Verpflichtung haben. Im Gegensatz dazu würden diejenigen entwickelten Länder, die nicht auf der Annex-2-Liste der UNFCCC stehen, ihrer  neuen Verpflichtung (nach dem Pariser Abkommen) zwar nicht in Fortsetzung einer alten (nach der UNFCCC) nachkommen, hätten aber nichtsdestotrotz solch eine Verpflichtung zu erfüllen – einschließlich durch Beiträge an den GCF.

Selbstverständlich sollten alle Länder, die (nach dem Verursacherprinzip) verantwortlich und eine den Annex-2-Ländern vergleichbare Wirtschaftskraft haben, einen entsprechenden Beitrag leisten, wenn auch auf freiwilliger Basis. Und letztlich sind auch die Beiträge aller Länder, die sich dazu in der Lage sehen, sehr willkommen.

Wie geht es weiter?

Es ist nicht nötig, auf die offizielle Geberkonferenz im Herbst zu warten. Im Jahr 2019 gibt es  andere Momente, wie etwa das G7-Treffen in Frankreich (Präsident Macron könnte diese Gelegenheit nutzen) oder der UN-Klimagipfel in New York, auf denen künftige Geber ihre Absichten kundtun könnten, wodurch zusätzlicher Druck auf andere aufgebaut werden kann. Dabei ist wichtig, dass der Wiederauffüllungsprozess nicht als Faustpfand für oben genannte ungeklärte Themen im GCF-Direktorium genutzt wird, etwa indem Zusagen an eine den Geberländern genehme Reform von Entscheidungs- und Abstimmungsverfahren für den GCF zur Bedingung für Zusagen gemacht werden. Das würde ein problematisches Signal erzeugen, das sich negativ auf das Vertrauen in das internationale Klimaregime insgesamt auswirken könnte.

Das Rennen hat begonnen!

Jan Kowalzig, Oxfam