Innovative Finanzierungsquellen

Bepreisung globaler Schiffs- und Flugemissionen zahlt sich zweifach aus

In diesem Monat könnten für den internationalen Transport in den zuständigen UN-Sonderorganisationen wichtige Weichen gestellt werden. Sowohl der Ausschuss der  Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) als auch der Rat der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) beginnen ihre Beratungen im Mai (IMO: 13.- 17.05.13; ICAO: 21.5. – 21.6.13). Beide Organisationen müssen dieses Jahr zeigen, wie sie die globalen Transportemissionen wirksam adressieren wollen.

Die Emissionen aus dem internationalen Schiffs- und Flugverkehr steigen seit Jahren. Kein Wunder in einer sich immer stärker globalisierenden Welt. Eine internationale Einigung, wie der Anstieg der Emissionen im Flug- und Schiffssektor gebremst oder umgekehrt werden soll, gibt es aber nicht. Seit mehr als fünfzehn Jahren ringt man in den zuständigen UN-Sonderorganisationen um eine Lösung – bisher vergebens. Weder die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), noch die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) konnten die CO2-Emissionen in ihren Sektoren bisher wirksam adressieren.

Zahlreiche Studien liegen zu diesem Thema bereits vor und viele weisen in dieselbe Richtung: Das wirkungsvollste Instrument, um die Emissionen aus dem globalen Schiffs- und Flugverkehr zu adressieren, könnte das sogenannte „Carbon pricing“ darstellen. Damit ist gemeint, dass alle Kohlenstoffemissionen aus dem globalen Transport mit Kosten belegt werden. Wirksam wäre das Instrument dabei in zweifacher Hinsicht: Zum einen liefert die Bepreisung Anreize, um Emissionen in diesem Sektor zu reduzieren. Zum anderen könnten mit den erzielten Einnahmen Mittel für die internationale Klimafinanzierung generiert werden. Insofern bietet sich dieser Ansatz auch als „innovativer Finanzierungsmechanismus“ an.

Und dieser ist vonnöten: Die Industrieländer haben sich 2009 in Kopenhagen verpflichtetet, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Geldern für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es für viele Industriestaaten zunehmend schwierig, die Mittel zur Klimafinanzierung ausschließlich aus dem öffentlichen Haushalt zu bestreiten. Dieses innovative Finanzierungsinstrument wäre daher äußerst hilfreich, schließlich könnte es ein enormes Potenzial für Klimafinanzierung entfalten: Je nach Berechnungsgrundlage zwischen 3 und 25 Milliarden US-Dollar jährlich. Doch bisher lässt die Einführung dieses Instruments auf sich warten.

Das könnte sich jetzt ändern. Nach 15 Jahren Stagnation kommt endlich Bewegung in die Verhandlungen auf internationaler Ebene – das gilt besonders für den Flugverkehr. Und dies ist durchaus der EU zu verdanken. Mangels einer globalen Lösung war die EU vorangeschritten und hatte nicht nur den europäischen, sondern auch den internationalen Flugverkehr von und nach Europa 2012 in ihren Emissionshandel einbezogen. Widerstand kam vor allem aus den USA sowie aus China und Indien. Schließlich legte die zuständige UN-Sonderorganisation ICAO im November 2012 einen Zeitplan dafür vor, wie eine globale Maßnahme für den Flugsektor in diesem Jahr vorangebracht werden kann. Auf diesen Vorstoß durch ICAO reagierte die EU prompt. Mit der Aussicht 2013 auf globaler Ebene richtungweisende Entscheidungen zu erzielen, kündigte die EU-Kommission an, die Einbeziehung der internationalen Flüge in den EU-Emissionshandel zunächst für ein Jahr auszusetzen. Durch den von der EU aufgebauten Druck stehen die Chancen besser als bisher, dass die ICAO nun tatsächlich eine internationale Regelung verabschiedet.

Im Mai 2013 tritt jetzt der Rat der ICAO zusammen und trifft wichtige Vorentscheidungen. Im Herbst 2013 wird jedoch das höchste Entscheidungsgremium – die ICAO-Versammlung, die nur alle drei Jahre tagt – zusammenkommen und darüber entscheiden, ob und wann ein marktbasierter Mechanismus eingeführt wird und wie dieser aussehen soll. Die beste Option wäre, einen globalen Emissionshandel für den Flugverkehr einzuführen. Der Druck, bei der ICAO-Versammlung eine Einigung zu erzielen, ist hoch. Denn sollte es nicht zur globalen Lösung kommen, wird die EU – so hat sie es angekündigt – automatisch wieder alle Flüge von und nach Europa in den EU-Emissionshandel einbeziehen.

Dynamik gibt es derzeit auch in der für die Seeschifffahrt zuständigen UN-Sonderorganisation IMO: Aktuell liegen vielsprechende Vorschläge für Mechanismen zur Emissionsminderung auf dem Verhandlungstisch. Ganz entscheidend ist, einen Mechanismus zu finden, der das UN- Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung von Industrie- und Entwicklungsländern berücksichtigt. Dies wird auch Thema der jetzt ab 13. Mai anstehenden Beratung des IMO-Ausschusses sein. Eine globale Maßnahme würde sowohl die Industrieländer als auch die Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen betreffen. Also: Wie könnte ein Ausgleich für die ärmeren Länder aussehen? Eine Möglichkeit wäre, einen Teil der Erlöse an die Entwicklungsländer zurückzugeben. Allerdings nur die Mittel, die die Industrieländer durch einen marktbasierten Mechanismus generieren, sollten natürlich der internationalen Klimafinanzierung zufließen und damit den Entwicklungsländern  zugutekommen.

Dieser Mai – aber auch die nächsten Monate sind entscheidend, um nach mehr als 15 Jahren einen wirksamen Mechanismus im Flug- und Schiffssektor voranzubringen, der Emissionen reduziert und gleichzeitig Klimafinanzierungsmittel generiert. Die Entscheidungen hierzu sind längst überfällig.

Anja Esch, Germanwatch