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G20 muss Weichen für internationale Klimafinanzierung stellen

Foto: Krackhardt, Brot für die Welt

Foto: Krackhardt, Brot für die Welt

Die finanzielle Unterstützung ärmerer Länder durch diejenigen, die den Klimawandel maßgeblich verschuldet haben, ist eine zentrale Voraussetzung für die internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik. Während das Thema auf der offiziellen Agenda der G20 keine Rolle spielt, sind die aktuellen Prozesse innerhalb der G20 doch wichtige Gradmesser für zukünftige Entwicklungen im Bereich der internationalen Klimafinanzierung.  

Die G20 – traditionell ein Forum für Wirtschafts- und Finanzthemen – hat sich in den letzten Jahren zunehmend einem breiteren Themenspektrum zugewandt, darunter auch die globale Klimakrise. Im Vorfeld des UN-Klimagipfels in Kopenhagen, beim G20-Gipfel in Pittsburgh 2009, enthielt die Abschlusserklärung der G20-Staatsoberhäupter das erste Mal substantielle Aussagen zur Klimapolitik. Die mexikanische G20-Präsidentschaft 2012 setze „Grünes Wachstum“ auf die Agenda und etablierte unter anderem eine Studiengruppe zu Klimafinanzierung im sogenannten „Finance Track“, also dem als bedeutsamer erachteten Arbeitsstrang der G20-Finanzminister.  Diese sollte Strategien  erarbeiten, um zusätzliche Mittel für die Klimafinanzierung zu mobilisieren – immer mit Blick auf und im Rahmen der Verpflichtungen der UN-Klimarahmenkonvention.

Als gemeinsames Forum der Industrienationen und der größten Schwellenländer wie China, Brasilien, Indien und Indonesien sind die G20 im Gegensatz zur G7 kein klassisches „Geberforum“. So werden in der G20 auch eher Initiativen gestartet und Aktionspläne verabschiedet als Ressourcen bereitgestellt. Trotzdem sind Signale aus diesem Kreis natürlich wichtig, gerade auch in der Klimapolitik. In Bezug auf Klimafinanzierung wird sich die Frage der Beteiligung der Schwellenländer an der finanziellen und technischen Unterstützung für die ärmeren Länder spätestens 2025 sehr konkret stellen, wenn ein neues kollektives Klimafinanzierungsziel (ausgehend von den bisherigen USD 100 Mrd. jährlich ab 2020) gesetzt werden soll. Es ist stark davon auszugehen, dass dies nur durch eine Ausweitung der traditionellen Geberbasis gelingen wird.

Unter chinesischer Präsidentschaft 2016 erging ein klares Bekenntnis der G20 zur Agenda 2030 mit den nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDGs), zur Addis Ababa Aktionsagenda für Entwicklungsfinanzierung sowie zur Unterstützung des UN Klimaabkommens von Paris. Die Bedeutung der Verpflichtung für Industriestaaten zur finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländern wurde hierbei ausdrücklich gewürdigt. Gleichzeitig setzte die chinesische Präsidentschaft das Thema „Green Finance“ hoch auf die Agenda. Ziel ist hier weniger die nachhaltige Umgestaltung des gesamten Finanzsystems, als vielmehr privates Kapital vermehrt in sogenannte „grüne“ Anlageformen und Projekte zu lenken, um damit ökologisch nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen. Dieser Fokus auf die Mobilisierung von privaten Investoren für eine globale Nachhaltigkeitswende setzt sich auch in der deutschen G20 Klima- und Energieagenda fort.

Angesichts der massiven finanziellen Mittel, die für klimafreundliche Infrastruktur in allen Ländern gebraucht werden, kann dieser Schwerpunkt auf das „crowding in“ von Privatinvestionen durch öffentliche Gelder und Steuerungsmaßnahmen durchaus Sinn machen. Klar ist aber auch, dass bei Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zum Schutz der ärmsten Menschen und ihrer Lebensgrundlagen weiterhin öffentliche Mittel gefordert sind.

Schwierig wird es daher, wenn mit Verweis auf den Privatsektor die Verpflichtung der öffentlichen Hand weitgehend ausgehebelt wird. Anzeichen hierfür mehren sich: so fehlt nach einem Bericht von Bloomberg im aktuellen Entwurf der deutschen G20-Präsidentschaft für die Abschlusserklärung der Finanzminister, die sich vom 16.-17.März in Baden-Baden treffen, der Verweis auf die Verpflichtung zur zusätzlichen Klimafinanzierung bisher gänzlich. Dies könnte schlicht darauf beruhen, dass die deutsche G20-Präsidentschaft die Klima- und Energieagenda inklusive mancher relevanter Finanz- und Investitionsthemen – wie z.B. eine Initiative zu Klima-Risikoversicherungen, oder nachhaltigen Investitionskriterien für Entwicklungsbanken –  in einer eigenen „Nachhaltigkeitsarbeitsgruppe“ bündelt, aus der ein umfassender G20 Klima- und Energieaktionsplan hervorgehen soll. Andererseits besteht Sorge, diese Auslassung könnte Entwicklungen in den USA antizipieren: von dort gibt es konkrete Signale, dass eine Streichung oder zumindest radikale Kürzung der internationalen Klimafinanzierung eine der ersten klima-außenpolitischen Amtshandlungen der neuen Regierung werden könnte. Auch die Zuschüsse für die Arbeit des Weltklimarates IPCC, des Grünen Klimafonds und der UN-Klimarahmenkonvention stehen auf der Abschussliste des „America First“ Budgets des neuen Präsidenten.

Sollte dies Realität werden, könnte es den UNFCCC-Prozess auf ganz unspektakuläre Weise und ohne Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen ins Aus führen. Denn wenn die Industrieländer sich (noch mehr als bisher) bei der Klimafinanzierung querstellen, könnte das empfindliche Gebäude der freiwilligen Selbstverpflichtung und gemeinsamen Anstrengung, auf die das Pariser Abkommen gebaut ist, sehr schnell in sich zusammenfallen. Sollte die USA wirklich gerade auf diesem Gebiet den Rückzug antreten –  was aktuelle Entwicklungen nahelegen – könnte nur ein Schulterschluss zwischen den verbleibenden Industrieländern sowie finanzkräftigen Schwellenländern die Umsetzung des Pariser Vertrages ermöglichen. Dies scheint angesichts der aktuellen entwicklungspolitischen Neuorientierung z.B. in Großbritannien, der EU-Krise sowie der traditionell harten Verhandlungsposition der Schwellenländer zu diesem Thema zurzeit nur schwer vorstellbar.

Die G20 mit ihrem Konsensprinzip kann hier allenfalls als Forum zum Austausch dienen. Möglicherweise könnten diese Diskussionen einen Beitrag zur Überbrückung der alten Firewall leisten, ohne dabei Länder wie Indien oder Indonesien mit ihren immer noch niedrigen pro-Kopf Emissionen und hohen Armutsraten zu verprellen.

Gerrit Hansen und David Eckstein, Germanwatch