Internationale Klimafinanzierung

Investieren in Ambition: Analyse der finanziellen Aspekte der geplanten nationalen Klimaschutzbeiträge (INDCs)

160 Länder haben bisher ihre INDCs eingereicht. Photo: UNFCCC

Die nationalen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) der UNFCCC-Vertragsstaaten sind ein zentrales Element des neuen Klimaschutzabkommens, das auf der COP21 in Paris verabschiedet wurde. Sie bilden eine Grundlage für einen Entwicklungspfad hin zu einer kohlenstoffarmen und klimaresilienten Entwicklung. Bis März 2016 haben 188 Industrie- und Entwicklungsländer ihre geplanten nationalen Klimaschutzbeiträge (Intended Nationally Determined Contributions, INDCs) eingereicht. Die Beiträge der Entwicklungsländer enthalten dabei sowohl Maßnahmen, die von den Ländern eigenständig („unkonditioniert“) durchgeführt werden, als auch solche, die auf externe Unterstützung in Form von Finanzierung, Technologietransfer oder Kapazitätsaufbau angewiesen („konditioniert“) sind.

Die eingereichten INDCs sind zwar ein bedeutender Schritt zur Vermeidung von gefährlichem Klimawandel, reichen jedoch nicht aus um die Erderwärmung deutlich unter 2°C oder sogar 1.5°C zu begrenzen. Die internationale Gemeinschaft steht daher vor zwei großen Herausforderungen: Erstens müssen alle INDCs durch die Ratifizierung des Paris Abkommens zu NDCs werden. Dabei dürfen nicht nur die unkonditionierten Komponenten umgesetzt, sondern es muss auch die notwendige Unterstützung für die Implementierung zusätzlicher Maßnahmen bereit gestellt werden. Zweitens bleibt die Herausforderung, zusätzliche Ambition zu ermöglichen und eine Verschärfung der Ziele zu fördern um nach und nach die Emissionslücke zu schließen. Umfassende Finanzierungsstrategien für die Umsetzung der nationalen Klimaschutzbeiträge spielen eine wichtige Rolle um diese beiden Herausforderungen zu bewältigen.

Der geschätzte Finanzierungsbedarf in den INDCs

Die Art der Maßnahmen, die in den INDCs in den verschiedenen Ländern genannt werden, ist zum Teil recht unterschiedlich: 79% aller eingereichten INDCs enthalten Maßnahmen, welche die Länder eigenständig durchführen wollen. Die Mehrheit dieser enthält ebenfalls Maßnahmen, die zur Umsetzen auf externe Unterstützung angewiesen sind. Andere wiederum beinhalten ausschließlich Maßnahmen, die auf Unterstützung angewiesen sind und nennen dabei keine, die eigenständig umgesetzt werden könnten. Aufgrund mangelnder Informationen, Klarheit und Vergleichbarkeit der eingereichten INDCs ist eine Quantifizierung des notwendigen Finanzierungvolumens nur bis zu einem gewissen Punkt möglich. Es fehlt eine klare Definition des Zeitrahmens und des Basisjahrs, eine Vereinheitlichung der Währungs-Wechselkurse und die Berücksichtigung der Inflation.

Trotzdem wird durch einen Blick in die bisher eingereichten INDCs klar: um Maßnahmen der INDCs (sowohl unkonditioniert als auch konditioniert) umzusetzen, besteht ein enormer Finanzierungsbedarf, der auf über 4,4 Billionen US-Dollar beziffert wird (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Kosten und Finanzierungsbedarfsanzeige in den aktuellen INDCs

Herausforderungen für die internationale Gemeinschaft: Die Finanzierung der INDCs fördern

Zur Deckung des enormen Finanzierungsbedarfs für die Umsetzung der NDCs müssen die Länder umfassende Finanzierungsstrategien entwickeln, bei der sowohl nationale als auch internationale öffentliche und private Finanzierung eine Rolle spielt. Zur Entwicklung solcher Finanzierungsstrategien gehört auch die Frage, wie öffentliche Finanzierungsmöglichkeiten genutzt werden können um zukünftiges privates Investment zu mobilisieren. Gleichzeitig gibt es Sektoren, die auf öffentliche Gelder angewiesen sind und deren Bedarfe über inländische Finanzierungskapazitäten hinausgehen – die also internationale Unterstützung brauchen.

Aus den INDCs geht allerdings bisher nicht hervor, bei welchem Teil der genannten Summen es sich um Investitionsbedarf handelt und wofür konkret Zuschüsse gebraucht werden. Es ist nun Aufgabe für die jeweiligen Länder, die genannten Summen in konkrete Maßnahmen und Programme zu übersetzen, die dann finanziert werden können. Solche Finanzierungsstrategien sollten durch eine starke Eigenverantwortung der Länder und gleichzeitig auch mit der Hilfe der internationalen Gebergemeinschaft ausgearbeitet werden. Klare Anleitungen durch die COP, Kapazitätsaufbau und Erfahrungsaustausch sind hierbei zentrale Elemente.

Die Notwendigkeit der internationalen öffentlichen finanziellen Ressourcen wurde in vielen INDCs klar. Denn nur 13 Prozent der INDCs enthalten Maßnahmen, die den Privatsektor einbeziehen, alle anderen planen ihre Klimaschutzbeiträge ohne private Finanzierung. Die internationalen Klimafonds und vor allem der GCF müssen der Förderung der Umsetzung der INDCs eine hohe Priorität einräumen. Auch die bilaterale Kooperation ist eine Möglichkeit um Unterstützung für die NDC-Umsetzung zu mobilisieren. Geberländer wie Deutschland sollten die NDCs als Basis für die Klimafinanzierung nehmen, um damit zielgerichteter Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in ihren Partnerländern zu fördern. Entwicklungsländer wiederum können konkret geplante Maßnahmen gezielt in die Verhandlungen über bilaterale Finanzierung einbringen oder Anträge bei internationalen Klimafonds stellen.

Weiterentwicklung der INDCs

Die INDCs müssen aber nicht nur der Entwicklung von Finanzierungsstrategien dienen, sondern sollten auch als Basis für die ausstehenden Finanzierungszusagen ab dem Jahr 2025 dienen, die in Paris vereinbart wurden. Hierfür müssen die Länder in Zukunft eine standardisierte, harmonisierte und transparente Herangehensweise an die INDCs haben, damit präzise Finanzierungsbedürfnisse bestimmt werden können. Dafür ist es wichtig ein einheitliches Verständnis der Definition der eigenständigen Beiträge zu erlangen und zu klären, ob – oder bis zu welchem Ausmaß – Länder internationale Unterstützung brauchen.

Auch ist weitere Forschung notwendig, die die konzeptionellen Möglichkeiten untersucht, wie ein Zusammenspiel der unterschiedlichen Quellen der Klimafinanzierung ausgestaltet, und die Transparenz und die Vergleichbarkeit der Finanzaspekte in den INDCs verbessert werden können. Solche Bemühungen sollten eng mit den erwarteten Entwicklungen bei der Ausarbeitung der Regeln des Paris Abkommens verknüpft werden. Darüber hinaus können Fallstudien über die Praktikabilität der Finanzierung von transformativen Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern dazu dienen, eine Grundlage für die Entwicklung internationaler Leitlinien zu schaffen.

Weiterlesen: Investing in Ambition

Die Studie von Germanwatch und Perspectives analysiert die finanziellen Aspekte in den INDCs und möchte einen Beitrag für die Definition einer umfassenden Finanzierungsstrategie zur Umsetzung der NDCs leisten. Sie enthält einen analytischen Überblick der finanziellen Fragen in den bisher eingereichten INDCs und skizziert verschiedene Optionen für die Finanzierung der Umsetzung der NDCs.

David Eckstein, Germanwatch