Green Climate Fund (GCF)
Wer wird sich hinter den Green Climate Fund stellen? Wer wird ihn im Stich lassen?
Ende dieser Woche werden wir mehr darüber wissen, wie ernst die Regierungen der reichen Ländern es gemeint haben, als sie den Entwicklungsländern mit warmen Worte ihre Unterstützung im Umgang mit den Folgen des Klimawandels und für den Umbau hin zu klimfreundlichen Entwicklungspfaden zugesagt haben.
Am 20. November findet die lange erwartete Geberkonferenz (pledging event) für den Green Climate Fund (GCF) in Berlin statt. Auch wenn theoretisch jeder – Regierungen, die Privatwirtschaft oder gemeinnützige Stiftungen – in den Fonds einzahlen können, waren es doch die Regierungen der Industrieländer, die das Versprechen den Fonds aufzufüllen abgegeben haben, als er 2009 beim Klimagipfel in Kopenhagen angekündigt wurde. Damals war der Fonds eines der Ergebnisse, die den Gipfel vor dem totalen Zusammenbruch bewahrten. Der GCF ergänzt die bestehende Klimafinanzierungsarchitektur. Er soll – und das ist seine Einzigartigkeit – Klimamaßnahmen in Entwicklungsländer in deutlich größerem Umfang finanzieren, zu einer Verschiebung privater Investitionsströme beitragen und sich auf Aktivitäten konzentrieren, die über einen kurzen Effekt hinaus die Transformation ganzer Sektoren anstoßen und dabei zu einer nachhaltigen, klimaresilienten und emissionsarmen Entwicklung beitragen sollen. 50 Prozent der GCF Mittel sollen für die Minderung und Vermeidung von Emissionen verwendet werden. Mit den anderen 50 Prozent soll die Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern unterstützen, wovon wiederum die Hälfte für die verletzlichsten Länder reserviert ist.
Fünf Jahre hat es gedauert, bis das Design des Fonds abgeschlossen war, aber jetzt, da das Direktorium des GCF die vorbereitenden Arbeiten zu Förderprioritäten und -kriterien sowie die Verfahren für die Antragsstellung abgeschlossen hat, ist der Fonds bereit seine Arbeit aufzunehmen – und das schließt ernstzunehmende Finanzierungszusagen von den reichen Ländern mit ein.
Was können wir diese Woche erwarten?
Entwicklungsländer haben für die Erstauffüllung mindestens $15 Milliarden gefordert. Die Industrieländer haben dagegen gesagt, dass sie froh wären, wenn sie $10 Milliarden zusammenkratzen könnten. Egal, wie hoch der Betrag letztendlich sein wird: Es wird auf jeden Fall umfangreiche Mittel brauchen, um dem GCF einen guten Start zu ermöglichen und das gegenseitige Vertrauen und politische Momentum aufzubauen, das es für die letzten Monat braucht, die noch für die Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen bleiben. So hat die norwegische Umweltministerin Tine Sundtoft deutlich gemacht: „Nur mit einem soliden Green Climate Fund werden wir einen bedeutungsvollen Deal in Paris hinbekommen. Die erste Einzahlungsrunde wird als Beweis gesehen, wie sehr wir hinter dem Fonds stehen.“ Das bringt es auf den Punkt.
Ein paar Länder haben bereits ihre Zusagen verkündet. Dazu gehören Deutschland und Frankreich mit jeweils $1 Milliarde und Schweden mit eindrucksvollen $560 Millionen. Sogar Südkorea hat, obwohl es ein Entwicklungsland ist, mit $100 Millionen genauso viel zugesagt wie die Schweiz. Das Schaubild gibt einen Überblick über die bisherigen Zusagen.
Alle Augen sind nun auf den restlichen Haufen gerichtet. Wie hoch die Zusagen der Länder sein werden, wird als streng vertrauliche Information gehandelt. Die USA und Großbritannien ließen Oxfam gegenüber verlauten, dass wir ihre Zusagen „mögen“ werden. Länder wie Kanada oder Japan hüllen sich bisher in Schweigen. Australiens Premier Tony Abbot zeigt – passend zu seiner jüngsten Serie von (Nicht)Handeln für den Klimaschutz – großen Widerwillen dagegen, eine Zusage zu machen, aber wir lassen uns gerne überraschen. Norwegen hat angekündigt, seine eher bescheidene Zusage ($33 Millionen) vom UN Klimagipfel anzupassen. Wenig ist bekannt über Neuseeland und einige der EU Mitgliedsstaaten, von denen insbesondere Österreich, Spanien, Italien, Belgien, Irland oder Polen bisher sehr zögerlich agieren. Stattdessen gibt es Gerüchte, dass mehr Entwicklungsländer Zusagen machen werden. Wenn dem so ist, werden sie die reichen Länder bloßstellen, die planen, ohne eine Zusage aus Berlin abzureisen – oder die gar nicht erst kommen.
Was ist eine angemessene Zusage für mein Land?
Meine Kollegin Annaka Peterson Carvalho von Oxfam America hat vor eine Weile Verteilungsschlüssel vorgeschlagen, die den jeweiligen Anteil an den globalen Emissionen, die Wirtschaftskraft oder die relativen Beiträge zu anderen Fonds wie der globalen Umweltfazilität (GEF) oder der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit einbeziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zusagen von Frankreich und Deutschland in der richtigen Größenordnung sind und dass Schweden weit, weit darüber hinaus geht.
Es ist noch ein weiter Weg, bis das Minimum der $10 Milliarden bei der Konferenz diese Woche erreicht wird. Viel wird von den größeren Zusagen abhängen, die von der USA, Großbritannien oder Japan erwartet werden. Aber damit kein Zweifel aufkommt: Jedes Industrieland muss einen Beitrag leisten; das war das Grundverständnis, als der Fonds gegründet wurde und davon darf diese Woche nicht abgerückt werden. Jeder steht im Rampenlicht: Belgien, Polen, Neuseeland, Australien, Kanada, Island, Irland, Norwegen, Monaco, Italien, Spanien, Portugal, Österreichen – sie alle haben noch ein paar Tage, um ihre Zusagen vorzubereiten.
Zu diesem Zeitpunkt, wenige Tage vor der Geberkonferenz, möchten die Regierungen höchstwahrscheinlich sicherstellen, dass sie sich mit ihren Zusagen nicht im Vergleich zu anderen Ländern blamieren. Das ist nachvollziehbar. Also, wieviel müsste Australien auf den Tisch legen, um das gleiche Niveau wie die Schweizer Zusage zu haben? Und was müsste Polen tun, um so zuvorkommend wie z.B. Deutschland oder Schweden zu sein?
Die anschließende Tabelle zeigt genau das: Was müssen (ausgewählte) Länder in Berlin an Finanzierungszusagen machen, um – natürlich angepasst an die Wirtschaftskraft – mit diesen drei Ländern mitzuziehen?
Tabelle 1: Theoretische Zusagen in der Größenordnung bereits vorhandener Zusagen in Abhängigkeit der nationalen Wirtschaftskraft
Die Tabelle spricht für sich. Wenn die Länder mindestens so ehrgeizig wie Deutschland wären, würden wir über die Schwelle der $10 Milliarden kommen (wenn auch nicht ganz bis zu den $15 Milliarden). Die Tabelle zeigt auch, dass die schwedische Zusage bei weitem die Ehrgeizigste ist und dass kaum ein anderes Land in der Lage sein wird, damit gleichzuziehen. Tatsächlich ist Schweden den anderen Ländern so weit voraus, dass es die Realitäten und Einschränkungen der anderen Länder nicht zulassen, sie mit Schweden zu vergleichen – aber es kann dabei helfen, wenn sich manche Länder diese Woche ihre eigene Großzügigkeit zu sehr feiern. Sicher ist: „Wenn“ sie es verdienen, machen wir gerne mit.
Jan Kowalzig / Oxfam Deutschland