Deutsche Klimafinanzierung / Umsetzung der Klimafinanzierung

Deutsche Klimafinanzierung unterstützt Projekt zur Herstellung von Biomasse für deutsche Energieversorger

Verbuschtes Land am Waterberg Plateau Park in Otjozondjupa Region, Namibia. Quelle: Wikipedia

Seit 2013 finanziert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Namibia ein Projekt, mit dem die Verbuschung, d.h. die Überwucherung von offenen Grassteppen mit Büschen und Bäumen, eingedämmt werden soll. Gleichzeitig sollen dem Land Wege zu einer bestmöglichen Verwertung des beseitigten Holzes aufgezeigt werden. Seit 2019 richtet die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), unter deren Leitung das Projekt durchgeführt wird, ihren Fokus jedoch verstärkt auf den Aufbau einer neuen großen Lieferkette für Holzschnitzel oder Holzpellets für den Export nach Europa, vor allem nach Deutschland.

Die Bundesregierung hat dieses Projekt als deutsche Klimafinanzierung ausgewiesen: die erste Phase ab 2013 als Anpassungs- und – nach der strategischen Neuausrichtung des Projekts – ab 2017 als Minderungsfinanzierung. Daher werden die der GIZ und dem Projekt bewilligten Mittel auf die deutsche Verpflichtung unter der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) angerechnet, Entwicklungsländern bei Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu unterstützen. Und die in diesem Artikel beleuchteten Entwicklungen der letzten Zeit werfen relevante Fragen für die Debatte über die Verwendung der Mittel aus der deutschen Klimafinanzierung auf.

Zivilgesellschaftliche Kritik an den geplanten Exporten nach Deutschland

Nach einem von der GIZ finanzierten Besuch einer namibischen Delegation auf einer deutschen Energiekonferenz zum Thema Biomasse im Jahr 2019 wurde ein konkreter Vorschlag für eine „Transkontinentale Biomassepartnerschaft Namibia-Hamburg” ausgearbeitet. Das von der GIZ und dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) an der Universität Trier vorgeschlagene Vorhaben wird derzeit im Auftrag des Hamburger Senats begutachtet.

Im Oktober 2020 protestierten 19 vor allem deutsche Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Initiativen zusammen mit der Umweltorganisation Earthlife Namibia in einer öffentlichen Stellungnahme gegen den Import von namibischem Buschholz für die Nutzung in Hamburger Kraft- und Heizkraftwerken.

Kürzlich, im Februar 2021, schickten 40 Organisationen, die sich für Umwelt, Entwicklung und soziale Gerechtigkeit einsetzen, einen offenen Brief an Dr. Gerd Müller, den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in dem sie ihn auffordern, das Projekt einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und dabei zu klären, inwieweit es gegen Standards guter Verfahrensweisen und gegen den Grundsatz der Schadensvermeidung („do no harm“) verstößt. Unabhängig davon sprach sich auch die namibische zivilgesellschaftliche Organisation Economic & Social Justice Trust in einer Stellungnahme entschieden gegen den Export großer Mengen Biomasse aus Namibia nach Deutschland aus.

Ein aktueller Bericht von Biofuelwatch gibt einen Überblick über die weitergehende Debatte rund um die Auswirkungen der Verbuschung und der Beseitigung oder Ausdünnung des Buschholzes dargelegt sowie die Rolle der GIZ in diesem Projekt.

Auswirkungen auf das Klima und die Ökologie

Die Verbuschung in Namibia, die eine Fläche von über 30 Mio. Hektar betrifft, ist Teil einer weit größeren Entwicklung, die als „Ergrünung weltweiter Trockengebiete“ bezeichnet wird und auf allen Kontinenten außer der Antarktis zu beobachten ist. In einigen Regionen, wie bspw. in Südafrika, breiten sich invasive, nichtheimische Baum- und Buscharten, die ihren Ursprung häufig in industriell angelegten Baumplantagen haben, über das Weideland aus. Das führt zu einem Verlust an Artenvielfalt, zur Verknappung von Frischwasser und einer Verschlechterung der Existenzgrundlagen der Bevölkerung.

In Namibia und vielen anderen Regionen sind es jedoch heimische Arten, die für die Verbuschung verantwortlich sind, und genau darum geht es in dem Bericht von Biofuelwatch. Zur Verbuschung tragen viele verschiedene Faktoren bei, darunter auch eine Überweidung durch zu viel Vieh. Analysen aus aller Welt weisen jedoch generell auf einen Aspekt hin: Sofern die Regenmenge ausreicht, um das Wachstum der Bäume und Büsche zu unterstützen, begünstigt ein steigender CO2-Ausstoß Gehölzvegetationen gegenüber Gräsern. Eine Verbuschung erhöht die Kohlenstoffbindung in der Vegetation und meistens auch im Boden ganz erheblich, d.h. sie schwächt den Klimawandel ab.

Zwei fragwürdige Studien wurden vom GIZ-Projekt in Auftrag gegeben

Die strategische Umweltfolgenabschätzung für das breit angelegte Entbuschungsprojekt bestätigt diese Tatsache. Daraufhin gab die GIZ jedoch eine weitere Studie bei der UNIQUE GmbH in Auftrag. In dieser neueren Studie wird behauptet, dass eine großflächige Beseitigung des Buschholzes bei richtiger Durchführung nachgewiesenermaßen zu einer größeren Kohlenstoffbindung im Boden führen könnte, und zwar in einem Maße, das den Verlust an Kohlenstoffbindung aufgrund der Beseitigung der Gehölzvegetation mehr als ausgleichen würde. Eine eigene Analyse der Fachliteratur durch Biofuelwatch zeigt jedoch, dass die von UNIQUE aufgestellte Behauptung von der Mehrheit der in ihrem Bericht zitierten Fachtexte nicht bestätigt wird und dass die Autoren der UNIQUE-Studie die Ergebnisse aus einigen der von ihnen zitierten wissenschaftlichen Studien falsch dargestellt haben. Biofuelwatch erachtet die Studie als so extrem fehlerhaft, dass sie zurückgezogen werden sollte.

Angesichts der „Management“-Rolle von UNIQUE in Forstwirtschafts- und Baumplantagengeschäften in Paraguay im Auftrag eines Unternehmens, das in einem Bericht des Europäischen Parlaments mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in Verbindung gebracht wird, ist zudem die Entscheidung der GIZ, ausgerechnet UNIQUE mit einer Analyse zu beauftragen, ohnehin schon als unangebracht zu bezeichnen.

Das IfaS, das sich auch sehr für das deutsch-namibische Biomasse-Projekt einsetzt, erstellte kürzlich einen „Strategieplan“ für eine großangelegte Entbuschung in Namibia, um Energieunternehmen in Deutschland und möglicherweise auch in anderen Ländern Europas mit Biomasse zu versorgen. Diese Machbarkeitsstudie trägt auch das GIZ-Logo, was darauf schließen lässt, dass sie vielleicht zumindest teilweise vom BMZ finanziert wurde. Die IfaS-Studie akzeptiert unkritisch den Bericht und die Feststellungen von UNIQUE und betont darüber hinaus die möglichen wirtschaftlichen Vorteile des Projekts für Deutschland, wobei von einem Win-Win-Szenario von beiden Ländern die Rede ist, statt sich ausschließlich auf den möglichen Nutzen innerhalb Namibias zu konzentrieren.

Wer würde von dem Projekt profitieren?

Was von den Befürwortern der Buschholz-Exporte nicht beantwortet wird, ist die Frage, wer in Namibia von diesem Projekt profitieren würde. Eine Verbuschung reduziert die Menge an Vieh, meist Rinder, die auf einem Stück Land weiden kann. Das ist ein Problem für diejenigen, die Viehzucht im großen Stil betreiben, die einen Großteil der landwirtschaftlichen Einnahmen des Landes ausmacht. Allerding ist das Eigentum an Grund und Boden dem Namibischen Statistischen Amt zufolge in dem Land sehr ungleich verteilt: 70,1% des bewirtschafteten Farmlandes gehört Mitgliedern der weißen Minderheit, die nur 6% der Bevölkerung ausmacht. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt auf kleineren Parzellen, die als „Kommunalgut“ gelten und die meist im kleinen Rahmen als Weideland und daneben für den Anbau von Ackerfrüchten und Gemüse genutzt werden. Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass das Projekt überwiegend oder ausschließlich den größeren landwirtschaftlichen Betrieben zugutekommen könnte und damit die bestehenden Ungleichheiten verstärken würde.

Letztlich sind Behauptungen, dass die Menschen in Namibia sozioökonomischen Nutzen aus dem Projekt ziehen würden, äußerst fragwürdig. Für die Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung in Deutschland wäre es erforderlich, dass die Kosten der Biomasselieferungen niedrig und konkurrenzfähig gegenüber anderen Optionen sind. Somit ist naheliegend, dass die Ernte der Biomasse mechanisch erfolgen würde, um die Arbeitskosten zu minimieren. Eine großangelegte Mechanisierung der Entbuschung könnte die bestehenden Arbeitsplätze in der Gehölzbeseitigung verdrängen. Zudem war Namibia in den letzten Jahren Nettoimporteur von Holz und Holzprodukten und könnte wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen, das Buschholz für den Bedarf im eigenen Land zu verwerten.

Schlussbemerkung

Angesichts der oben dargelegten schwerwiegenden Probleme ist Biofuelwatch der Auffassung, dass das vom BMZ finanzierte Projekt „Nutzung von Busch-Biomasse“ in Namibia bis zu einer vollständigen Klärung aller vorgebrachten Bedenken mit sofortiger Wirkung ausgesetzt und die von der UNIQUE GmbH und dem IfaS erstellten Berichte zurückgezogen werden sollten. Darüber hinaus sollten das BMZ und die GIZ überdenken, ob sie der UNIQUE GmbH weitere Beratungsaufträge erteilen wollen. Eine Entbuschung kann nicht als Maßnahme zur Eindämmung des Klimawandels erachtet oder als solche behandelt werden, weil sie bei großflächiger Durchführung die Kohlenstoffbindung erheblich reduziert. Es mag in manchen Fällen sinnvoll sein, dass die Bundesregierung Klimaanpassungsprojekte finanziert, die auch in einem gewissen Umfang Buschausdünnung beinhalten; allerdings müssen derartige Projekte in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort entwickelt werden, insbesondere mit den marginalisierten und gefährdeten Bevölkerungsgruppen.

Ein Gastbeitrag von Almuth Ernsting, Biofuelwatch

Weiterlesen: Der vollständige Bericht von Biofuelwatch ist hier zugänglich.