Internationale Klimafinanzierung

Klimafinanzierung: Was steht in Paris auf dem Spiel?

Nächste Woche geht es los: UN-Weltklimakonferenz in Paris.

Inzwischen ist allen Beteiligten klar: Die Pariser UN-Weltklimakonferenz, die ja vor allem ein neues Abkommen gegen den Klimawandel verabschieden soll, wird nur dann ein Erfolg werden, wenn dort auch belastbare Ergebnisse zur finanziellen Unterstützung für die armen Länder erzielt werden. Das wundert nicht – die Klimafinanzierung ist seit Jahren zentraler Bestandteil der internationalen Klimapolitik. Viele der ärmeren Länder, die zum Klimawandel nur wenig beigetragen haben, erwarten völlig zu Recht, dass sie mit den Herausforderungen des Klimawandels nicht alleine gelassen werden, sondern auch in Zukunft ausreichend Unterstützung für die Anpassung an den Klimawandel und die klimafreundliche Entwicklung erhalten. Immerhin: Diese Unterstützung ist schon in der UN-Klimarahmenkonvention verankert und Teil des fairen Beitrags der reicheren Länder zur Bewältigung des Klimawandels. Was also steht also in Paris auf dem Spiel?

Wird das 100-Milliarden-Versprechen zum Stolperstein für Paris?

Präsident Francois Hollande, der für den ersten Tag der Konferenz die Staats- und Regierungschefs eingeladen hat, hat deutlich davor gewarnt, dass die Erfüllung des 100-Milliarden-Versprechen bis 2020 eine Vorbedingung für eine erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen in Paris werden wird. Das könnte der Fall werden, wenn die Industrieländer aufseiten der Entwicklungsländer nicht ausreichend Vertrauen erzeugen können, dass das Versprechen erfüllt wird. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und einige weitere Geberländer haben bereits Steigerungen bis 2020 in Aussicht gestellt – von vielen Ländern, darunter die USA, Japan, die Schweiz oder Norwegen, fehlen aber noch Zusagen, wie es bis 2020 weitergehen soll – von einigen dieser Länder sind Ankündigungen zu erwarten. Ob das aber ausreicht, um die Entwicklungsländer zu überzeugen, bleibt abzuwarten.

In der Zwischenzeit haben die Afrikaner eine konkrete Forderung aufgestellt: Der Anteil der Mittel, mit denen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden, soll von derzeit knapp 16 Prozent der Klimafinanzierung (Jahresmittel 2013/2014, nach einer Analyse der OECD) auf 32 Prozent im Jahr 2020 verdoppelt werden und damit also das Niveau von 32 Milliarden US-Dollar pro Jahr erreichen. Würden sich die Geberländer dieses Ziel setzen und dies auch in Paris zusagen, könnte das wichtige Brücken zu den vulnerablen Ländern bauen, um etwa einige der eher schwierigen Schwellenländer an anderer Stelle unter Druck zu setzen.

Finanzielle Unterstützung im neuen Abkommen: Nur leere Hülsen?

Für die Zeit nach 2020, wenn also das neue Abkommen in Kraft treten soll, stellt sich die grundsätzliche Frage, wie es mit der Klimafinanzierung weitergehen soll – die grundsätzlichen Verhandlungspositionen sind hier sehr unterschiedlich.

Die Industrieländer wollen im Abkommen einen Passus durchsetzen, der die Entwicklungsländer stärker in die Pflicht nehmen würde, attraktive Rahmenbedingungen für klimafreundliche Investitionen zu schaffen. Sie fordern zudem eine Erweiterung des Geberkreises bei der direkten Unterstützung – etwa auf Länder wie Katar oder Saudi Arabien, die ein höheres pro-Kopf-Einkommen haben als so manches Industrieland. Dass es weiterhin solche Unterstützung geben soll, stellen sie nicht in Frage, wehren sich aber gegen alle Textvorschläge für das neue Abkommen, die neue Verpflichtungen für mehr oder bessere finanzielle Unterstützung bedeuten würden.

Die Gruppe der Entwicklungsländer (G77) hingegen stellt zwar nicht die wichtige Rolle privater Investitionen infrage, möchte aber das Abkommen vor allem dafür nutzen, mehr Verbindlichkeit, mehr Verlässlichkeit und mehr Angemessenheit der finanziellen Unterstützung zu erreichen. Einer ihrer Vorschläge etwa besagt, dass alle paar Jahre Ziele für die finanzielle Unterstützung gesetzt würden. Die Entwicklungsländer möchten außerdem die Hälfte der Unterstützung für den Bereich Anpassung an den Klimawandel reservieren. Eine Erweiterung des Geberkreises lehnt die G77 ab, sondern fordern, dass auch weiterhin nur derzeitigen Industrieländer zur Unterstützung der ärmeren Länder beitragen.

Der Streit um die Erweiterung des Geberkreises lähmt die übrigen Debatten zur Klimafinanzierung – das könnte bedeuten, dass am Ende nicht ausreichend über die konstruktiven Ideen (z.B. einiger lateinamerikanischer Länder) zum Thema gesprochen werden kann. Das nutzt denen, die künftige Verpflichtungen verhindern wollen (d.h. viele Industrieländer), aber auch jenen, denen ein schwaches Kapitel zur Klimafinanzierung dafür nutzen könnte, das Abkommen an anderer Stelle zu schwächen. Mexiko hat nun eine Kompromissformulierung vorgeschlagen, nach der die bisherigen Geber explizit weiter ihre UNFCCC-Finanzierungsverpflichtungen zu erfüllen hätten, andere Länder, die dazu in der Lage sind („in a position to do so“) dies aber durch eigene Beiträge ergänzen sollen. Damit wäre der Geberkreis de facto erweitert, ohne aber die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern formal aufzulösen. Aber: Indien will davon nichts wissen.

So haben es die guten Vorschläge schwer, überhaupt ausreichend verhandelt zu werden, um sie am Ende in das Abkommen aufzunehmen. Die Idee mit den periodisch gesetzten Finanzierungszielen gehört dazu. Es ließe sich im Abkommen festlegen, dass solche Ziele alle fünf Jahre festgelegt bzw. aktualisiert würden – am besten getrennt nach Unterstützung für Anpassung und für Minderung, um damit der Bereich Anpassung nicht weiter vernachlässigt wird. Das Abkommen würde dabei nur das Prozedere festlegen. Die Ziele selber würden alle fünf Jahre von der Klimakonferenz gesetzt.

Die Gefahr ist groß, dass am Ende nur leere Hülsen den Weg in das Abkommen finden – etwa dass bei der Finanzierung auf eine Balance von Anpassung und Minderung zu achten ist. Altes Zeugs, das wurde schon vor Jahren beschlossen (es wird aber nicht drauf geachtet). Oder das die Belange des Klimawandels Einzug in die Entwicklungszusammenarbeit haben sollen. Ebenfalls altes Zeug, das sollte eigentlich mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sein.

Neue Zusagen der Bundesregierung?

Es steht zu erwarten, dass die Bundesregierung die Klimakonferenz dazu nutzen wird, um die schon im Mai verkündete Verdoppelung der Klimafinanzierung aus Deutschland zu bekräftigen – um für gute Stimmung zu sorgen. Das ist durchaus sinnvoll – immerhin ist die Verdoppelung ein Teil des deutschen Beitrags zum 100-Milliarden-Versprechen.

In der Vergangenheit hat die Bundesregierung zudem die Klimakonferenzen dazu genutzt, neue Beiträge an multilaterale Klima-Fonds in Aussicht zu stellen – etwa an den Least Developed Countries Fund oder den Adaptation Fund. Außerdem hat die Bundesregierung auf dem G7-Gipfel eine neue G7-Klimaversicherungsiniative für arme Länder durchgesetzt; es steht zu erwarten, dass auch hier neue Ankündigungen gemacht werden. Am kommenden Montagnachmittag spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der COP21 in Paris. Einschalten könnte sich lohnen.

Jan Kowalzig, Oxfam