Transparenz / Umsetzung der Klimafinanzierung
Klimafinanzierung für die verletzlichsten Gemeinschaften: Welchen Einfluss kann Deutschland auf die Rechenschaftspflicht und Transparenz in Tansania ausüben?
Die negativen Auswirkungen des Klimawandels hemmen seit langem die Bemühungen um eine kontinuierliche Entwicklung in den meisten Entwicklungsländern. In Tansania wird die Situation noch durch Faktoren wie mangelnde Transparenz, wenig zivilgesellschaftliche Beteiligung, Korruption und begrenzte Rechenschaftspflicht verschärft. Hier verschärft der Klimawandel die Lage in den sozialen und ökologischen Schwachpunkten, insbesondere in den Sektoren Land- und Forstwirtschaft, Energie, Flora und Fauna, Trinkwasser- und Abwasserversorgung, Gesundheitswesen, Tourismus und Fischerei. Zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Zukunft hat Tansania mehrere multilaterale Umweltabkommen ratifiziert und erhält kontinuierliche finanzielle Unterstützung von Geberinstitutionen und Partnern der Entwicklungszusammenarbeit, um gegen Umweltschäden und die Auswirkungen des Klimawandels vorgehen zu können. Es besteht aber weitgehend Einigkeit darüber, dass die aktuelle Unterstützung nicht ausreicht, sondern dass Klimafinanzierung angemessen, vorhersehbar und langfristig planbar sein muss, um den stetig steigenden Finanzbedarf des Landes zu decken. Zudem fordern Stakeholder gemeinsam auf nationaler Ebene von der tansanischen Regierung, dass die für den Klimaschutz erhaltenen Mittel auf verantwortliche, effiziente und transparente Art und Weise eingesetzt werden, um den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen wirksam zu helfen.
Deutsche bilaterale Zusammenarbeit mit Tansania
Deutschland engagiert sich seit etwa fünf Jahrzehnten in der Entwicklungszusammenarbeit mit Tansania. Auf der Webseite der deutschen Botschaft in Daressalam ist zu lesen, dass sich Deutschlands bilaterale finanzielle Entwicklungshilfe an Tansania in diesem Zeitraum auf 2,03 Milliarden Euro belief. Zudem weisen die Webseiten der Botschaft und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Daressalam darauf hin, dass Deutschland in den vergangenen Jahren diese Hilfe sogar erhöht und auf Bereiche wie Gesundheitswesen, Wasserversorgung, Bildung, Energie, Bodenschätze und Naturschutz, Tourismus, gute Regierungsführung und Umweltschutz konzentriert hat. Diese Bereiche gehören zu den Wachstumssektoren, die für die Mehrheit der Tansanier die wichtigste Lebensgrundlage bilden, die aber von den Auswirkungen des Klimawandels besonders bedroht sind. Aus öffentlichen Informationen geht hervor, dass die deutsche Regierung schon seit Jahren zum tansanischen Staatshaushalt beiträgt und auf eine Verbesserung des öffentlichen Finanzmanagements hinwirkt. Darüber hinaus soll die Budgethilfe zu einer armutsorientierten Entwicklungspolitik, zu Armutsbekämpfung und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der lokalen Bevölkerung gegen die Folgen des Klimawandels beitragen. Beispielsweise hat Deutschland allein für die Jahre 2012 bis 2015 für die allgemeine Budgethilfe 18 Millionen Euro bereitgestellt. Neben den bilateralen Finanzhilfen an Tansania sind aus Deutschland auch Gelder im Rahmen der Entwicklungzusammenarbeit mit der Europäischen Union, der Weltbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank und anderen multilateralen Organisationen an Tansania geflossen. Die sich stetig intensivierende Beziehung zwischen Berlin und Daressalam ist Anzeichen dafür, dass auf bilateraler Ebene Investitionen, Wirtschaftsbeziehungen und anderer Austausch zunehmen werden. Es wird auch erwartet, dass Deutschland die Klimafinanzierung für den Ausbau erneuerbarer Energien und die Stärkung der Resilienz der lokalen Bevölkerung gegen die Folgen des Klimawandel erhöhen wird. Dies wird umso wichtiger, wenn Deutschland eine Führungsrolle im Kampf gegen die Nutzung fossiler Energieträger einnehmen möchte.
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen Tansanias schreiben Deutschland eine zentrale und führende Rolle beim Ausbau der Klimafinanzierung und bei der Verbesserung des öffentlichen Finanzmanagements zu. Die aktuelle Praxis, die meisten Finanzmittel – darunter auch die Klimafinanzierung – an Regierungsbehörden zu vergeben hat bisher noch wenig direkten öffentlicher Nutzen hervorgebracht. Die Klimafinanzierung in Tansania ist nach wie vor von mangelnder Transparenz, Rechenschaft und Glaubwürdigkeit, von zu großer Zentralisierung, von Fehlleitungen weg von den bedürftigsten Gemeinschaften und von einem institutionellem Durcheinander geprägt (Yanda et al 2013). Zudem wird die Klimafinanzierung ohne jegliche Einbindung der Zivilgesellschaft in einem top-down-Ansatz umgesetzt. Dies steht im Kontrast zu einer gemeinschaftsorientierten Herangehensweise und öffentlichem Zugang zu Informationen, da alles streng vertraulich behandelt wird. Wenn diese Defizite durch die Vergabepolitik der Geber und Partner in der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden, wird zivilgesellschaftlichen Organisationen die Möglichkeit verwehrt, mehr Direkthilfen vor Ort zu fordern, die Regierung zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass die Gelder zum Nutzen der verletzlichsten Bevölkerungsgruppen (Zielgruppen) eingesetzt werden.
Die Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Kontrolle der Klimafinanzierung in Tansania
Verschiedene Studien (Belgium Cooperation, 2009; Reid et al. 2012; Lange et al. 2000; Thornton, D. N. and G. Norrington, 2011) und Erfahrungen in Tansania weisen darauf hin, dass zivilgesellschaftliche Organisationen im Zusammenhang mit der Verwendung öffentlicher Gelder eine wichtige Rolle spielen, insbesondere bei der Verfolgung von Einnahme- und Ausgabenflüssen und der Sicherstellung von Effizienz, Rechenschaft und Transparenz. Diese Rolle können sie durch Advocacy, Sensiblisierung und Überwachung der Finanzen von ihrer Quelle bis zu den Zielgruppen einnehmen. Desweiteren geht aus Studien (Lukwago, 2015; Yanda et al. 2013) hervor, dass Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) und Klimafinanzierung in jeder Größenordnung und auf allen Ebenen letztlich nur effektiv sein können, wenn sie in ihrer Konzeption und Planung auf bedarfsorientierten, bottom-up- und inklusiven Ansätzen beruhen. Gleiches gilt für ihre Umsetzung und Kontrolle sowie für die Auswertung, inwieweit die investierten Mittel eine nachhaltigen Entwicklung und Stärkung klimaresistenter Gemeinschaften gefördert haben. Für eine effektive Kontrolle und sinnvolle Verwendung der Klimafinanzierung in Tansania müssen zivilgesellschaftliche Organisationen beteiligt werden, die sicherstellen, dass die erhaltenen Gelder wirksam und gerecht eingesetzt werden und den gefährdetsten Bevölkerungsgruppen im Land zugutekommen. Dazu gehört auch, Gelder für nachhaltige Entwicklungsprojekte vorzusehen, die immer häufiger von potenziellen Entwicklungspartnern wie Deutschland in die Wege geleitet werden.
Deutschland sollte hier seinen Einfluss geltend machen und darauf drängen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen eingebunden und gestärkt werden, sodass sie die wichtige Rolle der Überwachung der Regierungsausgaben, insbesondere der Klimafinanzierung, übernehmen und dafür sorgen können, dass in der Öffentlichkeit die Forderung nach Transparenz und Rechenschaft laut wird. Um diesen Aufgaben gewachsen zu sein, müssen die tansanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen aber erst befähgt werden, ihre Funktion als »Wachhund« zu erfüllen, da sie bisher auf die Rolle der »Berichteleser« reduziert waren. Aus entwicklungspolitischer Sicht sollten aber natürlich auch zivilgesellschaftliche Organisationen bei der Ausübung dieser Kontrollfunktionen zu Rechenschaft und Transparenz sowie den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung verpflichtet sein. Erst durch eine solche wechselseitige Regelung und Praxis wird die Klimafinanzierung in Tansania und allen anderen weniger entwickelten Ländern die anvisierten Ziele erreichen und sicherstellen, dass die verletzlichsten Bevölkerungsgruppen auf nachhaltige und klimaresistente Weise gestärkt werden.
Sixbert S. Mwanga, CAN Tansania
Literatur
Lukwago, D. (2015) The Adaptation Finance And Accountability Initiative: Delivery of Adaptation Finance in Uganda: Assessing Institutions at Local Government Levels, Final Study Report, Kampala Uganda