Internationale Klimafinanzierung

Kann Addis Abeba höhere multilaterale Zielsetzungen im Jahr 2015 anstoßen?

Die Konferenz im äthiopischen Addis Abeba wird entscheidende Signale setzen, ob ein Kurswechsel möglich ist. Foto: Asian Development Bank. Dieses Bild steht unter einer Creative Commons Lizenz.

Nur wenige Tage vor der dritten UN Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (Financing for Development (FfD-3)) vom 13.-16. Juli 2015 in Addis Abeba, Äthiopien veröffentlicht die Heinrich-Böll-Stiftung eine Analyse der zentralen Themen und Fallstricke der Konferenz. Auch wenn Klimafinanzierung kein offizielles Thema auf der Konferenz ist, macht der Artikel deutlich, warum Addis auch für die Klimafinanzierung von großer Bedeutung ist:

  • Ein schwaches Ergebnis bei der FfD-3-Konferenz in Addis könnte einen negativen „Domino-Effekt“ auslösen, der die beiden folgenden UN-Veranstaltungen unterminiert. Viele Länder, darunter auch Deutschland, wollen dass die FfD-3-Konferenz mit einem guten Ergebnis die beiden anderen Gipfeltreffen beeinflusst, denn die Finanzierung gilt als entscheidende Hauptsäule für die Umsetzung der Post-2015-Agenda und zum Erreichen des Ziels der Anpassung an den Klimawandel und der Abschwächung seiner Folgen.
  • Entwicklungsländer und die Zivilgesellschaft fordern, dass Mittel für die Klimafinanzierung „zusätzlich“ zu den schon bestehenden ODA-Verpflichtungen gezahlt werden müssen, z.B. die auf der Kopenhagener Klimakonferenz 2009 gemachte Zusicherung, bis 2020 jährlich 100 Mrd. USD an „neuer und zusätzlicher“ Klimafinanzierung für Entwicklungsländer aufzubringen.
  • In den FfD-Verhandlungen im Vorfeld von Addis Abeba spielen die entwickelten Länder die zentrale Bedeutung der Bereitstellung öffentlicher Mittel für globale Kollektivgüter herunter und verweisen auf Haushaltszwänge im eigenen Land sowie auf eine sich wandelnde globale Landschaft mit stärkeren Volkswirtschaften in den Schwellenländern. Sie reagieren nicht nur ablehnend auf jegliche Forderungen, die öffentlichen Mittel zu erhöhen, sondern mehrere wichtige entwickelte Länder blockieren das weitere Vorgehen, innovative Finanzierungsquellen einzubinden, darunter eine über die regionale Einführung hinausgehende Finanztransaktionssteuer (FTS), die derzeit auf elf Länder in der EU beschränkt ist, oder weltweite Abgaben auf Schiffs- und Luftverkehr, die auf eine Weise erhoben werden müssten, dass Entwicklungsländer nicht unverhältnismäßig hoch belastet würden. Auch eine Abgabe auf den Abbau fossiler Energieträger sollte in Erwägung gezogen werden.
  • Stattdessen richten die entwickelten Länder ihr Augenmerk auf die Nutzung der knappen Haushaltsmittel als Hebel für und im Verbund mit Ressourcen aus dem privaten Sektor, einschließlich der schätzungsweise 93 Billionen USD an Mitteln von institutionellen Investoren (z. B. Renten-, Versicherungs- und Investitionsfonds), die auf Langfristigkeit ausgerichtet sind. Um solche massiven Quellen anzuzapfen, wird im FfD-Prozess sicherlich die Forderung nach einem förderlichen, deregulierten Umfeld für den privaten Wirtschaftssektor laut und die Bedeutung einer „Erhöhung der Fungibilität“ von öffentlichen Mitteln herausgestellt werden. Letzteres bedeutet, dass derselbe Topf an ODA-Mitteln durch die Hebelung von und Mischung mit privaten Ressourcen sowohl für Entwicklungs- als auch für Klimamaßnahmen verwendet werden könnten.
  • Zivilgesellschaftliche Aktivisten drängen darauf, dass diese Verschiebung der Vorgehensweise von Monterrey zu Addis auf zweifache Weise angefochten wird. Zum einen argumentieren sie, dass noch nicht ausreichend bewiesen sei, dass die öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) tatsächlich gut genug funktionieren, um sie auszuweiten – insbesondere in sensiblen Sektoren wie Gesundheits- und Bildungswesen, Wasser und Elektrizität. Wenn es den ÖPP vielleicht auch gelingen mag, ihren privaten Partnern eine Rendite zurückzuzahlen, werden sie es häufig unterlassen, in arme Gemeinschaften zu investieren oder erschwingliche Dienstleistungen anzubieten.
  • Zwar sprechen sich einige für eine „ÖPP mit Bürgerbeteiligung” als einer inklusiveren Art der Geschäftsbeziehungen aus, aber es liegt noch kein detailliert ausgearbeiteter Vorschlag zur Gestaltung dieser Partnerschaften vor. Bei einem solchen Modell müsse die Zivilgesellschaft konkret und maßgeblich an der Steuerung und Kontrolle der partnerschaftlichen Investitionen beteiligt sein, um sicherzustellen, dass Risiken und Verdienste der Projekte gerecht geteilt werden. Darüber hinaus würden ÖPP mit echter Bürgerbeteiligung darauf abzielen, vorrangig auf den Binnenmärkten tätige Kleinst-, Klein- und mittelständische Unternehmen zu unterstützen, klare Rechenschaftsmechanismen beinhalten sowie sozialen und ökologischen Standards entsprechen und die Gleichstellung der Geschlechter fördern. Dieser Ansatz, der jedoch nur einer von vielen aus einer Reihe von Strategien sein kann, erfordert mehr als nur „Richtlinien und Anleitungen zum Einsatz von ÖPP oder den Aufbau einer Wissensbasis und dem Austausch von Erfahrungen in regionalen und globalen Foren“, was alles ist, was der aktuelle Entwurf zu Addis verspricht. Stattdessen müssen erst Kontroll- und Rechenschaftsmechanismen zu Multi-Stakeholder-Partnerschaften in der UN eingerichtet werden, bevor weitere Partnerschaften dieser Art gebilligt und durchgeführt werden.
  • Ohne eine erhebliche Verbesserung des Entwurfs des Abschlussdokuments hinsichtlich seines Tons und seines Gehalts läuft die Addis-Abeba-Erklärung Gefahr, von der kürzlich veröffentlichen zweiten Enzyklika des Papstes „Laudato Si“ in den Schatten gestellt zu werden. Darin warnt der Papst, dass das blinde Vertrauen in die Macht der Technologie und der Märkte, einschließlich des Emissionshandels, nicht die untragbaren Produktions- und Konsummuster ändern würde, die dafür verantwortlich seien, dass so viele Menschen auf dieser Welt ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllen und ihre Grundrechte nicht in Anspruch nehmen könnten. Dieses blinde Vertrauen würde nur zu neuen Formen von Spekulationen führen.

In Addis steht also viel auf dem Spiel und die Ergebnisse könnten ein Vorzeichen dafür sein, was mit Blick auf die Klimafinanzierung in Paris zu erwarten ist.

Christine Lottje

Vollständiger Artikel von Nancy Alexander and Liane Schalatek, Heinrich-Böll-Stiftung Nordamerika: Globale Weichenstellungen: Kann Addis Abeba höhere Zielsetzungen im Jahr 2015 anstoßen?