Loss & Damage

Die InsuResilience Globale Partnerschaft (IGP) muss den Ärmsten mehr als nur Versicherungen bieten

loss_and_damage_Philippinen_Tropensturm

Arme Menschen – wie hier in den Philippinen – brauchen besseren Schutz vor den Folgen des Klimawandels, zu dem sie kaum etwas beigetragen haben. Photo: J. Grossmann/Brot für die Welt

Am 14. November 2017 fand der offizielle Start der InsuResilience Globalen Partnerschaft (InsuResilience Global Partnership – IGP) auf einem Event während der UN Klimakonferenz (COP23) in Bonn statt. Die globale Partnerschaft ist eine Ausweitung der Versicherungsinitiative InsuResilience, die 2015 unter der G7 Präsidentschaft Deutschlands gegründet wurde und die bis 2020 zusätzliche 400 Millionen arme und verwundbaren Menschen den Zugang zu Versicherungslösungen ermöglichen will. Die globale Partnerschaft wurde nun von Deutschland, Großbritannien und Äthiopien, dem Vorsitzenden der Gruppe der V20 – einer Gruppe von den am stärksten verwundbaren Ländern – angekündigt.

Die neue Partnerschaft soll die Resilienz der Entwicklungsländer gegenüber dem Klimawandel stärken und arme und verwundbare Bevölkerungsgruppen vor den Auswirkungen von Naturkatastrophen schützen. Im Speziellen möchte die IGP Daten- und Risikoanalysen, technische Unterstützung und Kapazitätsaufbau anhand der Bedürfnisse und Prioritäten der einzelnen Länder finanzieren sowie konkrete Risikofinanzierungs- und Versicherungslösungen anbieten, die Umsetzung solcher Ansätze intelligent begleiten und diese durch Monitoring und Evaluierung auswerten.

Deutschland ist gemeinsam mit Äthiopien, Großbritannien und der Weltbank einer der treibenden Kräfte hinter der Partnerschaft. Deutschland hat dazu eine Finanzierungszusage von 110 Millionen Euro von (meist) neuen Geldern beim offiziellen Start auf der Klimakonferenz verkündet. Damit folgt Deutschland Großbritannien, die im Juli 2017 eine Zusage von £30 Millionen gemacht haben. Zusammen mit den Geldern, die Deutschland bereits in die Einrichtung oder Ausweitung von Klimarisikoversicherungen gesteckt hat, scheint die Partnerschaft zu einem wichtigen Baustein der deutschen Klimafinanzierung zu werden. Daher lohnt sich ein kritischer Blick darauf.

Unterstützung und Bedenken aus der Zivilgesellschaft

Zivilgesellschaftliche Gruppen haben die neue Partnerschaft einhellig begrüßt, insbesondere das Ziel, die besonders verwundbaren Länder zu unterstützen. Diese brauchen Hilfe in der Bewältigung  der katastrophalen Folgen von Dürren, Überschwemmungen und Tropenstürmen sowie bei der besseren Vorbereitung auf die immer stärkeren Folgen des Klimawandels.

Dennoch gibt es einige Bedenken, was die konkrete Ausgestaltung der globalen Partnerschaft angeht. Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern daher die bessere Verankerung der folgenden Punkte in der IGP:

  1. Ein klarer Fokus auf Risikofinanzierung für Klimawandelfolgen und Katastrophen – und nicht nur Versicherungen
    Wenn die Partnerschaft ein Erfolg werden soll, muss sie mehr als nur Versicherungen anbieten und darf einen breiteren Ansatz nicht nur in ihrer Rhetorik vertreten. Aktuell dominieren in der Partnerschaft und den Veröffentlichungen dazu noch Versicherungen und bestehende Mechanismen wie die African Risk Capacity (ARC) oder die Pacific Catastrophe Risk Assessment and Financing Initiative (PCRAF), nicht jedoch andere Finanzierungsmechanismen wie beispielsweise Mexikos Natural Disaster Fund (FONDEN). Durch einen breiteren Ansatz von Risikofinanzierung für Klimawandelfolgen und Katastrophen kann die Partnerschaft eine wichtige Rolle spielen, arme Länder bei der Suche nach passenden Risikofinanzierungsinstrumenten und der Planung von Katastrophenprävention zu helfen – und damit die Resilienz umfassender stärken.
  2. Ein breiter Resilienzansatz für die IGP
    Die Partnerschaft braucht ein grundlegendes Verständnis dafür, wie die geplante Risikofinanzierung zur Stärkung von Resilienz, Katastrophenvorsorge und Klimawandelanpassung beitragen. Ein umfassender Ansatz im Umgang mit Risiken beinhaltet die Finanzierung von Maßnahmen, die die Widerstandskraft von Gesellschaften gegen künftige Wetterextreme erhöhen, aber auch die Anpassung an die klimatischen Veränderungen, Frühwarnsysteme und Notfallpläne oder Staatsfonds für den Wiederaufbau nach Katastrophen. Hier braucht es mehr Klarheit, wie die Partnerschaft solche Ansätze konkret unterstützen will.
  3. Entwicklung von armutsorientierten Leitlinien
    Die Partnerschaft soll das Leben und die Lebensgrundlagen von armen und verwundbaren Bevölkerungsgruppen schützen und die Resilienz in Entwicklungsländern stärken – und dazu öffentliche Gelder einsetzen. Diese müssen für die Ziele der IGP genutzt werden und dürfen nicht der Markterweiterung von Versicherungskonzernen dienen. Die Partnerschaft muss daher explizite armutsorientierte Leitlinien entwickeln. Diese Leitlinien sollten einem menschenrechtsbasierten Ansatz entsprechen. Das bedeutet ein klarer Fokus auf arme und verwundbare Bevölkerungsgruppen, Gender- und Gleichstellungsansätze, einen an den Bedürfnissen orientierten Ansatz sowie hohe Ansprüche an die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Initiative. Auf Grundlage solcher Leitlinien kann die Partnerschaft klare Handlungsanweisung für Kooperationen mit der Wirtschaft (z.B. im Rahmen von Public-Private-Partnerships) geben.
  4. Klimagerechtigkeit umsetzen
    Die ärmsten Länder und die ärmsten Menschen in Entwicklungsländern dürfen nicht verpflichtet werden, für Versicherungen zu bezahlen, um mit den Schäden des Klimawandels umgehen, der vor allem von den industrialisierten Ländern verursacht werden. Die Partnerschaft muss daran setzen, Gelder von den größten Verschmutzern einzufordern, um die Kosten für Klimarisikoversicherungen zu decken. Das beinhaltet auch eine Subventionierung der Prämien für die Länder und Bevölkerungsgruppen, die zu arm dafür sind und die kaum zum Klimawandel beigetragen haben.
  5. Wirkung sichern und Erfahrungen dokumentieren
    Sowohl die Risikofinanzierung für Klimawandelfolgen und Katastrophen als auch Klimarisikoversicherungen sind recht neue Ansätze. Daher kann die Partnerschaft noch nicht auf viel Erfahrung aufbauen, wie sie konkret zu Resilienz beitragen. Sie sollte daher großen Wert auf Monitoring und Evaluierung der geförderten Ansätze legen, um ihre Qualität sorgfältig und transparent zu dokumentieren und damit den Erfahrungsschatz nach und nach zu erweitern. Dabei sollten nicht nur die umgesetzten Aktivitäten und die Anzahl der versicherten Menschen gemessen, sondern sorgfältig geprüft werden, wie effektiv die Finanzierungsansätze zur Minderung von Verlusten und zur Stärkung der Resilienz der Bevölkerung beitragen.
  6. Ausrichtung an den Bedürfnissen der Betroffenen
    Die Partnerschaft ist gegenüber den betroffenen Menschen rechenschaftspflichtig und muss daher auch eine transparente Konsultation mit ihnen über ihre Ausgestaltung halten. Dazu braucht es u.a. eine starke Rolle der Zivilgesellschaft aus den betroffenen Ländern. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Gelder auch diejenigen erreichen, die es am dringendsten brauchen und dass die finanzierten Ansätze auch tatsächlich ihren Bedürfnissen entsprechen.

Diese Punkte sind entscheidend für den Erfolg der Partnerschaft und müssen bei der Erarbeitung der Regeln und Modalitäten berücksichtigt werden, die in den nächsten Monaten stattfinden wird.

Und auch wenn solche neue Initiativen wie die InsuResilience Global Partnership willkommen sind und ein positives Signal senden: Sie sind dennoch kein Ersatz für einen klaren Fahrplan, wie die Klimafinanzierung der Geberländer bis 2020 auf 100 Milliarden Dollar ansteigen soll. Ebenso ersetzen sie nicht die Diskussion um innovative Finanzierungsansätze, die wirklich neue und zusätzliche Mittel generieren können, um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen.

Christine Lottje