Internationale Klimafinanzierung / Anpassungsfonds

Klimafinanzierung bei COP24

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Das COP 24 Plenum. Photo: UNFCCC

Auf dem Klimagipfel im polnischen Kattowitz wurde es leider versäumt, eine ausreichende Erhöhung der Ziele in den nationalen Klimaschutzplänen der Länder zu beschließen. Gerade in Anbetracht der sich zuspitzenden globalen Klimakrise, die durch den 1,5°C-Sonderbericht des Weltklimarats IPCC erneut untermauert wird, ist dies eine ziemliche Enttäuschung. Immerhin konnten sich die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention auf einen Großteil der Umsetzungsregeln für das Pariser Klimaabkommen einigen. Auch wenn es hier Licht und Schatten gibt, so ist das vereinbarte Regelwerk eine solide technische Grundlage, bei der es nun darauf ankommt, dass alle Staaten deutlich mehr politischen Willen zeigen als bisher.

Eine wichtige Rolle um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen spielen dabei auch die Beschlüsse zur internationalen Klimafinanzierung. Diese sollen im Folgenden erläutert werden.

Regeln zur Berichterstattung über geleistete und geplante Klimafinanzierung

Angaben zu geplanter Klimafinanzierung

Das Pariser Klimaabkommen sieht gemäß Artikel 9.5 vor, dass Industrieländer alle zwei Jahre „indikative, quantitative und qualitative“ Angaben zur Höhe ihres geplanten Beitrags an öffentlicher Klimafinanzierung machen sollen. Der Artikel baut dabei auf der Idee der bei der COP19 in Warschau beschlossenen „strategies and approaches“ auf und entwickelt diese weiter. Gemäß dem Mandat aus Paragraph 55 der Begleitentscheidung der COP 21 in Paris, galt es in Kattowitz nun, zu identifizieren, welche Art von Information die Vorgaben des Artikels 9.5 erfüllt.

Der Prozess dazu wurde bereits 2016 in Marrakesch angestoßen und war besonders seit der Klimakonferenz in Bonn eines der Streitthemen in den Klimaverhandlungen. Im Kern verbirgt sich dahinter die alte Debatte der Vorhersehbarkeit und Nachhaltigkeit von Klimafinanzierung. So fordern Empfängerländer schon seit geraumer Zeit klarere Angaben darüber, wieviel Klimafinanzierung von Industrieländern zukünftig bereitgestellt wird.

Erwartet zäh waren die Verhandlungen zu Artikel 9.5 auch in Kattowitz. Schnell wurde klar wo die Knackpunkte liegen. Zum einen war es lange strittig, welche Informationen im Rahmen der Berichterstattung von Geberländern geliefert werden müssen. Hierbei forderten Entwicklungsländer insbesondere klare Angaben dazu, welchen Teil der in Aussicht gestellten Beiträge zur Klimafinanzierung „neu und zusätzlich“ sind, das heißt Beiträge, die tatsächlich auf neuen, nicht bereits vorher gemachten Ankündigungen basieren und zusätzlich zur öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (engl. Official Development Assistance , ODA) sind. Zum anderen forderten besonders die kleinen Inselstaaten, dass Angaben gemacht werden, welche Gelder für den Umgang mit Schäden und Verlusten durch den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel bereitgestellt werden.

Darüber hinaus gab es prozedurale Fragen, etwa der Zeitpunkt der Berichterstattung oder wie man die eingereichten Berichte der Geberländer als Input für die globale Bestandsaufnahme nutzt.

Schlussendlich konnten sich die Vertragsstaaten auf Regeln einigen, die zumindest in der Theorie ein höheres Maß an Vorhersehbarkeit liefern. Bedauerlich ist, dass das Thema „Umgang mit Schäden und Verlusten“ aus der finalen Fassung des Beschlusses gestrichen wurde und damit nicht mehr explizit auftaucht. Allerdings sind auch andere Themen eher exemplarisch genannt, so dass das Tor für Finanzierung zu Klimaschäden offen bleibt. Trotzdem liefert die Entscheidung von Kattowitz eine gute Basis für mehr Klarheit und Transparenz in der Klimafinanzierung: So sollen Geberländer etwa qualitative und quantitative Informationen über die Höhe, die genutzten Kanäle und Instrumente liefern; Angaben zu Regionen, Empfängern und Zielgruppen machen; den Zweck und Art der Unterstützung (etwa Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Technologietransfer, etc.) offenlegen; oder darlegen, welcher Teil der angekündigten Beiträge „neu und zusätzlich“ sind. Die Berichterstattung soll im Jahr 2020 beginnen und wird in einem Synthesebericht durch das Sekretariat der Klimarahmenkonvention aufbereitet. Positiv ist zu bewerten, dass der Synthesebericht als Input für die Zielüberprüfungs-Runden alle fünf Jahre Berücksichtigung findet. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, im Jahr 2023 die Art oder den Umfang der bereitgestellten Informationen durch die Geberländer zu aktualisieren und anzupassen, nachdem man Erfahrungen mit der Berichterstattung gemacht hat.

Eine wichtige Entscheidung wurde noch unter dem Agendapunkt des ständigen Ausschusses zu Klimafinanzierung getroffen, dass nämlich zukünftig alle vier Jahre Bedarfserhebungen zur Klimafinanzierung in Entwicklungsländern durchgeführt werden sollen, zum ersten Mal im Jahr 2020. Dies war ein insbesondere von ärmeren Ländern geforderter Punkt.

Regeln zur Berichterstattung über geleistete Klimafinanzierung

Neben der ex-ante Berichterstattung beinhaltet das Pariser Klimaabkommen in Artikel 9.7 auch die Vorgabe, dass Industrieländer alle zwei Jahre transparente und konsistente Information bereitstellen, wie sie Entwicklungsländer durch öffentliche Klimafinanzierung unterstützt haben. Hier war das Ziel, in Kattowitz die Modalitäten und Richtlinien für die Berichterstattung festzulegen und zu beschließen. Nachdem sowohl bei der COP22 in Marrakesch im November 2016, als auch bei COP23 in Bonn im November 2017 erste Elemente diskutiert wurden, die das Rahmenwerk zur Berichterstattung und Rechnungslegung beinhalten könnte, galt es nun die Arbeit fortzusetzen.

Der Beschluss zu den Regeln der Berichterstattung über geleistete Beiträge zur Klimafinanzierung war eine der Schlüsselentscheidungen für das Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Dementsprechend heiß wurde das Thema diskutiert. Die Verhandlungsrunde in Bangkok im September 2018 hatte bereits einen Entwurf für einen Beschlusstext geliefert, bei dem es nun darum ging, die verbleiben Optionen zu verhandeln und zu beschließen. Besonders strittig war die Frage, ob Geberländer bei der Berichterstattung über ihre geleisteten Beiträge zur Klimafinanzierung nur den Zuschussanteil berichten dürfen (engl. „grant equivalent“), also zum Beispiel bei einem Kredit zu vergünstigten Konditionen nur den Teil anzugeben, der im Vergleich zum höheren Marktzins nicht zurückgezahlt werden muss. Für viele Entwicklungsländer war dies ein Kernanliegen, um ein genaueres Bild über die geleisteten Beiträge zu haben. Zudem war analog zu den Verhandlungen zum Artikel 9.5 die Frage, inwiefern Geberländer angeben müssen, welcher Teil ihrer geleisteten Klimafinanzierung „neu und zusätzlich“ ist und wieviel Geld für den Umgang mit Schäden und Verlusten bereitgestellt wurde.

Der Beschluss von Kattowitz liefert ein detailliertes Rahmenwerk, um zukünftig mehr Klarheit und Planungssicherheit für Entwicklungsländer zu liefern. Trotzdem gibt es darin noch gewisse Spielräume für Geberländer, zum Beispiel den Detailgrad ihrer Berichte zu begrenzen, sowie das, was sie als Klimafinanzierung ansehen, zu bestimmen. Insbesondere ist es nicht schlüssig, dass Kredite oder Risikoabsicherungen mit ihrer Gesamtsumme angerechnet werden können, genauso wie Zuschüsse. Hier müsste für eine Vergleichbarkeit jeweils nur der Zuschussanteil ausgewiesen werden dürfen, auch um die Summe nicht künstlich aufzublähen. Es ist zu hoffen, dass die progressiven Länder die Messlatte vorgeben, an der sich bald schon alle Länder orientieren. In einigen Jahren sollte dies allerdings verpflichtend für alle werden. Umgekehrt sollte besonders aufgeblähtes Anrechnen anderer Länder explizit offengelegt und kritisiert werden.

Langfristige Klimafinanzierung: 100 Milliarden und mehr

Kaum Fortschritte gab es bedauerlicherweise bezüglich der Vorgaben zur sogenannten langfristigen Klimafinanzierung. Dieser vor allem politisch sehr wichtige Agendapunkt beschreibt traditionell die allgemeine Ausrichtung der Klimafinanzierung bis 2020 und steht somit im direkten Bezug zu den von den Industrieländern bis 2020 jährlich versprochenen 100 Mrd. US-Dollar. Hier haben die Geberländer vor zwei Jahren eine sogenannte „Roadmap“ vorgelegt, die angibt, wie dieses Ziel in den kommenden Jahren erreicht werden soll. Bei der COP 24 wurde versäumt, diesbezüglich mehr Klarheit zu schaffen; zum Beispiel durch den Beschluss, eine Aktualisierung der Roadmap vorzunehmen. Informationen diesbezüglich gab es nur durch den dritten Sachstandsbericht zu Klimafinanzflüssen (engl. 3rd Biennial Assessment and Overview of Climate Finance Flows), der vom Finanzkomitee der Klimarahmenkonvention (engl. Standing Committee on Finance) bei COP24 vorgelegt wurde. Demnach flossen in den Jahren 2015-2016 knapp 65 Mrd. US$ (2015), bzw. 75 Mrd. US$ (2016) von Industrie- in Entwicklungsländer. Vieles ist dabei in Form von Annahmen und Projektionen formuliert und beinhaltet somit ein gewisses Maß an Unsicherheiten, besonders bezüglich privater Finanzflüssen, die durch die öffentliche Hand mobilisiert wurden. Auch konkretere Maßnahmen, um das Ungleichgewicht zwischen der Summe an finanzieller Unterstützung für Klimaschutz und den Umgang mit Klimafolgen (insbesondere Anpassung) zu bekämpfen, wurden nicht beschlossen. So werden Industrieländer laut dem neuesten Beschluss lediglich aufgefordert, ihre Bemühungen zu erhöhen, um ein Gleichgewicht herzustellen und mehr öffentliches Geld für Anpassung bereitzustellen.

Darüber hinaus gab es auch lange Diskussionen um ein neues gemeinsames Ziel für die Klimafinanzierung. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, dass vor 2025 ein neues globales Ziel für die internationale Klimafinanzierung beschlossen werden soll. Dabei ist bereits jetzt klar, dass dies nicht allein von den traditionellen Geberländern erreicht werden wird. Unklar war bisher, wie der Prozess aussehen soll, um dieses, vor allem politisch heiß zu diskutierende, Ziel festzulegen.

Nach langen Verhandlungen konnten sich die Vertragsstaaten auf einen Beschluss einigen, der zumindest ein wenig Klarheit diesbezüglich schafft: Auf COP26 sollen die Beratungen zur Festlegung eines neuen kollektiven Ziels beginnen. Dabei ist klar, dass ein neues Ziel von der Untergrenze von 100 Mrd. US$ jährlich ausgehen wird.

Die Entscheidung von Kattowitz erfüllt somit das Minimalergebnis, einen Prozess zur Festlegung eines neuen Langfristziels zu beschließen. Dabei gilt es dann nun sicherzustellen, dass die Fehler vermieden werden, die damals bei der Festlegung des 100-Milliarden-Ziels gemacht wurden. Denn dieses Ziel war vor allem eine politisch motivierte Fixgröße und zu allgemein und unkonkret. Daher gab es immer wieder Raum für Interpretation und je nach Berechnungsmethode unterschiedliche Beurteilungsgrundlagen bezüglich einer Erreichung des Ziels. Ein neues Ziel sollte daher aufgefächert sein nach verschiedenen Unterzielen (z.B. für Anpassungsfinanzierung oder mobilisierte private Mittel), um eine bessere Messbarkeit zu ermöglichen und gleichzeitig auch den tatsächlichen Bedürfnissen der Empfängerländer Rechnung zu tragen.

Zukunft des Anpassungsfonds

Der Anpassungsfonds war auch beim Klimagipfel in Kattowitz anhaltendes Gesprächsthema in den Verhandlungen. Lange wurde um eine Entscheidung gerungen, die Klarheit darüber schafft, ob und wie der Anpassungsfonds in Zukunft dem Pariser Klimaabkommen dienen soll. Strittig war dabei die Frage, wie der Fonds vom Kyoto Protokoll in das Pariser Klimaabkommen überführt wird und wie die Übergangszeit geregelt wird. Vertreter der Entwicklungsländer zeigten sich besorgt, dass eine Auflösung der Verknüpfung mit dem Kyoto Protokoll zu einer Neuverhandlung der Modalitäten des Anpassungsfonds führen konnte (z.B. die Zusammensetzung seines Direktoriums). Dementsprechend lang zogen sich die Debatten. Weiterer Knackpunt war die Frage nach der zukünftigen Finanzierung des Fonds. Industrieländer machten stellten früh klar, dass ein formaler Auffüllungsprozess für sie nicht in Frage kommt; Entwicklungsländer zeigten sich zögerlich beim Verweis auf „innovative Finanzquellen“ und der Verknüpfung zum Emissionshandel.

Schlussendlich konnte ein guter Kompromiss gefunden werden, der dem Anpassungsfonds die nötige Perspektive in der internationalen Klimafinanzarchitektur gibt: Der Fonds dient ab dem 1. Januar 2019 sowohl dem Kyoto Protokoll als auch dem Pariser Klimaabkommen. Sobald sich Erlöse aus dem Emissionshandel, der durch Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens neu organisiert wird, erzielen lassen, wird der Anpassungsfonds komplett in das Paris Abkommen überführt. Der Fonds soll zukünftig über eine Abgabe auf den internationalen Emissionshandel, sowie freiwillige öffentliche und private Quellen gespeist werden.

Im Zuge des Klimagipfels wurden dem Anpassungsfonds weitere Gelder zugesagt, sodass dieser sein Fundraisingziel für 2018 (90 Mio. US-Dollar) deutlich erfüllen konnte (siehe Tabelle 1). Wieder einmal ging Deutschland als gutes Beispiel voran und bekundete so seine Wertschätzung für den Fonds.

Tabelle 1: Neue Zusagen für den Anpassungsfonds

Beitragsland Ankündigung in eigener Währung Ankündigung in US-Dollar

EU-Kommission

10 Mio. Euro

11,38 Mio. USD

Frankreich

15 Mio. Euro

17 Mio. USD

Schweden

50 Mio. SEK

5,5 Mio. USD

Neuseeland

3 Mio. NZD

2 Mio. USD

Deutschland

70 Mio. Euro

80 Mio. USD

Region Brüssel-Hauptstadt

0,5 Mio. Euro

0,57 Mio. USD

Wallonische Region

4 Mio. Euro

4,5 Mio. USD

Italien

7 Mio. Euro

8 Mio. USD

Total

ca. 129 Mio. USD

 

Die auf der COP24 gemachten Zusagen über 129 Mio. US$ sind ein neuer Rekord. Das ist erfreulich. Da es sich dabei aber um einmalige freiwillige Beiträge handelt, wird es in den nächsten Jahren darauf ankommen, dem Anpassungsfonds stabilere Finanzquellen zu sichern.

Fazit

Die Beschlüsse zu Klimafinanzierung sind in der Summe eher als gut zu bewerten. Zentral sind die oben genannten Vereinbarungen zur Transparenz der Klimafinanzierung. Außerdem wurde die Zukunft des Anpassungsfonds unter dem Paris-Abkommen durch einen Beschluss in Kattowitz gesichert.  Auch für die Festlegung eines neuen langfristigen Ziels für Klimafinanzierung ab 2025 konnte ein Prozess eingerichtet werden, der 2020 beginnt. Darüber hinaus wurden dem Finanzausschuss der Klimarahmenkonvention wichtige Arbeitsmandate gegeben, deren Ergebnisse für die weiteren Debatten, auch im Rahmen der globalen Bestandsaufnahme als wichtiger Input dienen können. Dazu gehörten ein regelmäßiger Bericht zur Ermittlung der Bedürfnisse von Entwicklungsländern zur Umsetzung des Paris-Abkommens sowie eine regelmäßige Bestandsanalyse darüber, wie globale Finanzflüsse umgelenkt werden.

Die Regeln und Institutionen zur Klimafinanzierung wurden gestärkt – aber jetzt ist auch mehr Geld notwendig.  2019 steht außerdem die Wiederauffüllung des Grünen Klimafonds (Green Climate Fund, GCF) an. Mit Ankündigungen zur Verdopplung der Beiträge für den Grünen Klimafonds haben Deutschland (1,5 Mrd. Euro für die nächsten Jahre) und Norwegen vorgelegt; auch die anderen reichen Länder müssen kommendes Jahr ihre Beiträge mindestens verdoppeln und sich idealerweise an den Ländern mit den höchsten relativen Beiträgen orientieren. Die GCF-Website zeigt dies transparent. Zum Beispiel steht Schweden hier an der Spitze mit einem Pro-Kopf-Beitrag von etwa 60 USD (in der ersten Beitragsrunde), während Deutschlands relativer Beitrag selbst bei der angekündigten Verdoppelung weniger als die Hälfte davon betragen würde. Pro Einheit GDP betrachtet läge Deutschlands neuer Beitrag allerdings in der Spitzengruppe.

David Eckstein, Germanwatch