Allgemein / Green Climate Fund (GCF)

Der Grüne Klimafonds hat Potenzial

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Photo: L. Schalatek, lizensiert unter der Creative Commons License.

Die finanzielle Unterstützung der Entwicklungsländer beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel ist eines der am härtesten umkämpften Themen in der internationalen Klimapolitik. Die Schaffung des Grünen Klimafonds (GCF) galt deshalb als Meilenstein, und der Fonds ging mit enormen Erwartungen an den Start. Die kann er noch nicht ganz erfüllen, sagt David Eckstein, Referent für Klimafinanzierung und Investitionen bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Dennoch entwickle sich der Fonds gut.

Die Website www.deutscheklimafinanzierung.de veröffentlicht ein Interview, das Christian Mihatsch mit ihm geführt hat und das bei klimaretter.info erchienen ist.

klimaretter.info: Herr Eckstein, der Grüne Klimafonds hat letztes Jahr zum ersten Mal Projekte in großem Stil bewilligt. Erfüllt der GCF die in ihn gesetzten Erwartungen?

David Eckstein: Der Fonds wurde unter extremem politischen Druck „hochgezogen“, um bei den Klimaverhandlungen in Paris im Jahr 2015 schon erste Ergebnisse vorweisen zu können. Deshalb wurden manche Entscheidungen zu früh gefällt. Es gab das Motto: „Wir bauen das Flugzeug, während wir es fliegen.“

Mittlerweile sehen wir aber einen positiven Trend bei der Projektqualität. Umgekehrt besteht beim direct access, also dem Zugang für nationale Institutionen, noch Nachholbedarf. Bislang werden die meisten Projekte noch von multilateralen Entwicklungsbanken und UN-Organisationen ausgearbeitet.

Ist der Fonds zu stark politisiert?

Die Klimaverhandlungen und der GCF können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Zum Teil sitzen sich die gleichen Leute bei den Verhandlungen gegenüber und treffen sich dann wieder im GCF-Vorstand. Trotzdem hoffe ich, dass der politische Druck, der im GCF-Vorstand spürbar ist, mit der Zeit nachlassen wird. Für die Klimaverhandlungen spielt der GCF eine extrem wichtige Rolle. Ein Scheitern des Fonds wäre katastrophal für die Klimapolitik.

Wie definieren Sie „Projektqualität“?

Für uns als Nichtregierungsorganisation hat ein gutes Projekt transformatives Potenzial und stärkt gleichzeitig die Eigenverantwortung der Länder. Mit „transformatives Potenzial“ meinen wir, dass Projekte nicht nur Einzelmaßnahmen aneinanderreihen, sondern Strukturen verändern, sodass mehr Klimaschutz oder bessere Anpassung möglich wird.

Es geht also nicht darum, einzelne Windparks zu finanzieren, sondern eine Energiewende im Partnerland anzustoßen. Wenn man nachhaltig transformative Wirkung haben will, dann funktioniert das nur, wenn man die entscheidenden Akteure in einem Land mit an Bord hat.

Kennzahlen sind für Sie also nicht der ausschlaggebende Faktor?

Natürlich gibt es wichtige Kennzahlen, etwa wie viele Tonnen CO2 reduziert werden oder wie viele Menschen von einem Projekt profitieren. Aber Zahlen sind nicht alles. Etwa die Zahl, wie viel zusätzliches Geld gehebelt wird, kann auch irreführend sein. Das gilt für Projekte in Ländern mit einem instabilen Investitionsumfeld oder generell für Projekte zur Anpassung an den Klimawandel, wo es für den Privatsektor oft schwierig ist, sich zu beteiligen. Dann zu sagen, dass ist kein gutes Projekt, weil es nicht genug Geld hebelt, wäre sicherlich falsch. Das muss man von Projekt zu Projekt beurteilen.

Eine Vorgabe ist, dass der Fonds zur Hälfte Anpassungsprojekte fördert. Tut er das?

Da muss der Fonds noch aufholen. Das ist aber nicht weiter erstaunlich. Wenn die Hälfte des Geldes in Anpassung fließen soll, dann brauchen wir dafür überdurchschnittlich viele Projekte, weil die meist kleiner sind. Außerdem gibt es noch eine Vorgabe: Ein Viertel des gesamten Geldes soll an die ärmsten Länder der Welt und an arme kleine Inselstaaten fließen. Dort ist es schwierig, ein Projekt für 500 Millionen Dollar zu konzipieren.

Die Balance zwischen CO2-Minderung und Anpassung ist daher etwas, was der Fonds erst mittelfristig hinbekommen wird. Auch dazu muss der Fonds den direct access stärken und den Ländern bei der Projektentwicklung helfen. Es besteht viel Anpassungsbedarf in Ländern, die noch nicht dazu in der Lage sind, Projekte zu entwickeln, die über zehn Millionen Dollar hinausgehen. Das ist ein Prozess, der Zeit braucht.

Im Pazifikstaat Nauru unterstützt der GCF die Modernisierung des Hafens mit knapp 27 Millionen Dollar. Wurde dieses Geld bewilligt, weil man unbedingt etwas für die kleinen Inselstaaten tun wollte?

Das war sicher eines der am schwierigsten zu beurteilenden Projekte. Nauru ist der kleinste Inselstaat und stark vom Klimawandel bedroht. Außerdem ist Nauru arm. Sehr kritisch war aber, dass es kein neues, für den GCF entwickeltes Projekt war. Die asiatische Entwicklungsbank ADB hatte es schon seit geraumer Zeit geplant. Anschließend wurde die Klimakomponente stärker in den Vordergrund gerückt – wobei es natürlich einen Klimaaspekt gibt: Der alte Hafen ist bei starken Stürmen nicht zu benutzen und deren Zahl nimmt wegen des Klimawandels zu.

Trotzdem wollen wir eigentlich, dass der Fonds neue Dinge tut, die die Entwicklungsbanken oder andere Institutionen nicht machen wollen oder nicht machen können. Deshalb gab es Zweifel, ob man für dieses spezielle Projekt wirklich den GCF braucht.

Könnte man den Hafen in Nauru als Projekt unter der Rubrik „Verluste und Schäden“ betrachten?

Es gibt keine klare Definition, die sagt, wo Anpassung aufhört und wo die „Verluste und Schäden“ anfangen. Aber der Fonds wird sich in Zukunft mit dieser Frage befassen müssen, weil der Klimawandel immer weiter fortschreitet.

Bei Anpassungsprojekten steht der GCF in direkter Konkurrenz zum Anpassungsfonds. Was sind die Unterschiede zwischen diesen beiden?

Der Anpassungsfonds befasst sich nur mit Projekten bis zehn Millionen Dollar. Der Fonds will eine Art Versuchslabor bereitstellen und innovative Projekte testen, die der GCF dann größer und mit mehr Geld fortführen kann.

Ist der GCF innovativ genug?

Innovation ist etwas Gutes, aber auch kein Selbstzweck. Der GCF hat in seinem aktuellen Projektportfolio aber schon einige innovative Projekte. Gerade hat zum Beispiel Sambia eine Einspeisevergütung für erneuerbare Energien eingeführt und der GCF hat ein dazu passendes Finanzierungsprogramm bewilligt. Aus hiesiger Sicht ist das vielleicht nicht innovativ, aber in einem Land wie Sambia kann das eine transformative Wirkung entfalten.

Außerdem kann der Fonds auch in seiner Arbeitsweise innovativ sein, indem er etwa die Verantwortung für die Projekte noch tiefer in den Ländern verankert. Da gibt es schon erste Ansätze etwa für small grants, also „kleine Zuwendungen“. Die können in den Ländern direkt vergeben werden, ohne dass die Projekte nochmal vom GCF-Vorstand bewilligt werden müssen.

Der GCF verwaltet nur einen relativ kleinen Teil der Klimafinanzierung. Deutlich mehr Geld fließt über die multinationalen Entwicklungsbanken und die bilaterale Entwicklungshilfe. Wie vergleichen Sie den GCF mit diesen beiden Finanzkanälen?

Weil der GCF ein Fonds ist, werden eventuelle Geberinteressen ausgeklammert – anders als bei der bilateralen Entwicklungshilfe. Dadurch können auch Länder Geld bekommen, die in der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit eher Schwierigkeiten haben.

Im Vergleich zu den multilateralen Entwicklungsbanken ist der GCF flexibler. Die Banken vergeben zwar auch Zuschüsse, aber vor allem geben sie Kredite, wenn auch zu vergünstigten Konditionen. Außerdem kann der GCF höhere Risiken eingehen als die Entwicklungsbanken.

Die Unterscheidung zwischen Zuschüssen und Darlehen ist auch eine grundsätzliche Frage. Soll ein Land mittleren Einkommens wie etwa Thailand auch nicht rückzahlbare Zuschüsse bekommen?

Diese Frage ist seit mehreren Sitzungen des GCF-Vorstands in der Diskussion: Welches Land bekommt welches Geld zu welchen Konditionen? Das ist sehr schwierig. Wenn man Kriterien nach Ländergruppen oder Projekttypen vorgibt, dann entspricht das nicht immer der Realität vor Ort. Manche Projekte würden ohne eine Initialzündung durch einen Zuschuss möglicherweise nie zustande kommen. Das gilt besonders für Anpassungsprojekte, die oft keinen finanziellen Rückfluss generieren. Das muss man von Fall zu Fall beurteilen, aber das macht natürlich auch mehr Arbeit.

Für Aufsehen gesorgt hat das Projekt „Proeza“ in Paraguay. Die Global Forest Coalition beschuldigt den GCF, damit die Entwaldung zu fördern. Wie sehen Sie das?

Germanwatch hat keine größere Expertise bei Waldprojekten und Paraguay zählt nicht zu unseren Schwerpunktländern. Wir vertrauen deshalb auf die Expertise unserer Kollegen in den Nichtregierungsorganisationen, die speziell zu diesem Thema arbeiten und den regionalen Kontext besser verstehen. Für uns war es aber schon ein Alarmsignal, dass auch die lokale Bevölkerung das Projekt ablehnt. Eigentlich sollte sie ja davon profitieren.

Die Geberländer haben ursprünglich Zusagen über 10,3 Milliarden US-Dollar für den GCF gemacht, inklusive drei Milliarden aus den USA. Die Obama-Regierung hatte aber erst eine Milliarde überwiesen und die Trump-Regierung weigert sich die verbleibenden zwei Milliarden freizugeben. Muss man den GCF jetzt schneller als erwartet wieder auffüllen?

Ja, das ist wohl unvermeidlich. Man muss unbedingt verhindern, dass der GCF an den Punkt kommt, wo zwar weiter Projekte bewilligt werden, aber eigentlich gar kein Geld da ist. Der Anpassungsfonds war schon mehrmals an diesem Punkt. Der GCF hat deshalb bereits damit begonnen, das Prozedere für die Wiederauffüllung zu erarbeiten, weil wohl dieses Jahr die Schwelle erreicht wird, wo 60 Prozent der vorhandenen Gelder zugesagt sind.

Die Lücke, die die USA hinterlassen, wird aber auch bei der nächsten Wiederauffüllung zu sehen sein. Eine Zahl, die unter den zehn Milliarden liegt, wäre aber ein falsches Signal. Eigentlich erwarten wir von allen Ländern, dass sie ihre Zusagen aus der Erstauffüllung bei der nächsten Auffüllung des Fonds übertreffen. Ich hoffe daher, dass die anderen Länder versuchen werden, die Lücke der USA zu schließen. Gleichzeitig will man aber auch verhindern, dass das US-Beispiel Schule macht und auch andere Geberländer ihre Zusagen nicht erfüllen.

Was ist mit anderen Finanzquellen?

Das muss man unbedingt prüfen. Wir fordern etwa, dass Schiffsdiesel und Flugbenzin mit einer Abgabe belegt werden, die dann zum Teil in den GCF fließen könnte. Auch macht es sicherlich Sinn, über die Rolle von nichtstaatlichen Akteuren wie Stiftungen nachzudenken. Dabei ist aber klar, dass das kein Ersatz für die Verpflichtung der Industrieländer sein kann.

Und was ist mit Beiträgen von Entwicklungsländern?

Es ist zu erwarten, dass auch Entwicklungsländer wieder Zusagen zum GCF machen und das weiter zunimmt. Gleichzeitig darf nicht der Eindruck entstehen, dass man die traditionellen Geberländer aus ihrer Verantwortung entlässt. Sonst werden Entwicklungsländer, die bereit sind, in den Fonds einzuzahlen, von ihren Entwicklungsländer-Kollegen abgemahnt. Ich kann mich erinnern, dass Mexiko schon Schelte bekommen hat. Mexiko war ja das erste Entwicklungsland, das in den GCF eingezahlt hat.

Aber ist Mexiko als Mitglied der OECD überhaupt ein Entwicklungsland?

Natürlich ist Mexiko kein traditionelles Entwicklungsland, hat aber im Rahmen der UN-Klimakonvention keine Verpflichtung, sich an der Klimafinanzierung zu beteiligen. Das ist der Status quo, mit dem wir arbeiten müssen.

Wie würden Sie die Rolle des GCF in der größeren Landschaft der Klimafinanzierung beschreiben?

Der GCF hat das Potenzial, das wichtigste Instrument der Klimafinanzierung zu werden. Vergleicht man die zehn Milliarden für drei Jahre mit den 100 Milliarden, die ab 2020 in jedem Jahr fließen sollen, dann ist das natürlich verschwindend gering. Der GCF spielt aber eine wichtige Rolle, weil er die Möglichkeit bietet, Dinge anders zu machen, als sie bisher gemacht wurden.

Was wäre eine sinnvolle Größenordnung für den GCF?

Zehn Milliarden Dollar pro Jahr wäre ein guter Zwischenschritt. Wenn der GCF so funktioniert, wie sich viele Leute das vorstellen, dann spricht nichts dagegen, dass man auch einen Teil der bilateralen Entwicklungsfinanzierung umlenkt und über den GCF fließen lässt. Man muss sich auch fragen, wie sich die Rolle der Entwicklungsbanken verändern soll.

Noch ist es aber zu früh, um zu sagen, der GCF soll der zentrale Baustein der Klimafinanzierung werden. Das muss für den Fonds auch umsetzbar sein. Mit einem GCF-Sekretariat von aktuell 130 Leuten ist das unmöglich. Zielgröße sind zurzeit 300 Mitarbeiter. Damit wäre der GCF in der Lage, bei der Projektbewilligung deutlich zuzulegen.

Stimmt es, dass der GCF Schwierigkeiten hat, gute Mitarbeiter nach Südkorea an seinen Sitz in Songdo zu locken?

Ja, das ist tatsächlich ein Problem. Songdo ist für Familien nicht der attraktivste Standort. Die Luftqualität ist nicht die beste, die Nähe zu Nordkorea macht Angst. Ein Schnellzug nach Seoul, wo vielleicht Jobs für die Lebenspartner sind, ist noch in Planung. Deshalb war es nicht nur ein Problem gute Leute zu bekommen, sondern auch sie zu halten. Weil der Fonds chronisch unterbesetzt war, war er auch für die „Work-Life-Balance“ nicht der attraktivste Arbeitgeber. Das bessert sich jetzt aber.

Interview: Christian Mihatsch / weltinnenpolitik.net