Deutsche Klimafinanzierung / Internationale Klimafinanzierung / Schnellstartfinanzierung (FSF)

Fast-Start-Zusage abgelaufen – wie steht Deutschland da?

Eines der wenigen positiven Ergebnisse des Kopenhagener UN-Klimagipfels Ende 2009 war Zusage der Industrieländer, den armen Ländern in den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt 30 Mrd. US-Dollar neu und zusätzlich als Unterstützung für Emissionsminderung und Anpassung an die klimatischen Veränderungen bereitzustellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach als deutschen Beitrag 1,26 Milliarden Euro.

Inzwischen ist der Erfüllungszeitraum der Zusage abgelaufen; die Bilanz ist gemischt. Formal haben die Industrieländer und auch Deutschland ihre Zusage sogar ein wenig übererfüllt. Bei genauerer Betrachtung (vgl. z.B. hier) stellt sich aber heraus, dass der weitaus größte Teil der Gelder schon vor dem Kopenhagener UN-Gipfel versprochen oder eingeplant gewesen war. Fast nichts davon floss zusätzlich zu den Mitteln, die die Industrieländer im Rahmen ihrer jahrzehntealten Finanzzusagen zur Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellen. Der Bereich Anpassung an die klimatischen Veränderungen infolge der globalen Erwärmung (etwa zur Sicherung der Ernten oder der Wasserversorgung) blieb auch im Zeitraum der Fast-Start-Zusage erheblich unterfinanziert.

Wie hat sich Deutschland geschlagen?

Was für die Industrieländer insgesamt gilt, trifft zumindest ungefähr auch auf Deutschland zu, wie dieses neue Papier analysiert. Noch kurz nach dem Kopenhagener UN-Gipfel versicherte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (in einer Pressemitteilung vom 9. Dezember 2009):

„Diese Mittel werden neu und zusätzlich sein und nicht mit anderen Entwicklungsmaßnahmen, zum Beispiel für die Armutsbekämpfung, verrechnet.“

Diese Aussage ist nur dann haltbar, wenn man sich eine dafür passende Definition zurechtlegt, wie es die Bundesregierung auch getan hat; nämlich: neu und zusätzlich sollten die Gelder sein, weil sie einen Aufwuchs gegenüber 2009 darstellen oder über die Internationale Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums verausgabt werden (mit der Begründung, dass diese Mittel zwar nicht haushaltstechnisch aber in der öffentlichen Darstellung mit den Versteigerungserlösen des Emissionshandels verknüpft seien und somit aus einer „innovativen“ Finanzierungsquelle stammten). Legt man als Kriterium aber zugrunde, dass die Gelder noch nicht vor Kopenhagen in der Planung oder anderweitig schon zugesagt gewesen sein sollen, verdienen etwa 14 Prozent der deutschen Fast-Start-Gelder das Prädikat „frisches Geld“.

Abbildung 1: Deutsche Fast-Start-Finanzierung 2010-2012, Verteilung nach Jahren und SektorenAbbildung 1: Deutsche Fast-Start-Finanzierung 2010-2012, Verteilung nach Jahren und Sektoren
Quelle: Oxfam nach Angaben der Bundesregierung
* Die schraffierten Bereiche zeigen jenen Anteil der Mittel, die die Bundesregierung nicht aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt hat, sondern die die deutsche Entwicklungsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf dem Kapitalmarkt „gehebelt“ hat, für ein zinsvergünstigtes Darlehen an den Climate Technology Fund der Weltbank. Eine genauere Erklärung findet sich in dem schon erwähnten Paper.
 

Die Abbildung stellt die Aufteilung der deutschen Fast-Start-Mittel auf die drei Jahre 2010-2012 und die drei Bereiche Anpassung, Emssionsminderung und Waldschutz (REDD+). Es zeigt sich, dass auch der Bereich Anpassung gegenüber dem Bereich Emissionsminderung (hierzu gehört auch der Bereich Waldschutz, auch wenn Waldschutzprogramme eine „Anpassungskomponente“ haben können, etwa durch die Verbesserung des Wasserhaushalts einer Region) deutlich benachteiligt wurde. Das Ziel der Bundesregierung, mindestens ein Drittel der Fast-Start-Gelder für Anpassung zu reservieren, wurde zwar nur knapp verfehlt; von einer ausgewogenen Balance, also etwa einer hälftigen Aufteilung, ist Deutschland weit entfernt. Andere Länder (z.B. Australien) haben dem Bereich Anpassung mehr Gewicht gegeben.

In der Umsetzung der Mittel hat die Bundesregierung ein relativ ausgewogenes Verhältnis zwischen bilateralen Maßnahmen (d.h. eher traditionelle Entwicklungszusammenarbeit) und multilateralen Kanälen gewählt. Etwa 45 Prozent der deutschen Fast-Start-Gelder gingen an multilaterale Klima-Fonds, wie den Least Developed Countries Fund (Zuschuss über 90 Mio. Euro), den Kyoto-Anpassungsfond (Zuschuss über 10 Mio. Euro) oder den Clean Technology Fund (Darlehen über 375 Mio. Euro). Diese Ausgewogenheit findet man in der übrigen finanziellen Unterstützung im Rahmen klima-relevanter Entwicklungszusammenarbeit nicht. Hier spielen multilaterale Fonds eine eher untergeordnete Rolle.

Abbildung 2: Kanäle und Instrumente der deutschen Fast-Start-Finanzierung
Abbildung 2: Kanäle und Instrumente der deutschen Fast-start-Finanzierung

Quelle: Oxfam nach Angaben der Bundesregierung

Die obige Abbildung zeigt die Aufteilung auf die von der Bundesregierung verwendeten bilateralen Umsetzungskanäle, -intrumente und die multilateralen Klima-Fonds. Der überweigende Anteil der Mittel wurde in Form von öffentlichen Zuschüssen bereitgestellt; die deutsche Fast-Start-Zusage behinhaltete nur ein (zinsverbilligtes) Darlehen – an den Clean Technology Fund der Weltbank, die die Gelder weiter an Entwicklungsländer verleiht.

Wie geht es nun weiter?

Die Industrieländer hatten neben der Fast-Start-Zusage sich in Kopenhagen Ende 2009 auch das Ziel vorgegeben, die Klimafinanzierung nach 2012 bis 2020 auf 100 Mrd. Euro pro Jahr zu steigern. Konkrete Schritte in diese Richtung sind noch nicht gemacht – die Regierungen suchen allerdings eifrig nach Wegen, die Zusage in möglichst großem Umfang durch die Anrechnung privater Investitionen zu erledigen. In Doha wurde allerdings vereinbart, dass weiter an den Aufwuchsszenarien für die Klimafinanzierung gearbeitet werden solle. Ergebnisse werden für die kommende Klimakonferenz in Warschau erhofft, wo sich auch die Minister mit dem Anwachsen der Klimafinanzierung bis 2020 beschäftigen werden. Was dabei herauskommt, ist allerdings ungewiss. Immerhin: Die Bundesregierung hatte auf der UN-Klimakonferenz in Doha verkündet, im Jahr 2013 insgesamt 1,8 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen; deutschen Medien gegenüber war außerdem angegeben worden, dass dieses Niveau auch 2014 gehalten und damit nicht überschritten wird.

Weiterlesen (in englischer Sprache) : Promising the moon or delivering down-to-earth? An overview of German fast start finance 2010-2012; Oxfam Deutschland, Berlin 2013

Jan Kowalzig, Oxfam