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Klimafinanzierung im Koalitionsvertrag: Business-as-usual oder Chance für mehr Ehrgeiz?

Bringt der Koalitionsvertrag die Klimafinanzierung voran?

Bringt der Koalitionsvertrag die Klimafinanzierung voran?

Beim Klimaschutz in Deutschland gibt der Koalitionsvertrag gründlich Anlass zur Kritik. Wie aber steht es bei der Klimafinanzierung, also der finanziellen Unterstützung für die ärmeren Länder bei der Bewältigung des Klimawandels? Ein kurzer Blick in die 179 Seiten.

Das Klimaschutzziel für 2020 de facto aufgegeben, keinen verbindlicher Kohleausstieg verankert, den Politikwechsel in den Sektoren Verkehr und Ladwirtschaft verschlafen, und auch die langfristige Klimapolitik soll nicht an das Pariser Abkommen angepasst werden: Beim Thema Klimaschutz gibt der Koalitionsvertrag gründlich Anlass zur Kritik, trotz auch zu begrüßender Schritte wie das geplante Klimaschutzgesetz oder der stärkere Ausbau der erneuerbaren Energien. Wie aber steht es bei der Klimafinanzierung, also der finanziellen Unterstützung für die ärmeren Länder bei der Bewältigung des Klimawandels?

Steigt jetzt die Klimafinanzierung an?

Im Kapitel 12 (Deutschlands Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit in der Welt) ist festgelegt, dass man die Entwicklungs- und Schwellenländer in „ihren  Anstrengungen  im  Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel sowie beim Schutz der biologischen Vielfalt unterstützen“ wolle. Das ist wichtig, aber im Grunde nichts Neues, denn Deutschland gehört zu den reichen Industrieländern, die 1992 in der UN-Klimarahmenkonvention eine völkerrechtliche Verpflichtung zu solcher Unterstützung eingegangen sind. Diese ist durch das vom letzten Bundestag einstimmig ratifizierte Pariser Abkommen noch einmal bestätigt worden.

Interessanter ist da schon dieser Satz (Kapitel 11, Verantwortungsvoller Umgang mit unseren Ressourcen):

 „Wir bekennen uns zur deutschen Verantwortung für den internationalen Klimaschutz und sorgen für einen weiteren Aufwuchs der internationalen Klimaschutzfinanzierung  durch Deutschland im Rahmen der Erhöhung der ODA-Mittel.“

Immerhin. 2009 hatten Deutschland und die übrigen Industrieländer versprochen, die Klimafinanzierung bis 2020 auf mindestens 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr anzuheben – derzeit ist ein Niveau von knapp 60 Mrd. US-Dollar pro Jahr erreicht (nach der Zählweise der Geberländer, die allerdings an vielen Stellen kritikwürdig ist). Insofern ist auch ein weiteres Wachstum aus Deutschland wichtig. Die im Koalitionsvertrag formulierte Absicht bleibt aber zu vage. Es wird zum Beispiel versäumt, das Versprechen der Bundesregierung (gegeben von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem G7-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2015) zu bekräftigen, die Finanzierung bis 2020 gegenüber 2014 zu verdoppeln. Dafür müssten nun schrittweise insbesondere die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung bis 2020 mindestens verdoppelt werden. Hier gibt es einiges zu tun. Im gerade abgelaufenen Haushalt 2017 war der darin enthaltene Anstieg der Mittel für eine schrittweise Verdoppelung bis 2020 zu schwach ausgefallen. Die bisherige Bundesregierung hatte geplant, die Erfüllung des Versprechens durch Rechentricks zu erreichen. Es steht zu hoffen, dass die neue GroKo hier mehr Ehrgeiz entwickelt. Auch soll anscheinend die Klimafinanzierung weiterhin auf die ODA-Quote angerechnet werden, eine umstrittene Praxis, da zum Beispiel der Klimawandel zusätzliche Kosten verursacht und daher entsprechende Mittel zusätzlich notwendig wären (wie es übrigens die SPD in ihrem Wahlprogramm noch gefordert hatte).

Ohnehin ist fraglich, wie sehr die ODA-Mittel in den kommenden Jahren steigen werden. Konsequente Schritte zur Erfüllung des Ziels, mindestens 0,7% des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, hat es auch von der bisherigen Bundesregierung nicht gegeben, die statt dessen die Quote durch das Anrechnen der Kosten im Zusammenhang mit nach Deutschland Geflüchteten schöngerechnet hat. Völlig unangemessen ist die Maßgabe des Koalitionsvertrags, die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit (und damit auch der Klimafinanzierung) an die Entwicklung des Verteidigungsbudget zu koppeln – und so also den dringend benötigten und lange versprochenen Anstieg bei der Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel letztlich davon abhängig zu machen, dass ebenso viel Geld zusätzlich in den Verteidigungshaushalt fließt.

Zukünftige Förderschwerpunkte

Was mögliche Schwerpunkte bei der Verwendung der künftigen Klimafinanzierung angeht, sagt der Koalitionsvertrag (nochmal Kapitel 12), die neue Bundesregierung werde konsequent auf die Förderung erneuerbarer  Energien, auf eine dezentrale Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten, sowie auf den Zugang zu sauberer, bezahlbarer und sicherer Energie“ setzen und dazu „weitere Partnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern eingehen“. Das sind alles sinnvolle Dinge, die der Absenkung der globalen Treibhausgasemissionen dienen. Die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) des BMUB soll (Kapitel 9, Lebenswerte Städte, attraktive Regionen und bezahlbares Wohnen) die Förderung auf dem Feld der nachhaltigen Stadtentwicklung „erheblich ausweiten“ (hoffentlich über eine deutlich bessere Mittelausstattung der IKI und nicht über ein Verschieben zulasten anderer, nicht minder wichtiger Förderbereiche in einem stagnierenden IKI-Etat), was angesichts der Problemlage vieler Städte in Entwicklungsländern zwangsläufig sowohl den Bereich Emissionsminderung als auch den Bereich Anpassung an den Klimawandel in den Blick nehmen muss.

Wichtig wäre es allerdings auch gewesen, eine klare Kurskorrektur gegenüber der Entwicklung der letzten Jahre vorzunehmen, und deutlich mehr Mittel im Bereich der Anpassung an die klimatischen Veränderungen bereitzustellen, etwa zur Absicherung von Ernten oder zum Schutz vor kommenden Unwetterkatastrophen. Nicht einmal ein Fünftel der Klimafinanzierung aus Deutschland unterstützt die für die Sicherung der Lebensgrundlagen der Menschen so wichtigen Anpassungsmaßnahmen (vgl. hier). Dabei wird regelmäßig auf den alljährlichen UN-Weltklimakonferenzen vereinbart, dass bei der finanziellen Unterstützung eine Balance zwischen Klimaschutz einerseits und Anpassung an den Klimawandel andererseits erreicht werden soll.

Im Großen und Ganzen ist das Ergebnis für die Klimafinanzierung eher mäßig – und dennoch steckt im Koalitionsvertrag das Potenzial, die Klimafinanzierung aus Deutschland deutlich auszubauen. Für den internationalen Ruf Deutschlands, für neue Dynamik bei der Umsetzung des Pariser Abkommens und für die Bildung strategischer Allianzen mit den ärmeren und besonders verwundbaren Ländern wie auch mit den Schwellenländern wäre das wünschenswert. Der erste Glaubwürdigkeitstest der neuen Bundesregierung dazu wird die Aufstellung des Bundeshaushalts 2018 – man darf gespannt sein.

Jan Kowalzig, Oxfam, und Sven Harmeling, Care